Brexit: Notenbanken wollen gemeinsam Finanzmärkte beruhigen

Brexit: Notenbanken wollen gemeinsam Finanzmärkte beruhigen
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Frankfurt – Nach dem Brexit-Votum wollen sich führende Notenbanken gegen Turbulenzen an den Finanzmärkten stemmen. Der britische Notenbankchef Mark Carney stellte 250 Milliarden Pfund zur Stützung der Märkte in Aussicht. Die Europäische Zentralbank (EZB), die US-Notenbank Fed und die japanischen Währungshüter betonten ihre Handlungsbereitschaft. Die Schweizerische Nationalbank schritt unterdessen gleich zur Tat und griff am Devisenmarkt ein.

Das Brexit-Votum hat die Finanzmärkte auf dem falschen Fuss erwischt und zu heftigen Verwerfungen vor allem am Devisenmarkt, aber auch an den Börsen und den Märkten für Staatsanleihen gesorgt. Das Britische Pfund stürzte auf den tiefsten Wert seit 1985, weil Anleger panikartig Geld aus Grossbritannien abzogen. Auch der Euro steht wegen gestiegener Zweifel am Zusammenhalt der Europäischen Union (EU) stark unter Druck.

EZB und BoE: Zum Handeln bereit
Der britische Notenbankenchef Mark Carney versuchte am Freitagmorgen zu beschwichtigen: Die Bank of England (BoE) werde nicht mit zusätzlichen Massnahmen zögern, sagte Carney in einer Fernsehansprache. Man sei bereit, mehr als 250 Milliarden Pfund bereitzustellen, um die Funktionsfähigkeit der Märkte aufrechtzuerhalten. Dabei werde man auf die üblichen Instrumente zurückgreifen. Einige Experten rechnen damit, dass die Bank of England den Leitzins von derzeit 0,5 Prozent in Richtung null senken dürfte.

Auch die EZB signalisierte ihre Handlungsbereitschaft, nannte aber keine konkreten Zahlen: Man sei bereit, «falls nötig, den Märkten zusätzliche Liquidität in Euro und anderen Währungen bereitzustellen», teilte die Notenbank am Freitag in Frankfurt mit. Man beobachte die Finanzmärkte genau und stehe im engen Kontakt mit anderen Notenbanken und den Geschäftsbanken. JPMorgan-Experte David Mackie geht davon aus, dass die EZB den Leitzins weiter senken und das Anleihekaufprogramm noch stärker ausweiten wird.

Renditen in Südeuropa stark gestiegen
Neben den Schwankungen beim Euro dürfte die EZB auch mit Argusaugen beobachten, dass die Renditen auf Staatspapiere südeuropäischer Länder nach dem Brexit in die Höhe geschnellt sind. Besonders ungelegen kommt der Brexit in Spanien, wo es politisch kriselt und an diesem Sonntag die jüngsten Parlamentswahlen wiederholt werden. Der Abstand der Renditen zehnjähriger spanischer Papiere zu denen vergleichbarer deutscher Anleihen war so gross wie seit dem Beginn des milliardenschweren Wertpapierkaufprogramms (QE) der Europäischen Zentralbank (EZB) im März 2015 nicht mehr.

Einige Experten hatten daher im Vorfeld des Brexit-Votums sogar spekuliert, die EZB könnte im Extremfall ihr sogenanntes OMT-Programm zum Einsatz bringen, also gezielt Staatsanleihen von Krisenländern aufkaufen. Erst am Dienstag hatte das Bundesverfassungsgericht dies unter bestimmten Bedingungen gebilligt. Es wäre das erste Mal, dass das 2012 eingeführte Instrument tatsächlich zum Einsatz käme. Als wahrscheinlich gilt es allerdings nicht.

US-Notenbank will Dollar-Liquidität bereitstelllen
Während die EZB und die BoE mit starken Wertverlusten ihrer Währungen konfrontiert sind, haben Notenbanken, deren Währungen traditionell als sichere Häfen gelten, nach dem Brexit-Votum mit starken Wertzuwächsen zu kämpfen. Besonders betroffen sind die USA, Japan und die Schweiz.

Die amerikanische Notenbank Fed zeigte sich alarmiert. Man beobachte die Entwicklungen an den weltweiten Finanzmärkten zusammen mit anderen Zentralbanken genau, teilte die Fed mit. Zudem sei man darauf vorbereitet, Dollar-Liquidität über sogenannte Swap-Linien zur Verfügung zu stellen, falls dies aufgrund von Refinanzierungsdruck an den weltweiten Märkten notwendig werden sollte, der sich auch auf die US-Wirtschaft auswirken könnte. Über Swap-Linien können Notenbanken bei Bedarf Milliardenbeträge in ihren jeweiligen Währungen gegeneinander tauschen, um die Versorgung der Bewohner ihrer Währungsräume mit Devisen zu sichern.

Schweizer greifen ein – Japaner in Bereitschaft
Die Schweizer schritten am Freitag sofort zur Tat: «Die Schweizerische Nationalbank hat am Devisenmarkt eingegriffen, um die Situation zu stabilisieren und wird am Markt aktiv bleiben», teilten die Währungshüter mit. Der starke Schweizer Franken ist den Notenbankern unter anderem wegen negativer Folgen für die Exportwirtschaft ein Dorn im Auge.

Vor dem gleichen Problem stehen die Japaner, die vorerst keine Eingriffe vornahmen, aber ihre Bereitschaft dazu signalisierten. «Wir stehen bereit, um die Märkte mit genügend Liquidität zu versorgen», teilte Notenbankchef Haruhiko Kuroda in einer E-Mail mit. Die sechs grossen Notenbanken werden laut Kuroda alles in ihrer Macht stehende tun, um die Märkte liquide zu halten. Abrupte Bewegungen am Devisenmarkt seien nicht erstrebenswert, sagte zudem der japanische Finanzminister Taro Aso vor Journalisten. Der Finanzminister kann in Japan die Notenbank anweisen, am Devisenmarkt einzugreifen, um die Währung zu stabilisieren. (awp/mc/upd/ps)

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