Harsche Kritik an britischem Brexit-Strategieplan

Harsche Kritik an britischem Brexit-Strategieplan
David Davis, britischer Brexit-Minister.

London – Der britische Brexit-Minister David Davis hat den mit Spannung erwarteten Strategieplan der Regierung zum Ausstieg aus der EU vorgestellt und scharfe Kritik einstecken müssen. In der Rede des Ministers vor dem Parlament in London gab es aus Sicht der Opposition keine wesentlichen neuen Punkte. Davis bestätigte in seiner Erklärung am Donnerstag den Ausstieg aus dem europäischen Binnenmarkt und aus der Zollunion – auch letzteres war bereits durchgesickert.

Der Labour-Abgeordnete Keir Starmer war empört: «Diese Stellungnahme sagt gar nichts aus!». Stephen Gethins von der Schottischen Nationalpartei bezeichnete es als befremdlich, dass das sogenannte Weissbuch erst nach der ersten Abstimmung über das Brexit-Gesetz präsentiert worden sei und nichts Neues enthalte. «Das ist eine Sauerei.»

«Harter Brexit»
Die gleichzeitig veröffentlichte 77 Seiten umfassende Dokumentation hangelte sich an der Grundsatzrede entlang, die Premierministerin Theresa May Mitte Januar in London gehalten hatte. Damals kündigte May einen «harten Brexit» an: Sie will Grossbritannien auch aus dem europäischen Binnenmarkt führen. Sie versprach auf Druck der Opposition und von Kritikern in den eigenen Reihen, ihre Verhandlungsstrategie noch genauer in dem Weissbuch zu umreissen.

«Positive Partnerschaft» angestrebt
In seiner Rede sprach Davis von einer «positiven Partnerschaft zwischen Grossbritannien und der Europäischen Union». Er betonte unter anderem, dass sein Land die Zahl der Menschen kontrollieren müsse, die aus anderen EU-Staaten kommen, blieb aber auch hier unkonkret.

Nach EU-Statistiken leben derzeit knapp drei Millionen EU-Ausländer in Grossbritannien. Die grösste Gruppe stellen die Polen; Schätzungen zufolge leben etwa 870’000 in Grossbritannien. Etwa eine Million britischer Staatsbürger leben in anderen Staaten.

Erfolg für May
May konnte am Abend zuvor im Parlament einen überraschend deutlichen Erfolg verbuchen. Die grosse Mehrheit (498 zu 114) der Abgeordneten im Unterhaus stimmte dem Brexit-Gesetzentwurf nach einer zweitägigen Debatte zu. Gegen die Vorlage hatten unter anderem Dutzende Labour-Abgeordnete und die Schottische Nationalpartei votiert. Schottland hatte sich bei dem Referendum vor mehr als sieben Monaten mit 62 Prozent für den Verbleib in der EU ausgesprochen.

Das war jedoch nur die erste Hürde für das Brexit-Gesetz. Die entscheidende Abstimmung wird am kommenden Mittwoch erwartet. Danach kommt der Entwurf ins Oberhaus. Er soll bis zum 7. März beide Kammern des Parlaments passieren.

Parlament hat das letzte Wort
Erst kürzlich hatte das höchste britische Gericht entschieden, dass das Parlament das letzte Wort über die Austrittserklärung haben muss. May will sich mit dem Brexit-Gesetz von den Abgeordneten die Vollmacht für den Scheidungsantrag von der EU geben lassen. In dem sehr kurzen Gesetzentwurf heisst es: «Die Premierministerin darf die Absicht des Vereinigten Königreichs zum Austritt aus der EU, gemäss Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union, bekannt geben.»

Bis spätestens Ende März will die Premierministerin Brüssel über den Austrittswunsch ihres Landes offiziell informieren. Möglicherweise geschieht dies aber sogar noch früher. Medienberichten zufolge könnte sie dafür einen EU-Gipfel in Brüssel am 9. und 10. März nutzen. Erst danach können die Verhandlungen über den EU-Austritt beginnen. (awp/mc/upd/pg)

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