«Irma» wütet in der Karibik – einige Inseln unbewohnbar

«Irma» wütet in der Karibik – einige Inseln unbewohnbar
Immense Verwüstungen auf der Karibikinsel Barbuda.

San Juan – Zerstörte Häuser, überflutete Strassen, entwurzelte Bäume: Hurrikan «Irma» hat eine Schneise der Zerstörung durch die Karibik geschlagen. Der Wirbelsturm der höchsten Kategorie fünf richtete schwere Verwüstungen an und riss mehrere Menschen in den Tod. Die Schäden auf den Inseln Barbuda, Anguilla und Saint-Martin wurden als katastrophal beschrieben. Einige Gegenden gelten als unbewohnbar. «Mindestens 95 Prozent der Gebäude in Barbuda wurden beschädigt. 60 Prozent der Bevölkerung sind obdachlos», sagte der Premierminister von Antigua und Barbuda, Gaston Browne.

Wie viele Menschen ums Leben kamen, blieb zunächst unklar. Frankreichs Premierminister Edouard Philippe sagte am Donnerstag, im Überseegebiet Saint-Martin seien vier Tote gefunden worden. Er betonte, die Bilanz sei noch unsicher. Innenminister Gérard Collomb hatte zuvor von acht Toten gesprochen. «Es ist eine grosse Katastrophe. 95 Prozent der Insel sind zerstört», sagte der Präsident des Territorialrats von Saint-Martin, Daniel Gibbs, im Radiosender RCI.

Im britischen Überseegebiet Anguilla und auf Barbuda kamen zwei Menschen ums Leben. UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich bestürzt über die Todesopfer und die Verwüstungen in der Karibik. Den Menschen und Regierungen der Gebiete sprach er sein Beileid aus.

Nach dem Durchzug von «Irma» begannen auf den Kleinen Antillen im Südosten der Karibik die Aufräumarbeiten. Vom französischen Übersee-Département Guadeloupe aus wurden 400 Gendarmen und 400 Feuerwehrleute in das Gebiet geschickt. Zwei Fregatten, zwei Aufklärungsflugzeuge, Transportflugzeuge und Helikopter sind im Einsatz.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May vereinbarten eine enge Zusammenarbeit, um das Ausmass der Zerstörung zu erfassen und die Rettungsmassnahmen zu koordinieren. Die niederländische Regierung schickte zwei Marineschiffe mit Hilfsgütern zu der französisch-niederländischen Insel Saint-Martin. Ausserdem sollten von der Karibikinsel Curacao aus Militärflugzeuge mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln starten.

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen könnten in den kommenden Tagen bis zu 37 Millionen Menschen von den Auswirkungen des Sturms betroffen sein. Der Hurrikan passierte am Donnerstag die Dominikanische Republik sowie Haiti und sollte dann weiter Richtung Kuba, Bahamas und Florida ziehen.

«Irma» ist einer der stärksten jemals in der Region registrierten Tropenstürme mit Spitzen-Windgeschwindigkeiten von 290 Kilometern pro Stunde. Der Hurrikan war am Mittwochmorgen auf der kleinen Karibikinsel Barbuda erstmals auf Land getroffen. Die Insel sei praktisch unbewohnbar geworden, sagte Premierminister Browne. «Die ganze Insel steht unter Wasser.» Barbuda hat knapp 2000 Einwohner.

Tausende Touristen evakuiert
Auch zahlreiche Karibikurlauber waren vom Hurrikan betroffen. In der Dominikanischen Republik brachten die Behörden rund 7500 Touristen in Sicherheit. In Kuba wurden rund 36’000 Urlauber von der besonders gefährdeten Nordküste an sicherere Orte gebracht, wie das staatliche Fernsehen berichtete.

Klimawandel verschärft Wetterextreme
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace warnte, dass durch den Klimawandel verschärfte Wetterextreme immer mehr Menschen aus ihrer Heimat vertreiben könnten. «Die menschgemachte Klimaerhitzung verschärft die zerstörerische Kraft der tropischen Stürme», sagte Klimaexperte Karsten Smid.

Frankreichs Präsident Macron forderte bei einem Treffen mit dem griechischen Staatspräsidenten Prokopis Pavlopoulos internationale Massnahmen gegen die globale Erderwärmung. Er verwies dabei auf die schweren Schäden und die vielen Opfer in der Karibik durch den Hurrikan «Irma». «Alle Entscheidungen, die wir von nun an auf der europäischen Ebene und internationaler Ebene treffen, müssen die globale Erwärmung bekämpfen», sagte er.

Mit Sorge blickten Hilfsorganisationen auf das bitterarme Haiti. Dort leiden die Menschen noch immer unter den Auswirkungen des Erdbebens von 2010 und Hurrikan «Matthew» im vergangenen Jahr. Viele Haitianer leben in provisorischen Unterkünften und sind schlecht auf einen neuerlichen Tropensturm vorbereitet. «Wir erwarten schwere Schäden an der Nordküste», sagte Georg Dörken von der Welthungerhilfe.

«Irma» dürfte am Samstag auf Florida treffen
Es gilt als wahrscheinlich, dass «Irma» am Samstag auf den US-Staat Florida trifft. Floridas Gouverneur Rick Scott rief die Einwohner des Bundesstaates zu äusserster Vorsicht auf. Man müsse davon ausgehen, dass grosse Teile Floridas und beide Küsten betroffen sein könnten.

In Teilen von Floridas Süden, etwa auf der Inselkette der Florida Keys, wurden Evakuierungen angeordnet. Jeder müsse sich darauf vorbereiten, sein Zuhause zu verlassen, sagte Scott. «Irma» sei «grösser und schneller» als Hurrikan «Matthew», der Florida im vergangenen Jahr traf. Der bevorstehende Sturm sei in vielen Teilen Floridas lebensgefährlich.

Scott appellierte an Tankstellenbetreiber, so lange wie möglich geöffnet zu bleiben. «Kraftstoff ist sehr wichtig. Wir tun alles, um die Versorgung aufrecht zu erhalten», sagte er. So würden etwa Tanklastzüge von Polizeieskorten begleitet, um sie schneller zum Ziel zu führen. In vielen Orten wappneten sich die Menschen mit Hamsterkäufen. Vor Supermärkten bildeten sich lange Schlangen. Auf den Strassen stockte der Verkehr. (awp/mc/pg)

NASA: Verlauf «Irma»

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