UBS und Goldman Sachs geraten in Sog von Skandalfonds 1MDB

UBS und Goldman Sachs geraten in Sog von Skandalfonds 1MDB

Die UBS hält fest, dass sie die verdächtigen Transaktionen selber den Behörden gemeldet hat.

Singapur – Der Korruptionsskandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB erfasst nun auch westliche Grossbanken wie die UBS, die britische Standard Chartered und Goldman Sachs. Die Finanzaufsichtsbehörde Singapurs (MAS) stellte bei den beiden europäischen Instituten und der asiatischen DBS Kontrollmängel fest, wie sie am Donnerstag mitteilte.

Auch die US-Behörden haben Ermittlungen aufgenommen und wollen Vermögenswerte über eine Milliarde Dollar beschlagnahmen – darunter Luxusimmobilien in New York und Kalifornien, ein Gemälde von Vincent van Gogh und zwei von Claude Monet sowie ein Bombardier-Flugzeug. Die Güter seien mit Geld aus dem Staatsfonds 1MDB gekauft worden, hiess es. Das Geld sei dem malaysischen Volk gestohlen worden, sagte Justizministerin Loretta Lynch in Washington.

Rechtshilfeersuchen der US-Behörden
Die Schweiz hat in diesem Zusammenhang ein Rechtshilfeersuchen der US-Behörden erhalten. Das Bundesamt für Justiz beschlagnahmt daher als vorsorgliche Massnahme die drei Bilder. Am Mittwoch war bereits bekannt geworden, dass die US-Behörden die Erhebung von Schweizer Bankunterlagen verlangen.

Im Zuge der US-Ermittlungen geriet auch Goldman Sachs in den Strudel des Skandals: Die Investmentbank hat den Fonds bei Anleiheverkäufen unterstützt, deren Erlöse von 1MDB-Vertretern missbraucht worden waren, wie aus Unterlagen des US-Justizministeriums hervorgeht. Goldman Sachs selbst wird kein Fehlverhalten vorgeworfen.

UBS für Versäumnisse gerügt
Bei UBS, Standard Chartered und DBS monierten die Aufseher in Singapur Versäumnisse bei der Überwachung von Transaktionen und der Aufnahme neuer Kunden. «Darüber hinaus ist es zu unzulässigen Verzögerungen bei der Aufdeckung und Anzeige von verdächtigen Transaktionen gekommen», hiess es in einer Mitteilung der MAS. Die UBS erklärte, sie habe verdächtige Transaktionen von sich aus gemeldet und sei in engem Kontakt mit Regulatoren.

Milliarden verschwunden
Die Ermittlungen um den Staatsfonds 1Malaysia Development Berhad (1MDB) beschäftigen Behörden rund um den Globus bereits seit Monaten. Bei dem Fonds waren Milliardenbeträge verschwunden oder auf ausländische Bankkonten mit unbekannten Eigentümern abgeflossen. Gegen 1MDB laufen daher in mindestens sechs Ländern Geldwäscherei-Untersuchungen.

Schwere Vorwürfe gegen Razak
Die Affäre ist auch politisch hoch brisant: Denn der Fonds wurde 2009 vom malaysischen Ministerpräsident Najib Razak gegründet, der bis vor kurzem noch Verwaltungsratspräsident von 1MDB war. Das «Wall Street Journal» hatte 2015 nach umfangreichen Recherchen schwere Vorwürfe gegen Razak erhoben, nachdem auf seinen Privatkonten dubiose Millionenzahlungen aufgetaucht waren. Eine malaysische Untersuchung sprach Razak aber von allen Vorwürfen frei. Das Geld seien Spenden für den Wahlkampf aus Saudi-Arabien gewesen. Ein Grossteil sei zurückgezahlt worden.

In der US-Klageschrift ist ein «Malaysian Official Number One» genannt. Nach Biografie und Job-Beschreibung müsse es sich um Razak handeln, meinte ein Reporter in Washington bei der Pressekonferenz von Lynch. Ob sie dies bestätigen könne? Sie tat es nicht. Razak gerät nun auch innenpolitisch unter Druck: Ein Oppositionsführer forderte am Donnerstag seinen Rücktritt. Der frühere Premier Mahathir Mohamad schlug hingegen eine Volksabstimmung darüber vor. Razak und 1MDB haben ein Fehlverhalten stets bestritten.

Die Unterlagen der US-Justiz enthalten noch ein weiteres brisantes Detail: Aus den Mitteln des Fonds soll der Hollywood-Streifen «Wolf of Wall Street» von Martin Scorsese mit Leonardo DiCaprio finanziert worden sein. Deshalb verlangen die USA auch Einnahmen des Films.

Weitere Schweizer Bank im Visier
Die Behörden in Singapur nehmen derweil neben der UBS noch eine weitere Schweizer Bank unter die Lupe: Eine Vorort-Inspektion bei der Zürcher Privatbank Falcon im April habe «substantielle Verstösse» gegen Geldwäscherei-Bestimmungen zutage gefördert, erklärte MAS.

Die Untersuchung bei Falcon dauere allerdings an, weil bestimmte Schlüsselkundenbeziehungen aus dem Schweizer Firmensitz aus betreut worden seien und zusätzliche Informationen ausstünden, hiess es. Ein Sprecher der Bank betonte, Falcon kooperiere mit den Behörden. Das Institut gehört dem Staatsfonds IPIC aus Abu Dhabi.

Zu den Strafen, die den Banken drohen könnten, äusserten sich die Aufseher in Singapur nicht. Nach dortigem Recht könnten Geld- oder sonstige Strafen fällig werden, auf betroffene Mitarbeiter könnte eine Anklage zukommen. Bis heute seien zwei Personen verschiedener Straftaten angeklagt, teilte die Singapurer Behörden mit. Andere stünden noch unter Verdacht.

Fall BSI
Welche Massnahmen die Aufseher im Extremfall ergreifen können, zeigt der Fall der Tessiner Privatbank BSI: Ihr hatte die singapurische Finanzmarktaufsicht im Mai die Lizenz in Singapur entzogen. Die schweizerische Finanzmarktaufsicht Finma ordnete derweil die Schliessung der Bank an. Vorerst bestehen bleiben darf die BSI nur, weil sie ohnehin von EFG übernommen wird.

Zu weiteren Ermittlungen hielt sich die Finma bedeckt. Sie hatte insgesamt fünf Verfahren eröffnet, um die Rolle von Schweizer Finanzinstituten in dem Skandal zu prüfen – vier davon laufen noch. Namen gab die Finma nicht bekannt. (awp/mc/upd/pg)

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