Jürgen Steinemann, CEO Barry Callebaut

Jürgen Steinemann, CEO Barry Callebaut

Jürgen Steinemann, CEO Barry Callebaut.

Von Christa W. Spoerle

Moneycab: Herr Steinemann, was sind ihre persönlichen Erfahrungen in ihrer Funktion als CEO von Barry Callebaut?

Jürgen Steinemann:
Ich arbeite nun seit zweieinhalb Jahren als CEO bei Barry Callebaut. Wir sind ein äusserst dynamisches Unternehmen, dass von der Professionalität, dem Fokus und der Leidenschaft der Mitarbeitenden für unser Geschäft getragen wird. Und wir sind – dank unserer Strategie, der wir konsequent folgen und die wir einmal im Jahr überdenken – in der Lage, uns nachhaltig schneller als der Markt zu entwickeln.

Welche bezeichnen Sie als die wichtigsten Veränderungen, die Sie in den letzten 2 1/2 zwei Jahren bewirkt haben?

Wir haben unser rasantes Wachstum weitergeführt während wir gleichzeitig notwendige Strukturanpassungen implementieren. Zudem haben wir unsere Expansionsstrategie neben der geographischen Expansion und dem Outsourcing um den Fokus auf unser Gourmet & Spezialitätengeschäft erweitert. Seit letztem Jahr haben wir  einen neuen strategischer Pfeiler „Nachhaltiger Kakao“ zu unseren strategischen Pfeilern Expansion, Innovation und Kostenführerschaft  hinzugefügt. Wir haben ausserdem eine professionelle Management- und Talent-Management-Struktur aufgebaut, die uns in die Lage versetzten soll, unsere weiteren Wachstumpläne auch umsetzen zu können. Wir konzentrieren uns zudem nach dem Verkauf unserer Verbrauchersparte „Stollwerck“  auf unsere Kernkompetenz, das Business-to-Business Geschäft.

Was sind ihre wichtigsten Ziele in den kommenden Jahren?

Konsequent weiterarbeiten an der Umsetzung unserer Strategie. Neue Ideen werden wir zu gegebener Zeit kommunizieren.

«Wir gehen in diesem Fiskaljahr – potenzielle Akquisitionen ausgenommen – von Investitionen in der Höhe von rund CHF 170 Mio. aus. In den letzten Jahren hat sich dieser Betrag um die CHF 150 Mio. bewegt.»
Jürgen Steinemann, CEO Barry Callebaut

Die Internationale Kakaoorganisation  ICCO rechnet  erstmals wieder mit einem Produktionsüberschuss an Kakao und warnte im letzten Sommer vor einer unkontrollierten Ausweitung der Kakao-Produktion. Sie hingegen haben sich  erst kürzlich besorgt um die Kakao-Produktion gezeigt. Worin bestehen die Differenzen?

Uns geht es vor allem um die Sicherung der für uns so wichtigen Ressource Kakao. Der globale Schokoladenkonsum wächst jährlich langfristig um 2 bis 3 Prozent. Ein grosser Teil des Nachfrageschubes kommt dabei aus den aufstrebenden Märkten in Südamerika, Osteuropa und Asien. Wir gehen davon aus, dass die Schokoladenindustrie im Jahr 2020 zusätzlich 1 Million Tonnen Kakaobohnen braucht, um die steigende Nachfrage zu decken. Deshalb müssen wir bereits heute gemeinsam mit den Kakaobauern dafür sorgen, dass der Kakaoanbau effektiver wird, also einen höheren Ertrag pro Hektar erzielt wird – und zwar nachhaltig.

Kann man davon ausgehen, dass eine Krisenstimmung den Verbrauch an Schokolade steigen lässt?

Eine solche Korrelation herzustellen, wäre etwas gesucht – und wir haben dafür auch nicht die nötigen Beweise. Fakt ist: Der Schokoladenabsatz ist relativ krisenresistent und folgt dem bereits erwähnten langfristigen Wachstumtrend.

Sie haben auf der Süsswarenmesse in Köln Speiseeis-Einschlüsse aus 100% Schokolade vorgestellt, was versprechen Sie sich von dieser Neuheit und haben Sie sonstige Neuigkeiten auf Lager?

Unsere Kunden suchen konstant nach Ideen für ihre Produkte, um der Neugier des Konsumenten für Neues nachkommen zu können. Wir gehen davon aus, dass Sie bereits in diesem Sommer Endverbraucherprodukte mit unseren speziellen Schokoladeneinschlüssen in der Eistruhe finden werden. Ich verrate Ihnen an dieser Stelle aber noch nicht, was wir als nächstes auf Lager haben. Innovation ist – wie schon gesagt – einer unserer vier strategischen Pfeiler. Drei Viertel unseres Verkaufsvolumens geht auf Produkte zurück, die wir in den letzten fünf Jahren entwickelt haben. Sie werden also bald wieder eine Neuheit von uns sehen.

Sie konnten Ende Januar eine Partnerschaftsvereinbarung mit Unilever bekannt geben. Dazu werden Sie 22 Mio CHF in den Ausbau des Fabrikationsnetzes investieren. Werden sich dadurch aber nicht die mittelfristigen Finanzziele mit einem Wachstum der Verkaufsmenge um 6-8% und einem mindestens gleich hohen EBIT-Wachstum in Lokalwährungen verändern?

Solche Vereinbarungen und die dazu gehörenden Investitionen sind Teil unserer kommunizierten Zielsetzung. Im Übrigen ist doch ein Volumenwachstum von 6-8% Weltklasse, oder kennen Sie viele globale Marktführer, die seit Jahren ein reines Volumenwachstum dieser Grösse haben?

«Drei Viertel unseres Verkaufsvolumens geht auf Produkte zurück, die wir in den letzten fünf Jahren entwickelt haben. Sie werden also bald wieder eine Neuheit von uns sehen.»

Mit welchen Investitionssummen rechnen Sie denn in den kommenden beiden Jahren?

Wir gehen in diesem Fiskaljahr – potenzielle Akquisitionen ausgenommen – von Investitionen in der Höhe von rund CHF 170 Mio. aus. In den letzten Jahren hat sich dieser Betrag um die CHF 150 Mio. bewegt. Wieviel wir genau für das kommende Fiskaljahr 2012/13 einplanen werden, verraten wir gerne anlässlich der Bekanntgabe unserer Jahreszahlen im kommenden November. Aus meiner Sicht sollten wir unsere Wachstumschancen nicht wegen dazu notwendiger Investitionen bremsen, solange sie uns interessante Erträge gewährleisten. Wichtiger noch sind ausreichende Management-Ressourcen, um das Wachstum umzusetzen.

Wo werden die Investitionsschwerpunkte liegen?

Wie gesagt, wollen weiter wachsen, nicht zuletzt in den Schwellenländern Asien, Osteuropa und Südamerika. Apropos Asien: Im letzten Geschäftsjahr haben wir eine neue Wachstumsstrategie für die Region Asien-Pazifik erarbeitet, welche die nächste Phase unserer Zuwächse in dieser unternehmerisch spannenden Region definiert. Wir sind nun daran, diese Strategie umzusetzen – dazu sind auch Investitionen nötig. Hierzu zählt auch das bereits kommunizierte Joint Venture mit P.T. Comextra Majora, mit denen wir in Makassa/Indonesien eine kakaoverarbeitende Fabrik bauen. Zurzeit sind wir daran, eine ähnliche Wachstumsstrategie für Osteuropa auszuarbeiten. Auch hier wollen wir unsere bestehende Basis weiter verstärken und uns für künftiges Wachstum rüsten.

Die Übernahme der spanischen Morella Nuts unterstreiche das strategische Ziel, die beiden Produktgruppen Gourmet & Spezialitäten sowie industrielle Produkte zu stärken. Gibt es weitere Akquisitionspläne?

Wir haben weiterhin Augen und Ohren offen für interessante Zukäufe. Es gibt eine interessant Pipeline. Sobald Verträge abgeschlossen sind, kommunizieren wir selbstverständlich darüber.

Sind weitere Outsourcing-Deals in der Pipeline, bei denen BC die Produktion für Dritte übernimmt?

Lassen Sie mich hierzu zuerst kurz Revue passieren, was wir in jüngster Vergangenheit in Sachen Outsourcing-Vereinbarungen und strategische Partnerschaften erreicht haben: Im Herbst 2010 haben wir mit Kraft Foods eine globale Partnerschaft unterschrieben, einen Monat später mit Green Mountain Coffee Roasters, im Mai 2011 erweiterte Hershey ihren Rahmenvertrag aus dem Jahre 2007 – für uns eines der grössten Komplimente, das Sie von einem Kunden bekommen können –, im Sommer 2011 haben wir mit Chocolates Turin einen Outsourcing-Vertrag abgeschlossen, im Rahmen des Verkaufs unseres Verbrauchergeschäftes beliefern wir den neuen Eigentümer, die Baronie Gruppe, in einer langfristigen Partnerschaft, zu Beginn dieses Jahres durften wir mit Grupo Bimbo in Mexico einen weiteren grossen Liefervertrag abschliessen und gerade eben sind wir zum globalen, langfristigen Partner von Unilever für Kakao und Schokolade geworden. Sie sehen, in den letzten eineinhalb Jahren hat sich in diesem Expansionsbereich viel getan. Wir sind nun mitten in der Implementierung dieser Vereinbarungen. Und ja, wir rechnen mit weiteren Outsourcing-Verträgen in der Zukunft.

Welche Bedeutung hat für Sie der Standort Schweiz?

Unser Hauptsitz liegt in der Schweiz. Wir sind an der Schweizer Börse kotiert. Der Sitz unseres grössten Anteilseigners, der Jacobs Holding AG, ist in der Schweiz. Wir haben überdies eine Schokoladenfabrik in Dübendorf. Wenn ich Ihnen jedoch sage, dass wir daneben rund 40 weitere Fabriken in über 20 Ländern dieser Welt haben, dann sehen Sie, dass wir global aufgestellt sind. In Zahlen ausgedrückt: Die Schweiz trägt rund 1% zu unserem Konzernumsatz bei und 3% unserer Gesamtkosten entfallen auf die Schweiz. Ansonsten gilt: wir produzieren und verkaufen jeweils sehr nah bei unseren Kunden, und die sind auf der ganzen Welt zu Hause.

Wie beurteilen Sie den Schweizer Führungsnachwuchs?

Die Schweiz ist auf der einen Seite ein kleiner Markt für uns, aber ein Markt, an dem unser Herz hängt.Wir sehen darüber hinaus, das der Führungsnachwuchs aus der Schweiz erstens gut und praxisnah ausgebildet ist und zweitens das besitzt, was wir interkulturelle Kompetenz nennen – eine wichtige Voraussetzung für ein global tätiges Unternehmen, das darauf angewiesen ist, starke Kräfte vor Ort und flexibel einsetzbare Mitarbeitende weltweit zu haben!

Zum Unternehmen
Mit einem Jahresumsatz von etwa CHF 4.6 Milliarden  für das Geschäftsjahr 2010/11 ist die in Zürich ansässige Barry Callebaut der weltweit grösste Hersteller von hochwertigen Kakao- und Schokoladenprodukten – von der Kakaobohne bis zum fertigen Schokoladenprodukt. Barry Callebaut ist in 27 Ländern präsent, unterhält rund 40 Produktionsstandorte und beschäftigt eine Belegschaft von etwa 6,000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Zur Person
Jürgen B. Steinemann, Jahrgang 1958,  leitet seit August 2009 Barry Callebaut als CEO. Zuvor war er COO der Nutreco in Amsterdam und davor hatte er verschiedene leitende Funktionen bei der Unilever Tochter Loders Croklaan inne.  Jürgen B. Steinemann schloss sein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der European Business School in Wiesbaden (Deutschland), London und Paris 1985 ab. Er ist Deutscher Staatsangehöriger.

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