Urs Gantenbein, CEO Bergbahnen Wildhaus AG, im Interview

Urs Gantenbein, CEO Bergbahnen Wildhaus AG, im Interview
Urs Gantenbein, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Bergbahnen Wildhaus AG. (Foto: zvg)

von Robert Jakob

Moneycab.com: Herr Gantenbein, nach dem katastrophalen Weihnachts- und Neujahrsgeschäft können Sie mit dem Januar sicher zufrieden sein, da plötzlich alle 17 Anlagen im Obertoggenburg liefen. Gibt es doch noch ein Winter-Happy end?

Urs Gantenbenin: Das war tatsächlich ein sehr erfreulicher Januar. Wir lagen im Januar 2017 deutlich über dem Durchschnitt der letzten Jahre, also insgesamt in der Saison 2016/17 wieder im Plansoll. Aber es gilt wie jeden Winter: Abgerechnet wird ganz am Schluss.

Die 17 Anlagen sind ja sehr unterschiedlich verteilt. Der grössere Teil wird von der Toggenburg Bergbahnen AG betrieben. Wäre eine Fusion der beiden Aktiengesellschaften nicht überfällig?

Wir haben jahrelang auf eine immer enger werdende Zusammenarbeit hingearbeitet. Diese hätte letztlich in einer Betriebsgemeinschaft oder gar einer Fusion münden können. Dann kam im Zuge des Neubaus des Berggasthauses Chäserrugg von Herzog & de Meuron die Neupositionierung der Toggenburg Bergbahnen AG. Seither ist Fusion kein Thema mehr. Die sehr unterschiedliche Positionierung und Ansprache der Zielgruppen sowie die diametral unterschiedlichen Aktionariate würden dies aktuell nicht zulassen. Als in der Region breit abgestützte Publikumsgesellschaft mit gut 2‘000 Aktionären fühlen wir uns wie bis anhin sehr stark der Destination Toggenburg als Ganzes verpflichtet.

«Als in der Region breit abgestützte Publikumsgesellschaft mit gut 2‘000 Aktionären fühlen wir uns wie bis anhin sehr stark der Destination Toggenburg als Ganzes verpflichtet.»
Urs Gantenbein, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Bergbahnen Wildhaus AG 

Zum Famigros Ski Day kamen 280 Familien zusätzlich ins Obertoggenburg. Legen die Bergbahnen bei so günstigen Aktionen Geld drauf?

Als Familienskigebiet gehören solche Events für die ganze Familie dazu. Wir können damit unter anderem neue Gäste für das Toggenburg gewinnen.

Wie ist denn der genaue Verteilschlüssel nach aussen und innerhalb der Partnerschaft zwischen den Bergbahnen Wildhaus und Toggenburg AG?

Der Tarifverbund ist formell ein Verein und umfasst die Bergbahnen Wildhaus AG, die Toggenburg Bergbahn AG sowie die Gondelbahn Gamplüt. Im Tarifverbund definieren der technische Anlagenwert und die Frequenzen auf den einzelnen Anlagen die Umsatzverteilung. Wir generieren in Wildhaus gut 50 Prozent der Wintersportersteintritte und je nach Saisonverlauf knapp die Hälfte der Einnahmen.

Sommer getrennt, Winter vereint. Das ist die „Zauberformel“ für die beiden Bahnbetriebe im oberen Toggenburg. Verlangt so etwas „Beziehungspflege“?

Wir bedauern die fehlenden gemeinsamen Sommerangebote sehr. Wir erachten dieses Manko als eine verpasste Chance.

«Im Winterhalbjahr sind wir hier wohl der bedeutendste Arbeitgeber.»

In den letzten 30 Jahren generierten die Bergbahnen Wildhaus 100 Millionen Franken Wertschöpfung, zahlten 60 Millionen an Lohngeldern aus und investierten 30 Millionen Franken in die Infrastruktur. Kann man sagen, dass Sie der zweitwichtigste Arbeitgeber hier sind?

Im Winterhalbjahr wohl sogar der bedeutendste. Im Sommerhalbjahr jedoch gehen viele unserer Mitarbeiter anderen Beschäftigungen nach, namentlich in der Land- und Bauwirtschaft.

Mit «Wildhaus 2.0» rüsten Sie entsprechend auf, bauen einen neuen Speichersee für 70’000 Kubikmeter Wasser zur Beschneiung. Gibt es noch irgendwo Bedenken, etwa seitens Umweltschutz?

Ja. Es geht insbesondere um die Frage des Landschaftsbildes.

Die kinderfreundliche 6er-Sesselbahn mit Wetterschutzhauben wird neben der Beschneiung das technische Hauptprojekt von Wildhaus 2.0 sein. Wie sieht es auf Seiten Gastwirtschaft aus?

Die Zielsetzung der verschiedenen Projekte rund um Wildhaus 2.0 ist nicht die Kapazitätserweiterung, sondern die zielgruppengerechte Neukonfiguration von Wildhaus, kurzum „die richtige Bahn am richtigen Ort“. Die Konsolidierung der Anlagen umfasst unter anderem auch den Rückbau von nicht weniger als drei Skiliften. In der Summe liegen wir mit der maximalen Transportleistung sogar tiefer als bisher. Nicht zuletzt deshalb wird das ursprünglich geplante zusätzliche Bistro nun nicht realisiert. Wildhaus 2.0 hat das Ziel, unsere Konkurrenzfähigkeit in einem hart umkämpften Markt auch mittel- und langfristig zu erhalten.

«In der Summe liegen wir mit der maximalen Transportleistung sogar tiefer als bisher.»

Kurzum, wie sieht Wildhaus im Jahr 2020 aus?

Die Echtheit und Natürlichkeit des Toggenburgs, kombiniert mit einer Top-Infrastruktur (Bahnen und Beschneiung) sowie einer sehr guten Dienstleistungsqualität ermöglicht unseren Gästen das kompakte Familienerlebnis. Wildhaus bürgt für spannende und attraktive Erlebnisse im Schnee und wird zum führenden Schneesportgebiet der Ostschweiz für Kinder und Familien.

Die österreichische Hoteleriekette Jufa will ihr erstes Familienhotel in der Schweiz bei Ihnen in Wildhaus eröffnen. Wie weit ist dieser Plan oder hat sich daran etwas geändert?

Nach unserem Kenntnisstand verläuft die Projektenwicklung planmässig.

Zur Person
Urs Gantenbein, geboren am 1. April 1967, ist verheiratet und hat zwei jugendliche Kinder. Nach seiner Ausbildung zum Kaufmann in der Industrie zog es ihn nach mehreren Auslandaufenthalten in den Tourismus. Nach Fernstudium in Betriebsökonomie und der Weiterausbildung zum eidgenössischen diplomierten Tourismusexperten arbeitet er seit 1996 als Vorsitzender der Geschäftsleitung bei der Bergbahnen Wildhaus AG. Zuvor war er in der Hotellerie und in einer Tourismusorganisation tätig.

Zum Unternehmen
Die Bergbahnen Wildhaus AG begrüsst pro Jahr 160‘000 bis 200‘000 Gäste, transportiert bis zu 1,7 Millionen Personen, verpflegt pro Jahr ca. 120‘000 Personen und generiert rund 7‘000 Logiernächte. Das Einzugsgebiet im Tages- und Freizeittourismus umfasst im Umkreis von 1 ½ Fahrstunden rund 6 Millionen potenzielle Kunden. Die Unternehmung erarbeitet mit maximal 100 Mitarbeitern (Winter) im Durchschnitt der letzten sechs Jahre einen Umsatz von 7,4 Mio. Franken und ein Betriebsergebnis von 1,8 Mio. Franken, was 24 % des Gesamtertrags entspricht.

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