Hans-Peter Rohner, CEO PubliGroupe

Hans-Peter Rohner, CEO PubliGroupe

Hans-Peter Rohner, CEO PubliGroupe AG.

Von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Rohner, der Medienbranche scheint es wieder besser zu gehen, wie man an den jüngsten Zahlen von Goldbach und Tamedia ablesen kann. Können Sie von diesem Trend im mit Abstand grössten PubliGroupe-Geschäftsbereich Media Sales profitieren?

Es ist richtig, dass sich der Werbemarkt 2010 gegenüber der grossen Krise 2009 leicht erholt hat. Aber man darf nicht vergessen, dass das Niveau 2010 gemäss Werbestatistik 2011 mit circa 3.6 Millliarden Franken immer noch tiefer ist als 2008 als das Volumen zirka CHF 4 Milliarden ausmachte. Auch kann man grosse Verschiebungen innerhalb der verschiedenen Gattungen feststellen. Die Presseumsätze liegen 2010 zirka 400 Millionen unter 2008, als dieser Betrag 2,4 Milliarden ausmachte. Fernsehen und Online stiegen in dieser Periode besonders deutlich an. Bei Online gehen offizielle Statistiken heute von einem Volumen von zirka CHF 450-500 Mio. aus, wenn man sämtliche Kanäle wie Display, Affiliate, Rubrikenonlineportale etc. dazurechnet. Und wenn man den ganzen Bereich Online-Suchdienste dazurechnet, ist dieser Betrag noch einiges höher und dürfte heute bereits etwa 850-900 Millionen ausmachen, jährlich um mindestens 10-20% wachsend.

«Wir haben den Schritt von einer stark print-orientierten Organisation in eine zunehmend digital geprägte Marktorganisation bereits vor einigen Jahren eingeleitet.»
Hans-Peter Rohner, CEO PubliGroupe AG

Also hat es eine Zweiklassengesellschaft?

Entsprechend haben wir im Bereich Media Sales, der nach wie vor sehr stark im Print unterwegs ist, an Volumen verloren, aber an Schlagkraft und Rentabilität gewonnen, weil wir die Kosten dramatisch gesenkt und die Prozesse optimiert haben. Im Bereich Online wachsen wir stark – vor allem dank unserer Beteiligung an Zanox, dem europäischen Marktführer im Bereich Performance Marketing, und dem starken Online-Entwicklung bei local.ch, dem Marktführer in der Schweiz in der Online-Suche nach Personen, Firmen, Produkten und Dienstleistungen. Auch bei Media Sales wachsen wir online – aber noch auf zu tiefem Niveau.

Genaugenommen hält sich der Bereich Werbevermarktung also nur durch Kostensenkungen über Wasser. Vom ersten Halbjahr 2007 bis zum letzten Halbjahr wurden die Ausgaben von 145,5 auf 80,4 Millionen Franken reduziert. Wie halten Sie da die Mitarbeiter bei der Stange?

Gute Mitarbeiter sind in unserem service-orientierten Geschäft das A und O. Daneben spielen aber auch IT-Lösungen zur optimalen Abwicklung des Inseratevolumens eine wichtige Rolle. Die Mitarbeiter wissen, dass wir uns in einem sich stark verändernden Markt bewegen. Wir haben den Schritt von einer stark print-orientierten Organisation in eine zunehmend digital geprägte Marktorganisation bereits vor einigen Jahren eingeleitet. Dieser Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen. Die Mitarbeiter, die bereit sind, diesen Schritt konsequent mitzugehen, sind höchst motiviert und werden schlussendlich den Paradigmenwechsel bei Publicitas verantworten.

Welche Rolle spielen in ihrem Management-Mix die richtige Auswahl von Führungspersonen?

Das Management ist von zentraler Relevanz in unserem Markt. Niemand weiss, wie der Werbemarkt in 10 Jahren im Detail aussehen wird und wie sich die Verschiebungen innerhalb der einzelnen Werbegattungen weiter entwickeln werden. In diesem Marktumfeld den Marktentwicklungen jeweils einen Schritt voraus zu sein, das ist die Aufgabe des Managements. Antizipieren und mit Konsequenz eine Entscheidung durchbringen, möglicherweise entgegen der allgemeinen Stimmung, das ist überall wichtig; bei uns aber vielleicht noch mehr.

Wie gehen Sie dabei vor?

Publicitas betreibt ein intensives Leistungsmanagement, genannt Employee Perfomance Management EPM. Mit jedem Mitarbeitenden wird im Rahmen eines Mitarbeitergespräches eine Kompetenzbeurteilung gemacht, ein persönlicher Entwicklungsplan ausgearbeitet, sowie Entwicklungsmassnahmen festgelegt. Es findet ein zentraler Prozess für die Identifikation von internen Talenten statt. Denn wir haben uns das Ziel gesetzt, dass Zweidrittel der Management-Positionen durch interne Beförderungen besetzt werden können. Das schafft Vertrauen und zeigt den Mitarbeitenden Entwicklungswege auf. Wir schauen uns aber gleichzeitig auch immer für jede Position auf dem Markt nach geeigneten Ressourcen um. Dabei verwenden wir intern und extern die gleichen Kriterien. Basis dafür bildet das im EPM Prozess integrierte Kompetenzmodell asu Führungskompetenz, Fachkompetenz, Selbstkompetenz, Sozialkompetenz. Bei zu besetzenden Führungspositionen greifen wir auch zusätzlich auf externe Assessments zurück. Dieses Vorgehen erlaubt uns die richtige Auswahl zu treffen.

Wie überall im Mediengeschäft wächst der Kuchen online. Digital & Marketing Services konnte den Betriebsgewinn von 2,6 auf 4 Millionen Franken steigern. Zanox und Namics sind hier ihre wichtigsten Pferde. Können Sie sich vorstellen, dass dieser Geschäftsbereich einmal einen Viertel des PubliGroupe–Umsatzes ausmachen könnte? Jetzt liegt er noch knapp unter zehn Prozent.

Schon heute macht der Online-Bereich 38% des Gesamtumsatzes aus, wenn man die Beteiligungen an Zanox und local.ch anteilig dazurechnet. Dieser Anteil wird weiter ansteigen, einerseits weil der traditionelle Teil zurückgehen wird und andererseits weil wir im Bereich digital investieren und ausbauen.

Wäre es Ihnen nicht insgeheim lieber, sie hätten die Mehrheit bei Zanox anstatt knapp unter 50 Prozent der Aktien?

Natürlich ist es immer besser, wenn man die Mehrheit hat. Das hätte aber auch mehr gekostet. Wir sind auch mit den 47,5% ein absolut gleichwertiger Joint-Venture-Partner und stellen genau gleich wie AxelSpringer drei Verwaltungsräte. Zanox ist eine hervorragende Beteiligung, die uns noch viel Freude bereiten wird.

Der Bereich Search- und Find unter dem PubliGroupe Suchdienstleistungen vermarktet ist Ihr Brot- und Butter-Geschäft. Es trug im H1 bei weniger als zehn Prozent des Gesamtumsatzes 7,2 Millionen Betriebsgewinn – bei einem Umsatz von 50 Millionen bei. Dort gibt es sicher vielversprechende neue Projekte?

Local.ch ist ein extrem dynamisches Geschäft. Kürzlich wurde die App von local.ch über eine Million Mal heruntergeladen und gehört damit zu den drei populärsten mobilen Anwendungen in der Schweiz. Dies bedeutet auch, dass in der Schweiz auf einem Grossteil aller Smartphones die App von local.ch installiert ist. Neben der Suche nach Telefonnummern können Nutzer mit der local.ch App auch interessante Orte in der nahen Umgebung finden, z.B. ein Restaurant, einen Supermarkt oder einen Bankomaten. Zu den zusätzlichen Funktionen gehören Routenplanung, automatischer Abgleich von eingehenden Telefonnummern mit dem Adressbuch (Android) und das Teilen von Einträgen via SMS, Facebook und E-Mail. Die local.ch App wird permanent weiterentwickelt und ausgebaut. Damit erhalten Nutzer immer wieder neue Funktionalitäten, welche ein noch besseres und einfacheres Finden ermöglicht. In nicht allzu weiter Zukunft sehen wir auch E-Commerce-Anwendungen auf dieser Plattform.

Sie bezeichneten einmal Gratis-Tageszeitungen als Modeerscheinung. Mittlerweile ist der Markt konsolidiert, und es hat nur noch einen Player. In wieweit ist der Konzentrationsprozess in der Presselandschaft schädlich für die Informationsbreite der Bevölkerung?

Die Medienlandschaft in der Schweiz ist nach wie vor sehr heterogen. Zwar ist die Anzahl der Pressetitel von 232 im Jahr 2000 auf 193 2010 gesunken, aber diese grosse Anzahl an Medienerzeugnissen sucht immer noch seinesgleichen im Ausland. Vor allem kleine, lokale Zeitungen zeigen sich innovativ und widerstandsfähig. Aber auch die Grossen zeigen in letzter Zeit wieder steigende Leserzahlen. Am meisten unter Druck sind diejenigen dazwischen. Ganz allgemein bleibt die Schweiz aber trotz des Internets ein Land von Zeitungslesern: Neun von zehn Einwohner ab 14 Jahren gaben bei der WEMF-Befragung an, mehr oder weniger regelmässig eine Zeitung zu lesen. Zeitungen wird es immer geben, auch qualitativ sehr hoch stehende, das ist nicht zu befürchten. Auf der anderen Seite nimmt das Inseratevolumen in den Zeitungen im langjährigen Schnitt weiter ab. Rubrikeninserate wandern ins Internet und kommerzielle Inserate stehen unter einem Preisdruck, der nicht abnehmen wird.

Wie gehen Sie bei der Publigroupe mit der Machtkonzentration in der Schweiz auf nur wenige Verlagshäuser in wirtschaftlicher Hinsicht um?

Die Machtkonzentration in der Schweizer Medienlanschaft äussert sich durch eine kleinere Anzahl unabhängiger Verlage. Wir entgegnen diesem Trend mit einer schlankeren, effektiveren Organisation im traditionellen Media Sales-Geschäft, das hauptsächlich über Publicitas abgewickelt wird. Gleichzeitig ernten wir die Früchte unserer erfolgreichen Investitionen im Online-Geschäft, das wiederum wichtiger wurde. Die Paradigmenwechsel von Print zu Online wird weitergehen und sich weiter beschleunigen. Das zweistellige Wachstum des vergleichbaren, operativen Halbjahresergebnisses von PubliGroupe verdeutlicht, dass wir in der Lage sind, sich den verändernden wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen.

«Schon heute macht der Online-Bereich 38% des Gesamtumsatzes aus, wenn man die Beteiligungen an Zanox und local.ch anteilig dazurechnet.»

Der Umbau der PubliGroupe konnte Jahrelang aus einer soliden Eigenkapitaldecke finanziert werden. Sie beträgt heuer rund die Hälfte der Bilanzsumme. Nachdem jetzt die grössten Restrukturierungen bei Publigroupe hinter uns liegen, wäre da nicht der Zeitpunkt günstig, an die arg gebeutelten Aktionäre zu denken?

Wir denken immer an die Aktionäre und bewiesen mit einer Ausschüttung einer Dividende in der Höhe von CHF 6 pro Aktie, was einer Ausschüttungsquote von 33% entsprach, dass wird das auch handfest belegen möchten. Heute ist PubliGroupe sehr gut finanziert, und wir gehen davon aus, dass wir diese Ausschüttungspolitik weiterverfolgen werden.

Wie sieht nach dem Verkauf zahlreicher nicht-strategischer Beteiligungen Ihre Strategie für den „Osten“ der Weltkugel aus?

In diesem Jahr haben wir einige Beteiligungen in Hongkong und China verkauft. Mit diesen Massnahmen bewies PubliGroupe, dass sie ihre Versprechungen einlöst, sich von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Aktivitäten zu trennen und damit die aktuelle Geschäftsstrategie, die auf eine Stärkung der aktuellen, ertragreichsten Geschäftssegmente Media Sales, Search & Find und Digital & Marketing Services abzielt, konsequent umzusetzen. Heute ist PubliGroupe in China durch ihre Tochterunternehmung Publicitas im Markt vertreten. Publicitas bietet Dienstleistungen für Werbetreibende, Agenturen und Verleger in China mit Büros in Peking und Shanghai: im Bereich “International Sales” werden internationale Medien in China vermarktet und der Bereich “Import Sales” verantwortet die Promotion chinesischer Medien im Ausland, auch durch die anderen in weiteren 19 Märkten präsenten Publicitas Gesellschaften. In Indien betreiben wir ein sehr erfolgreiches Büro mit 120 Mitarbeitenden.

Der Gesprächspartner:
Nach seinem Diplomabschluss als Werbekaufmann arbeitete Hans-Peter Rohner (geb. 1953) zuerst bei Publimedia als Mediaplaner, Junior-Projektleiter und Seminarleiter für Mediafachausbildung und anschliessend in der Westschweiz als verantwortlicher Projektleiter. 1976 wechselte er zur Tagesanzeiger-Gruppe als Leiter Marketing-Services. 1985 kehrte er als Verantwortlicher für strategisches Verlagsmarketing zur Generaldirektion Publicitas in Lausanne zurück. 1989 wurde er zum Marketingdirektor der Publicitas Schweiz befördert. Anfang 1994 wurde er zum Marketingdirektor der Publicitas-Gruppe und Mitglied der Konzernleitung ernannt. Ab 1999 übernahm er als CEO die Division PublicitasPromotionNetwork (Europa / Asien / Lateinamerika). Hans-Peter Rohner wurde am 1. Juli 2002 CEO von PubliGroupe. Er ist auch Mitglied verschiedener Verwaltungsräte, Vorstandsmitglied von economiesuisse und von GfM (Gesellschaft für Marketing) sowie Mitglied des Foundation Boards von IMD, Lausanne.

Zum Unternehmen:
PubliGroupe ist eine führende Anbieterin von Marketing- und Medienverkaufsdienstleistungen mit Sitz in Lausanne. Der Werbevermarkter bietet seinen Kunden ein breites Dienstleistungsangebot, das es Werbetreibenden erlaubt einerseits, ihre Marketingausgaben effektiver zu gestalten und andererseits Medienunternehmen ihre Reichweite erfolgreicher zu vermarkten.

Symbolbild KF für CEO Interviews


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