EZB gibt keine Hinweise auf Ende der Geldflut

EZB gibt keine Hinweise auf Ende der Geldflut
EZB-Präsident Mario Draghi. (Foto: EZB/Flickr)

Frankfurt am Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht keinen Grund für Eile bei einem möglichen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik. Am Donnerstag entschieden die Währungshüter, die Leitzinsen und das milliardenschwere Wertpapierkaufprogramm unverändert beizubehalten. Anders als von vielen Experten erwartet hielten sie sich ausserdem weiterhin die Möglichkeit offen, bei Bedarf ihre Geldflut auszuweiten. Nach Spekulationen über eine baldige Straffung der Geldpolitik seit einer Rede des EZB-Präsidenten will Mario Draghi Experten zufolge nun beschwichtigen. Die Notenbank stehe vor einem Drahtseilakt.

Der Leitzins im Euroraum bleibt auf dem Rekordtief von null Prozent. Parken Geschäftsbanken Geld bei der Notenbank, kostet sie das weiterhin 0,4 Prozent «Strafzinsen». Zudem steckt die EZB noch bis mindestens Ende Dezember 2017 Monat für Monat 60 Milliarden Euro in den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen.

Draghi: Wollen keine schlechteren Finanzierungsbedingungen
Zwar habe die wirtschaftliche Erholung zuletzt an Breite gewonnen, sagte Draghi bei einer Pressekonferenz in Frankfurt. Doch dies schlage sich noch nicht in der Preisentwicklung nieder. Der Inflationsdruck bleibe verhalten und die Teuerungsrate dürfte in den kommenden Monaten weiter auf dem derzeitigen Niveau verbleiben. Eine substanzielles Mass an geldpolitischer Unterstützung sei weiterhin nötig.

Eine Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen in der Euro-Wirtschaft sei «das letzte», was die EZB wolle, so Draghi. Das Wertpapierkaufprogramm werde noch so lange weiter laufen, bis es eine substanzielle Inflationsbelebung gebe. Im EZB-Rat sei man sich darin einig gewesen, keine Angaben zu einem Zeitpunkt einer Änderung bei den Wertpapierkäufen zu machen. Bei der kommenden Sitzung im September werde man neue Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung vorlegen und die Lage neu bewerten können.

Experte: Draghi will Spekulationen um Straffung vermeiden
Draghi wolle offenbar Spekulationen auf eine baldige geldpolitische Straffung seit seiner Rede Ende Juni im portugiesischen Sintra nicht weiter anheizen, kommentierte Uwe Burkert, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg. Draghi hatte sich in Sintra sehr zuversichtlich zur Euro-Wirtschaft geäussert und die jüngste Schwäche bei der Inflation als vorübergehend bezeichnet. Seitdem haben die Anleihe-Renditen und der Euro deutlich zugelegt. Christian Lips, Experte bei der Landesbank NordLB, sieht die EZB vor einem Drahtseilakt: «Sie muss einen kontinuierlichen, aber vorsichtigen Ausstiegspfad finden, will sie Marktverwerfungen so weit wie möglich vermeiden.»

Er könne kaum glauben, dass es noch keine konkreten Überlegungen zum weiteren Umgang mit dem Wertpapierkaufprogramm gebe, meinte zudem Experte Burkert. «Ich vermute die EZB ist sich bereits jetzt einig das Programm im September zu verlängern – dann aber bitte mit einem geringeren monatlichen Kaufvolumen.»

Erhöhung des QE-Voluments weiterhin nicht ausgeschlossen
Die Währungshüter ziehen weiterhin eine mögliche Erhöhung des Volumens bei ihren Wertpapierkäufen in Betracht. Einige Experten und Anleger hatten erwartet, dass die EZB in ihrer Stellungnahme einen entsprechenden Passus ändern würde. Weiterhin heisst es dort aber, man sei – falls nötig – «bereit, das Programm im Hinblick auf Umfang und/oder Dauer auszuweiten.» Dies zeigt laut Ralf Umlauf, Experte bei der Landesbank Hessen-Thüringen, dass es die EZB mit der geldpolitischen Wende nicht besonders eilig habe.

Viele Experten hatten mit einer Änderung der Wortwahl gerechnet, was als Hinweis auf eine baldige Abkehr der EZB von ihrer lockeren Geldpolitik durch eine allmähliche Reduzierung der Wertpapierkäufe gewertet worden wäre. «Nun richten sich alle Augen auf den Auftritt Draghis bei der Fed-Konferenz in Jackson Hole Ende August», schreibt Jan Holthusen, Experte bei der DZ Bank. «Hier hatte er vor drei Jahren die Märkte auf das aktuelle Anleihekaufprogramm vorbereitet. Nun mutmassen viele, dass er dieses Forum nutzen könnte, die Kommunikation für die Beendigung dieses Programms einzuleiten.»

Unterschiedliche Reaktionen an den Finanzmärkten
Die Reaktionen an den Finanzmärkten auf die geldpolitischen Beschlüsse und auf Draghis Äusserungen fielen unterschiedlich aus. An den Anleihemärkten der meisten Euro-Länder gaben die Renditen nach, was tendenziell für die Erwartung einer lockeren Geldpolitik spricht. Der Eurokurs legte dagegen zu, was einige Beobachter auf Draghis positive Äusserungen zur Wirtschaft zurückführten. An den europäischen Aktienbörsen rutschten die Kurse ins Minus, nachdem sie zunächst keine klare Richtung gefunden hatten. (awp/mc/pg)

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