Stefan Schulthess, Vorsitzender der SGV-Gruppenleitung, im Interview

Stefan Schulthess, Vorsitzender der SGV-Gruppenleitung, im Interview
Stefan Schulthess, Vorsitzender der Gruppenleitung SGV. (SGV)

von Robert Jakob

Moneycab.com: Herr Schulthess, die beiden Tochterunternehmen der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees, die  Tavolago AG (Gastronomie, Hotels) und die Shiptec AG (Werft) machen mehr Umsatz als der reine Schiffverkehr. Ich nehme an, dieser Trend wird sich in den nächsten Jahren verstärken?

Stefan Schulthess: Ja, wir streben in der kommenden Strategieperiode 2017 – 2021 mit qualitativ hochwertigen und innovativen Leistungen ein weiteres substanzielles Wachstum an. Wir gehen heute davon aus, dass sich die SGV Gruppe in allen drei Bereichen, das heisst in der Schifffahrt, in der Gastronomie und in der Hotellerie sowie im industriellen Schiffbau für Dritte positiv entwickeln wird. Das grösste zu erschliessende Potenzial liegt dabei im Gastronomie- und Hotelleriebereich.

Die Töchter haben eigene Geschäftsführer. Wie oft sitzen Sie im Verlaufe eines Geschäftsjahres mit diesen zusammen?

Regelmässig und mehrmals pro Monat da ich bei beiden Tochtergesellschaften im Verwaltungsrat bin und operativ als Vorsitzender der Gruppenleitung wirke.

Mit 5 Dampf- und 15 Motorschiffen ist die SGV neben der CGN auf dem Lac Léman die grösste Schifffahrtsgesellschaft der Schweiz. Wie hoch ist denn bei so einer Flotte der jährliche Erneuerungsbedarf?

Pro Jahr beläuft sich der Erneuerungsbedarf für Investitionen und Unterhalt für die Schiffsflotte inklusiv Infrastruktur auf rund 10 Millionen Franken.

Mit einer EBITDA-Marge von 12.5 Prozent liegen Sie in Ihrem Zielband. Nach dem 15 Millionen teuren Kursschiff MS 2017 stehen aber vielleicht neue Pläne ins Haus. Wäre da nicht der obere Zielbandrahmen von 14% hilfreich?

Selbstverständlich wäre eine höhere EBITDA-Marge von Vorteil. Wir arbeiten daran. Die erwähnten 12.5 Prozent sind die Gruppenmarge. Bei der SGV, welche die hohen Investitionsvorhaben finanzieren muss, lag die EBITDA-Marge im letzten Jahr bei knapp 22 Prozent. Aber auch hier wäre ein höherer Wert hilfreich.

«Die Frage, ob die  schweizerischen Schiffbauvorschriften an das EU-Recht angepasst werden, kann heute noch nicht abschliessend beantwortet werden.»
Stefan Schulthess, Vorsitzender der SGV-Gruppenleitung

Naturgemäss macht die SGV-Tochter Shiptec AG den meisten Umsatz mit der Muttergesellschaft. Welches sind Ihre typischen Drittkunden?

Andere Gesellschaften in der Personen- oder in der gewerblichen Güterschifffahrt, aber auch andere Industrien, wenn es sich um artverwandte Produkte oder Dienstleitungen aus Sicht Shiptec AG handelt.

Es droht die Anpassung der schweizerischen Schiffbauvorschriften an das EU-Recht. Welche bürokratischen „Hämmer“ wird das bringen?

Diese Frage kann heute noch nicht beantwortet werden. Weder ob eine Anpassung an das EU-Recht tatsächlich kommt noch ob das tatsächlich zu bürokratischen „Hämmern“ führen würde.

Seit dem 1. Januar 2016 führt das Tochterunternehmen Tavolago AG das Shoppingrestaurant Tisch+Bar in Holzhäusern. Wieso wildert die SGV im Kanton Zug?

Von „wildern“ kann keine Rede sein. Der neue Betrieb passt perfekt in die Firmenphilosophie der Tavolago AG und unterstützt das angestrebte Wachstum in der „Landgastronomie“, wo wir zwischenzeitlich 10 Betriebe führen.

«Der Anteil ausländischer Gäste ist unseres Erachtens noch ausbaufähig.»

Der Anteil ausländischer Gäste liegt bei der Schifffahrt und in der Gastronomie/Hotellerie bereits bei einem Viertel. Bis zu welcher Marke wollen Sie Ihn weiter steigern?

Ich glaube nicht, dass man diesbezüglich eine genaue Grenze setzen muss. Es ist unsere Aufgabe, auf neue Märke und auf neue Kundenbedürfnisse zu reagieren und unsere Angebote anzupassen. Im Idealfall haben wir eine ausgewogene Kundenstruktur und sind nicht von einem einzigen Markt abhängig. Der Anteil ausländischer Gäste ist unseres Erachtens noch ausbaufähig. Würden wir dies nicht tun, würden wir auf eine Chance verzichten die sich insbesondere im Raum Luzern bietet.

Werden Ihre beiden chinesischen Matrosen auch im 2017 an Bord sein?

Ja, es war ein Erfolg für alle Beteiligten, insbesondere natürlich auch ein tolles Angebot für unsere chinesischen Gäste.

Auch zum diesjährigen schweizweiten Fahrplanwechsel am 11. Dezember erhöhen Sie die Ticketpreise nicht. Ist das eine Konzession an den starken Franken?

Auch – aber vor allem weil unsere Einzelfahrpreise bereits heute auf einem relativ hohen Niveau sind. Dies gilt umso mehr für Gäste aus dem Euroraum oder wenn man ohne GA oder Halbtax-Abo unterwegs ist.

Gibt es in Ihrer Marketingabteilung Studien zur Preissensitivität?

Wissenschaftliche Studien zur Preissensitivität haben wir keine, wir führen aber regelmässige Kundenumfragen durch. Die Antworten zeigen, dass die Mehrzahl unserer Gäste das aktuelle Preis/Leistungsverhältnis der SGV als gut beurteilt.

«Die Einzelticketpreise sind bereits heute auf relativ hohem Niveau, aber das Preis/Leistungsverhältnis der SGV wird als gut beurteilt.»

Bei den Aktionären dürften Sie sich aber mit Ihrer kundenfreundlichen Tarifpolitik weniger beliebt machen…

Wir haben keine Veranlassung anzunehmen, dass unsere Aktionäre sich daran stören, dass wir im kommenden Dezember keine Tariferhöhung durchführen.

Stammaktionäre und Vorzugsaktionäre gibt es mit unterschiedlichen Nennwerten, Stimmrechten und Sonderrechten. Wann kommt die Gleichbehandlung?

Ein Datum dazu kann ich nicht nennen aber gerne bestätigen, dass wir zuhanden der Generalversammlung nach Lösungen suchen, wie wir die Stammaktionäre und Vorzugsaktionäre mit den erwähnten unterschiedlichen Rechten und Nennwerten in Zukunft behandeln beziehungsweise vereinheitlichen.

Zur Person:
Stefan Schulthess, Jahrgang 1964 wohnt in Kehrsiten am Vierwaldstättersee. Er hat einen Abschluss als Diplom – Ing. HTL der Ingenieurschule ESIG Lausanne und ist seit September 2005 Direktor und Vorsitzender der Gruppenleitung der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV). Daneben ist Stefan Schulthess auch Präsident des Verbandes Schweizerischer Schifffahrtsunternehmen (VSSU), Verwaltungsrat der Treib-Seelisberg-Bahn und Fachlehrer bei der E. Schmidheiny-Stiftung. Seine berufliche Laufbahn startete Stefan Schulthess als Leiter Verpackungsentwicklung bei der CILAG, Schaffhausen. Später wurde er Geschäftsführer der Bielersee Schifffahrtsgesellschaft.

Zum Unternehmen:
Die SGV Gruppe beschäftigte Ende 2015 insgesamt 416 Mitarbeitende (auf Vollzeitstellen gerechnet). Ihr Ursprung lässt sich auf das Jahr 1836 zurückführen, als die erste Dampfschiffgesellschaft des Vierwaldstättersees gegründet wurde. 1870 fusionierte diese mit später gegründeten Konkurrenzgesellschaften zum heutigen Unternehmen. Die Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees ist sie ins Tarifsystem des öffentlichen Personenverkehrs der Schweiz eingebunden. Neben Verkehrsdienstleistungen wird auch Schiffbau und Hotellerie/Gastronomie betrieben. Damit konnte der Umsatz und das EBITDA in den letzten 10 Jahren verdoppelt werden.

 


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