IWF erhöht Wachstumsprognose Schweiz 2016 von 1,3 auf 1,5%

IWF erhöht Wachstumsprognose Schweiz 2016 von 1,3 auf 1,5%
IWF-Direktorin Christine Lagarde. (Foto: IWF / Flickr)

Bern – Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet dank der hohen Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft eine anhaltende Erholung der Schweizer Konjunktur. Die Experten des IWF empfehlen grundsätzlich die Weiterführung des geld- und haushaltspolitischen Kurses und raten nur zu punktuellen Anpassungen. Sie unterstützen auch die bereits eingeleiteten Strukturreformen. Potenzielle Risiken stammen weiterhin von den internationalen Finanzmärkten und von Entwicklungen im Inland.

Die Widerstandskraft der Schweizer Wirtschaft nach der starken Aufwertung des Frankens ist der hohen Flexibilität der Unternehmen und des Arbeitsmarktes zu verdanken. Gemäss vorläufigen Erkenntnissen aus dem jüngsten Länderexamen des IWF dürfte die konjunkturelle Erholung in der Schweiz nach der starken Aufwertung des Frankens zu Beginn von 2015 an Schwung gewinnen und 1,5 Prozent für das laufende Jahr und 1,75 Prozent in der mittleren Frist erreichen. Dies ist auch auf die expansive Geldpolitik zurückzuführen, die zu einer gewissen Abschwächung des Frankens geführt hat. Auch der Abwärtsdruck auf die Preise hat laut IWF abgenommen. Der Franken ist aus Sicht des IWF aber noch immer moderat überbewertet.

Risiken beim weltweiten Handel
Risiken für die Konjunktur orten die Experten des IWF in einer nachlassenden Dynamik des weltweiten Handels, in einem erneuten Anstieg der Finanzmarktvolatilität, in den Unsicherheiten, die im Zusammenhang mit der Umsetzung der Masseneinwanderungs-initiative aus den Wirtschaftsbeziehungen mit der EU einhergehen, sowie in den Immobilien- und Hypothekarmärkten.

Geldpolitik SNB hat sich bewährt
Die geldpolitische Strategie der SNB mit Negativzinsen und punktuellen Interventionen auf dem Devisenmarkt hat sich aus Sicht des IWF bewährt. Der Währungsfonds sieht beide Instrumente als effektiv gegen eine zu starke Aufwertung des Frankens und damit gegen die negative Inflation. Er empfiehlt jedoch zu prüfen, wie diese Instrumente noch besser aufeinander abgestimmt werden können.

Der Währungsfonds unterstützt grundsätzlich den haushaltspolitischen Kurs des Bundes. Er stellt im Bereich der Haushaltspolitik fest, dass in den Rechnungsabschlüssen die Ausgaben des Bundes regelmässig tiefer liegen als die gemäss der Schuldenbremse budgetierten Werte. Der IWF erwägt, ob Ausgabenunterschreitungen im Folgejahr nachgeholt werden könnten. Die Finanzüberschüsse auf Bundesebene tragen in der Schweiz zu einer Reduktion der öffentlichen Verschuldung bei.

Stärkung Finanzsektor wird begrüsst
Der IWF begrüsste die Inkraftsetzung einiger Reformen zur Stärkung der Stabilität des Finanzsektors, namentlich bei der Kapitalausstattung der Banken, den Vorhaben zur Regulierung sowie im Rahmen der Finanzmarktaufsicht. Potentielle, durch die Tiefzinslage bedingte Finanzsektorrisiken müssen aus Sicht des Währungsfonds überwacht und wenn möglich reduziert werden. Der IWF empfiehlt insbesondere, die Entwicklung und Konzentration der Forderungen von Finanzinstitutionen auf dem Hypothekarmarkt und im Immobiliensektor trotz leichter Abkühlung weiterhin aufmerksam zu beobachten. Schliesslich unterstützt der IWF wichtige gegenwärtige Reformprojekte der Schweiz. So erachtet er die Verabschiedung der Reform der Altersvorsorge als notwendig zur Wahrung der finanziellen Tragfähigkeit des Vorsorgesystems. Auch die Unternehmenssteuerreform III sei trotz der erwarteten Mindereinnahmen im Steuerbereich positiv, indem klare vorhersehbare steuerliche Bedingungen für alle Unternehmen in der Schweiz geschaffen werden, bei gleichzeitiger Wahrung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit.

Die Delegation des IWF hat das diesjährige Länderexamen vom 15. bis 26. September 2016 in Bern und Zürich durchgeführt. Die regelmässige Beurteilung der Wirtschafts- und Finanzlage seiner Mitgliedsstaaten im Rahmen der so genannten Artikel-IV Konsultation ist ein Kernelement der wirtschaftspolitischen Überwachungstätigkeit des IWF.

Die Widerstandskraft der Wirtschaft sei der hohen Flexibilität der Unternehmen und des Arbeitsmarktes zu verdanken, sagte IWF-Ökonomin Rachel van Elkan am Montag vor den Medien in Bern. Zudem stellte sie auch der SNB ein gutes Zeugnis aus: Die expansive Geldpolitik habe den Franken abgeschwächt und der Abwärtsdruck auf die Preise habe abgenommen.

Negativzinsen stärker forcieren
Die Strategie der SNB mit Negativzinsen und punktuellen Interventionen in Form von Devisenkäufen habe sich bewährt, sagte van Elkan weiter. Allerdings rät sie der SNB, die Negativzinsen stärker zu forcieren. Mit einem Strafzins von minus 0,75% für Giroguthaben der Banken bei der Notenbank sind die Sätze in der Schweiz so tief wie nirgends sonst in den grösseren Volkswirtschaften. Die Banken und die Finanzmärkte seien mit der Negativzinspolitik bisher gut zurecht gekommen, sagte die IWF-Ökonomin. Weitere Senkungen hält sie daher für möglich. Das muss allerdings nicht zwingend über tiefere Zinsen passieren: Die SNB könnte auch kleinere Freibeträge als bisher gewähren für Giroguthaben der Banken bei der Notenbank. Heute müssen auf einem Grossteil der Sichteinlagen keine Negativzinsen bezahlt werden.Durch einen stärken Fokus auf Negativzinsen müsste die SNB laut den IWF-Experten weniger neue Devisenberge anhäufen. Allfällige Bewertungsänderungen bei den Währungsreserven stellten nämlich auch für die öffentlichen Finanzen ein Risiko dar. Der IWF rät der SNB daher, nur zurückhaltend zum Mittel der Interventionen zu greifen: Etwa wenn die Kapitalzuflüsse in die Schweiz kurzfristig stark anstiegen.

SNB sieht keinen Bedarf
Die SNB hingegen sieht derzeit kein Bedarf, ihre Geldpolitik anzupassen, wie Thomas Moser, stellvertretendes Mitglied des Direktoriums, sagte. Bei einer Veränderung der Situation – sollte sich etwa der Ausblick eintrüben – werde die SNB aber eine Anpassung prüfen. Derzeit sieht es zwar für die Schweizer Wirtschaft gut aus. Dennoch lauern auch einige Stolpersteine, wie aus dem IWF-Länderexamen hervorgeht. Risiken sieht der Währungsfonds etwa für den Export. So rechnet er künftig mit einer schwächeren Nachfrage von Handelspartnern der Schweiz. Auch eine mögliche Verschlechterung der Beziehungen zur EU könnte der Schweiz drohen, sollte bei den Zuwanderungsfragen keine Einigung gelingen. Eine Gefahr für die Schweiz ortet der IWF auch in den Finanzmärkten: Sollten auf der Jagd nach Rendite die Schwankungen auf den internationalen Finanzmärkten wieder zunehmen, könnte sich dies auch auf den Immobilienmarkt in der Schweiz auswirken.

Bei Reformen auf Kurs
Um die Schweizer Wirtschaft auf Kurs zu halten, sieht der IWF aber nicht nur die SNB gefordert, sondern auch die Politik. Die Experten stellen fest, dass die Ausgaben regelmässig tiefer ausfallen als budgetiert. Deshalb schlagen sie vor, dass ungenutzte Budgetreste im Folgejahr ausgeben werden sollten. Im Falle einer starken Rezession müsste der Staat zudem mehr ausgeben, um Wachstum und Inflation zu stützen und die Geldpolitik zu entlasten. Bei den Reformen sieht der IWF die Schweiz auf Kurs. Insbesondere von der Unternehmenssteuerreform erhofft er mehr Anreize für kleinere Firmen, zu investieren. Mittelfristig solle die Schweiz weitere Reformen angehen. Eine schwächere Besteuerung von Zweiteinkommen könnte etwa dazu beitragen, dass Frauen mehr arbeiten. Zudem sollte laut dem IWF die Chancengleichheit beim Bildungszugang verbessert werden. Die Delegation des IWF führte das diesjährige Länderexamen vom 15. bis 26. September in Bern und Zürich durch. Für ein IWF-Mitgliedsstaat ist die regelmässige Beurteilung Pflicht. (efd/mc/cs)

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