American Airlines flüchtet sich in die Insolvenz

American Airlines flüchtet sich in die Insolvenz

New York – Die verlustreiche US-Fluggesellschaft American Airlines versucht mit einem radikalen Schnitt den Neustart. Um hohe Kosten etwa fürs Personal sowie überbordende Schulden abzuschütteln, flüchtet sich der Mutterkonzern AMR in den sogenannten Gläubigerschutz nach Kapitel elf des US-Insolvenzrechts. Damit kann American Airlines vorerst wie gewohnt weiterarbeiten, ist aber vor dem Zugriff seiner Gläubiger sicher.

«Das war eine schwierige Entscheidung», sagte der neue Konzernchef Thomas Horton am Dienstag. «Es ist aber notwendig und richtig, dass wir diesen Weg gehen.» Horton hat per sofort den Veteranen Gerard Arpey abgelöst, der ausscheidet. Der neue Mann an der Spitze versicherte, dass der Flugbetrieb wie geplant weiterlaufe, selbst Bonusmeilen würden wie gewohnt gutgeschrieben. «Unsere Kunden stehen bei uns an erster Stelle.»

Schon seit längerem gab es Gerüchte über eine bevorstehende Pleite der drittgrössten US-Fluggesellschaft. Vor allem die stark gestiegenen Spritkosten hatten American Airlines zuletzt zugesetzt. Allein in den ersten neun Monaten diesen Jahres war ein Minus von unterm Strich 884 Millionen Dollar (663 Mio Euro) angefallen. Damit liegt der Verlust mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahreszeitraum.

Alte Flugzeuge
Viele der mehr als 900 Maschinen von American Airlines und der für Regionalstrecken zuständigen Schwestergesellschaft American Eagle sind alt, sie verbrauchen viel Sprit und benötigen eine intensive Wartung. So fliegt American Airlines noch die längst eingestellten Boeing MD-80, die im Schnitt 20 Jahre auf dem Buckel haben.

Kerosin und Personal als grösste Kostenblöcke
Allein in diesem Jahr musste American Airlines ein Drittel mehr für Kerosin ausgeben. Fast die Hälfte der Einnahmen ging gleich wieder für Treibstoff drauf. Der Linie gelang es nicht, die höheren Kosten komplett auf die Ticketpreise draufzuschlagen. Zweiter grosser Kostenblock ist das Personal. Den Mitarbeitern stehen nun harte Einschnitte bevor. Er werde mit den Gewerkschaften in Verhandlungen treten, um die Arbeitskosten auf ein «wettbewerbsfähiges Niveau» zu senken, kündigte Firmenchef Horton an.

Gnadenloser Preiskampf
In den USA herrscht ein gnadenloser Preiskampf in der Luft. Es gibt Dutzende Fluggesellschaften, die mit Billigpreisen um die Kundschaft werben. Angesichts der Grösse des Landes und des schlecht ausgebauten Bahnnetzes ist Fliegen an der Tagesordnung. Allein American Airlines bietet täglich mehr als 3300 Flüge an. Um Kosten einzusparen, schlossen sich etwa die Rivalen United und Continental zur neuen Nummer eins der Branche zusammen. Das hat den Druck auf American Airlines noch verstärkt.

Flotte soll erneuert werden
Um sich Luft zu verschaffen, will American Airlines nun auch die Erneuerung der Flotte vorantreiben, wie die Gesellschaft in einem Brief an ihre Geschäftspartner ankündigte. American Airlines hatte erst vor einigen Monaten einen gigantischen Auftrag über insgesamt 460 Kurz- und Mittelstreckenmaschinen vom Typ Boeing 737 und Airbus A320 vergeben. Der Listenpreis der Bestellung liegt bei 40 Milliarden Dollar, wobei allerdings satte Rabatte üblich sind. Die Maschinen werden finanziert.

«Unsere Flugzeuge bieten 30 Prozent Treibstoffeinsparung gegenüber dem von American Airlines bisher eingesetzten Modell – wir glauben, dass das ein wichtiger Schlüssel für die Zukunft ist», sagte ein Airbus-Sprecher. Die neuen Maschinen sollen nach und nach in den kommenden Jahren ausgeliefert werden.

4,1 Mrd Dollar auf der hohen Kante
American Airline mühte sich am Dienstag um das Vertrauen seiner Geschäftspartner. Sie sollen ihr Geld pünktlich bekommen. American Airlines hat dafür aktuell rund 4,1 Milliarden Dollar auf der hohen Kante liegen. Das reiche vermutlich mehr als aus, um durch die Insolvenz zu steuern, teilte das Management mit.

Delta Air Lines als Vorbild?
American Airlines wäre nicht die erste US-Fluggesellschaft, die wiedergeboren aus einer Insolvenz hervorgeht. So war der Rivale Delta Air Lines fast zwei Jahre bis 2007 unter Gläubigerschutz geflogen. Diese Zeit nutzte das Management zu Massenentlassungen und zur Streichung von unrentablen Strecken. Heute steht Delta wieder solide da und ist die Nummer zwei unter den US-Linien.

Leidtragende der Insolvenz sind neben den Mitarbeitern die Investoren von American Airlines. Der Kurs des Mutterkonzerns AMR stürzte im frühen Handel um 82 Prozent ab und war damit keine 30 Cent mehr wert. Zu Jahresbeginn hatte die Aktie noch 8 Dollar gekostet.

Keine Unruhe bei Air Berlin
Die Insolvenz des Partners löst deshalb bei Deutschlands zweitgrösster Fluggesellschaft Air Berlin keine Unruhe aus. «Für die Zusammenarbeit hat die Beantragung des Gläubigerschutzes keine Auswirkungen», sagte Air-Berlin-Sprecher Uwe Berlinghoff. Passagiere fliegen mit Air Berlin zu den American-Drehkreuzen wie Miami und New York und dann innerhalb Nordamerikas weiter mit der US-Airline. Es ändere sich auch nichts am Air-Berlin-Plan, im Frühjahr 2012 dem Luftfahrtbündnis Oneworld um American Airlines beizutreten. (awp/mc/pg)

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