Kurt Schär, CEO und VRP Biketec AG

Kurt Schär, CEO und VRP Biketec AG

Kurt Schär, CEO und VRP Biketec AG

von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Schär, Sie sind von Ernst & Young als „Entrepreneur Of The Year“ in der Kategorie Industrie ausgezeichnet worden. Dazu herzliche Gratulation. Was bedeutet die Auszeichnung für Sie?

Kurt Schär: Dies ist eine grosse Bestätigung für den in den vergangenen 10 Jahren konsequent verfolgten Weg. Mit einem hervorragenden Team und motivierten Handelspartnern haben wir es geschafft, diese neue Mobilitätsform für alle Anwendungen im Alltags- und Sportbereich zu positionieren.

Sie haben 2001 die BKTech AG aus der Nachlassstundung gekauft und sämtliche Aktivitäten des „Flyer“ übernommen. Was haben Sie geändert, damit Biketec nicht das gleiche Schicksal ereilte wie die BKTech?

Der Fokus wurde weg von der „Produkte-Verliebtheit“ hin zur „Kunden-Verliebtheit“ gelegt. Hoher Kundennutzen, zuverlässige Qualität ohne Kompromisse und viel Herzblut haben zum Erfolg geführt.

«Ganz nach dem Motto ‹das braucht man nicht – einen FLYER gönnt man sich› ist der FLYER heute für (fast) alle Anwendungen das ideale Verkehrsmittel.»
Kurt Schär, CEO und VRP Biketec AG

In diesem Jahr wird Biketec bereits über 50’000 E-Bikes absetzen. Was sind die Gründe für das enorme Wachstum?

Der Markt hat den grossen Nutzen des E-Bikes im Alltag und Freizeit erkannt. Ganz nach dem Motto „das braucht man nicht – einen FLYER gönnt man sich“ ist der FLYER heute für (fast) alle Anwendungen das ideale Verkehrsmittel.

Welches Absatzvolumen und welchen Anteil am schweizerischen Velomarkt sehen Sie in den kommenden Jahren?

Der Anteil von E-Bikes am Gesamtmarkt wird auf etwa 30% steigen.

Wie viele Räder exportieren Sie und welches sind die Hauptabsatzmärkte?

Wir exportieren über 50% unserer Produktion, vor allem  nach Deutschland, Holland und Österreich.

Im Sommer haben Schweizer Velohändler in der Grenzregion zu Deutschland die Biketec-Preispolitik kritisiert, weil die „Flyer“ zum Beispiel in Konstanz bis zu 1000 Franken günstiger erhältlich waren als in Kreuzlingen. Wie haben Sie reagiert?

Die FLYER waren nur aufgrund der Währungsspekulation plötzlich billiger, die Verkaufspreise sind seit langem sehr stabil. Wir haben im Herbst die Preise in Deutschland teilweise erheblich anheben müssen, um die gravierenden Währungsverluste zu kompensieren. Gleichzeitig konnten einige Modelle in der Schweiz verbilligt werden. Da wir in der Schweiz fertigen und nur einen kleinen Euro-Anteil am Einkauf haben, sind wir hier laufend gefordert. Ein Grossteil des Einkaufs (z.B. für Shimano-Teile, Akku-Zellen) tätigen wir in japanischen Yen. Dieser ist in der gleichen Zeit 20% teurer geworden!

«Wir sind der Meinung, dass wir den FLYER auf den Kunden anpassen und sich nicht der Kunde auf das zufälligerweise gerade verfügbare Elektrovelo-Modell anpassen muss.»

Mittlerweile gibt es 11 verschiedene „Flyer“-Serien, darunter die auf Sportlichkeit getrimmte R-Serie, ein Mountainbike oder ein Tandem. Welche Philosophie verfolgen Sie über die verschiedenen Modelle hinweg?

Wir analysieren die Benutzergruppen und ihre Bedürfnisse genau. So entstehen unsere Modellreihen, die genau auf die Kunden abgestimmt sind. Wir sind der Meinung, dass wir den FLYER auf den Kunden anpassen und sich nicht der Kunde auf das zufälligerweise gerade verfügbare Elektrovelo-Modell anpassen muss.

Über die ersten Elektrovelos wurde oft gespottet, es seien Senioren-Velos. Gibt es heute einen typischen E-Bike-Kunden?

Alle, die am Bahnhof oder Flughafen auf einer Rolltreppe gleichzeitig gehen, sind typische FLYER Fahrer. Schnell, aber dennoch bewegt ans Ziel kommen. Also praktische alle in unserer Gesellschaft sind typische E-Bike Kunden.

Wenn heute mehr Velo gefahren wird, geht das auch „auf Kosten“ anderer Verkehrsmittel. Wer steigt denn aufs E-Bike um?

Gemäss einer umfassenden Studie bei 20’000 Kunden ersetzt der FLYER zu 62% Autokilometer, an zweiter Stelle kommt das normale Fahrrad und dann gleich der ÖV.

Am Firmensitz in Huttwil werden die Räder zusammengebaut. Stellt Biketec auch selber Bestandteile für die „Flyer“ her?

Wir lassen die meisten Komponenten spezifisch für uns herstellen, da die Anforderungen bei einem Elektrovelo in der Regel höher sind als bei einem normalen Fahrrad. Kritische Fertigungsschritte wie die Bearbeitung der Federgabeln etc. und die gesamte kundenspezifische Montage passieren in unserem neuen Werk in Huttwil.

Der „Flyer“ wird heute auch immer mehr zum „Event-Rad“: Ob Mietstationen, Tagesausflüge, Gruppentouren oder gar Flyer-Ferien. Wie rege werden diese Angebote genutzt?

Dieser Bereich boomt von Jahr zu Jahr. Die berühmte „Herzroute“ hat dieses Jahr über 12’000 Mietkunden verzeichnet. Das Werk wird von bis zu 40 Gruppen pro Woche besucht, insgesamt rund 20’000 Besucher pro Jahr. Die Nachfrage ist nach wie vor steigend. In der Saison stehen rund 2’500 FLYER in der Schweiz und über 5’000 FLYER in Deutschland und Österreich zur Verfügung.

«Die berühmte „Herzroute“ hat dieses Jahr über 12’000 Mietkunden verzeichnet.»

Sie sind Geschäftsführer eines boomenden KMU, vierfacher Vater und engagieren sich politisch in der Grünliberalen Partei. Wie bringen Sie das alles unter einen Hut?

Ein gutes Team – sei es in der Firma mit verlässlichen Partnern in der Geschäftsleitung, dem Kader und tollen Mitarbeiter – wie auch Privat mit der Unterstützung der ganzen Familie. Da unsere Tätigkeit und die grünlliberale Politik in vielem Deckungsgleich sind, ergeben sich viele Parallelen und effiziente Netzwerke. Aber ehrlich… ein bisschen Workaholic muss man schon sein!

Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchses ein?

Hier sind wir vor allem auf Marktnahe Mitarbeiter angewiesen. Diese sind – bei entsprechendem CV – durchaus sehr wettbewerbsfähig.

Wie wichtig ist Diversity für Ihr Unternehmen und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zum Thema geplant oder schon umgesetzt?

Diversifizierung ist für uns immer nur im Umfeld und in Ergänzung zu unserem Kernprodukt Elektrovelo FLYER ein Thema. Dies ist aber sehr umfassend, von Zubehör über Tourismusangebote bis hin zu umfassenden Dienstleistungen.
Im Sinne von „Diversity“ im Personalbereich, ist eine heterogene Mannschaft ein Garant für Querdenken, kreative Inputs und ein Treiber für zukünftige Erfolge.

Herr Schär, wir bedanken uns für das Interview.

Zur Person:
Name
: Kurt Schär
Geburtsjahr: 1965
Staatsangehörigkeit: Schweiz
Wohnort: Roggwil (BE)
Familiensituation: Verheiratet, Vater von 4 Kindern

Ausbildung:
– Radio-TV Elektroniker
– Marketingplaner

Berufserfahrung:
– Produkt Management und leitenden Vertriebsaufgaben u.a. bei Kontakt-Systeme AG (Bereich Telematik)
– Vice-President Sales & Marketing bei Hélio Courvoisier (Hochsicherheits-Druckerzeugnisse, Briefmarken)
– 2001 Gründung der Biketec AG mit Hans Furrer und weiteren Partnern, welche den Nachlass der vormaligen FLYER Herstellerin
BKTech übernahm.

Heutige Tätigkeit:
Geschäftsführung und Präsident des VR der Biketec AG, FLYER – Elektrovelo-Herstellerin und der Herzroute AG

Statement zum Produkt:
In den vergangenen Jahren führte er zusammen mit seinem Team das Elektrovelo weg vom Behinderten-Image zum Genuss- und Trendprodukt. „Ein Elektrovelo braucht man nicht – man gönnt sich das“ ist eines seiner Mottos.

Auszeichnungen:
Mit der Lancierung touristischer Projekte im In-und Ausland (Herzroute etc.)  sowie innovativen Partnerschaften wie mit Baumeler Reisen konnte die Leistungsfähigkeit dieser Produkte erfolgreich unter Beweis gestellt werden. Für dieses Engagement gewann Biketec im 2009 den „Watt d’Or“ für energieeffiziente und nachhaltige Tourismusprojekte mit dem FLYER.

Symbolbild KF für CEO Interviews

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