Bank of England verzichtet vorerst auf Leitzinssenkung

Bank of England verzichtet vorerst auf Leitzinssenkung
Mark Carney, Gouverneur der Bank of England. (Foto: BoE)

Mark Carney, Gouverneur der Bank of England. (Foto: BoE)

London – Die britische Notenbank hat drei Wochen nach dem Brexit-Votum vorerst ihren geldpolitischen Kurs überraschend unverändert gelassen und gleichzeitig eine Lockerung im August in Aussicht gestellt. Der Zinssatz bleibe auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent, teilte die Bank of England am Donnerstag in London mit. Zudem werde es keine neuen Wertpapierkäufe zur Stützung der Konjunktur geben. Bei Experten stiessen die Entscheidungen auf ein geteiltes Echo.

Volkswirte hatten mehrheitlich einen Rückgang des Leitzinses auf 0,25 Prozent erwartet. Die Entscheidung zum Abwarten sei mit einer Gegenstimme gefallen, teilte die Notenbank mit.

Lockerung im August in Sicht
«Der geldpolitische Ausschuss hat sich verpflichtet zu tun, was immer nötig ist, um das Wachstum zu stützen und die Inflation innerhalb eines angemessenen Zeitraums auf die Zielrate zurückzubringen», so die Währungshüter. «Aus diesem Grund erwarten die meisten Mitglieder des Ausschusses eine geldpolitische Lockerung im August.»

Das Pfund legte nach der Entscheidung zu, während es bei britischen Staatsanleihen wenig Bewegung gab. Bei 0,5 Prozent liegt der Leitzins seit mehr als sieben Jahren.

Entscheidung stösst auf geteiltes Echo
Unter Experten stiess die Entscheidung der Währungshüter zum Abwarten auf geteiltes Echo. Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank begrüsste das Vorgehen. «Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Brexit-Entscheids sind noch unklar», kommentierte der Ökonom. Darüber hinaus dürften die Inflationsraten in den kommenden Monaten wieder anziehen. Zinssenkungen seien zudem in Grossbritannien ein zweischneidiges Schwert. Das grosse Loch in der Leistungsbilanz müsse mit Kapitalzuflüssen gespeist werden. Dies werde nach Leitzinssenkungen schwieriger.

Analysten beim US-Finanzdienstleister State Street zeigten sich dagegen enttäuscht. Es sei überraschend gewesen, dass die Notenbank die Markterwartungen bereits so kurz nach der Brexit-Entscheidung enttäuscht habe, schreibt Experte Michael Metcalfe in einem Kommentar. Auch wenn die Notenbanker bei der kommenden Sitzung im August nachlegen sollten: Die verzögerte Reaktion lasse den Schluss zu, dass die Zentralbank einerseits wegen der inflationären Folgen der Pfund-Schwäche besorgt und andererseits unsicher sei, wie schnell sich die Wirtschaft verlangsamen wird.

Keine neuen Anleihekäufe
Von der Reaktivierung eines milliardenschweren Wertpapierkaufprogramms sah die Notenbank am Donnerstag ebenfalls ab. Im Zuge der Finanzkrise hatte die Bank of England Staatsanleihen und andere Vermögenswerte für insgesamt 375 Milliarden Pfund in ihre Bücher genommen, um die Marktzinsen zusätzlich zu drücken. Seit Herbst 2012 ruhten diese Wertpapierkäufe. Experten hatten vor der Zinsentscheidung die Möglichkeit ins Spiel gebracht, das Programm könnte fortgeführt werden.

Nach Einschätzung von Experten des britischen Analysehauses Pantheon Macroeconomics dürfte es auch künftig keine neuen Wertpapierkäufe geben. Dagegen spreche zum einen die absehbar höhere Inflation. Zum anderen habe der neue Finanzminister Philip Hammond eine Lockerung des staatlichen Sparkurses signalisiert. Das nehme Druck von der Notenbank.

Notenbankenchef Mark Carney hatte Ende Juni eine geldpolitische Lockerung «im Laufe des Sommers» signalisiert. (awp/mc/pg)

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