SGKB investment views: Die Ölschwemme nimmt kein Ende

SGKB investment views: Die Ölschwemme nimmt kein Ende
Von Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

St. Gallen – Im letzten November hat die OPEC eine drastische Kürzung der Rohöl-Fördermengen beschlossen. Dies hat den Ölpreis von 45 Dollar auf 55 Dollar pro Fass nach oben getrieben. Die Mitglieder der OPEC haben sich seither überraschend diszipliniert an ihre Förderquoten gehalten. Dennoch ist der Ölpreis wieder auf den Stand von vor der OPEC-Kürzung gefallen. Die Fracking-Produzenten in den USA haben den höheren Ölpreis dazu genutzt, ihre eigene Produktion wieder hochzufahren. Am 25. Mai entscheidet die OPEC in Wien nun über die Verlängerung ihrer Förderquoten.

Am letzten Donnerstag und Freitag ist der Preis für ein Fass Öl der Sorte WTI nach der Veröffentlichung der Produktionsdaten in den USA um 8% gefallen. Dieser Preissturz hat viel mit der Spekulation am Ölmarkt und mit technischen Faktoren zu tun, nachdem die Marke von 45 Dollar nach unten durchbrochen wurde.

Produktionsausweitung und volle Lager in den USA
Diese Bewegung darf nicht überinterpretiert werden. Ihr Auslöser ist aber ein Problem für die OPEC. Während diese ihre Produktion um bemerkenswerte 2 Mio. Fass pro Tag reduziert hat, drücken die Amerikaner täglich 1 Mio. Fass mehr aus dem Boden. Die Zahl der Produktionsanlagen in den USA hat sich seit dem letzten Sommer verdoppelt. Gegenüber dem Höchst von 2014 sind zwar nur halb so viele Anlagen in Betrieb. Ihre Produktivität ist aber so hoch, dass sie fast die gleiche Ölmenge produzieren wie 2014. Es wird erwartet, dass die Ölproduktion in den USA schon bald den Wert von 2014 übertreffen wird.

Es gibt auch positive Argumente für die Ölproduzenten. Das Wachstum der Weltwirtschaft gewinnt an Dynamik und Breite. Dies erhöht die Nachfrage nach Öl. Kurzfristig ist das aber nur ein Strohhalm, an den sich die Optimisten klammern. Es sprechen in den nächsten Monaten mehr Argumente gegen einen rasanten Anstieg des Preises. Neben der steigenden US-Produktion sind dies vor allem die übervollen Lager. Allein in den USA werden 530 Mio. Fass Öl gelagert. Das sind 170 Mio. Fass mehr als zu dieser Jahreszeit üblich. Bevor der Ölpreis deutlich und nachhaltig über 55 Dollar pro Fass steigen kann, müssen die Lager zuerst auf vernünftige Niveaus abgebaut werden.

Verlängerung der OPEC Förderquoten
Für die OPEC wird es am 25. Mai vor allem darum gehen, einen weiteren Zerfall des Preises zu verhindern. Sie könnte zwar versucht sein, die Amerikaner mit einem Preisdumping wieder aus dem Markt zu drängen. Dieser Weg wäre aber gefährlich und unsicher. Zudem weiss die OPEC, was passiert, wenn die Spekulation auf immer tiefere Ölpreise massiv zunimmt. Der Fall des Preises von 60 auf 30 Dollar vor einem Jahr und die dadurch ausgelösten Probleme für viele OPEC-Länder lassen grüssen. Die Verlängerung der aktuellen Förderquoten ist daher das wahrscheinlichste Ergebnis. Dies wird den Ölpreis stabilisieren und den Preis wieder in Richtung 50 Dollar bringen. Ich gehe deshalb davon aus, dass sich am Preisband zwischen 45 und 55 Dollar pro Fass so schnell nicht viel ändern wird.

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 35 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kunden-mandaten und Anlagefonds im Umfang von 6,0 Milliarden Franken. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

St. Galler Kantonalbank AG

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