Hupac: Infrastrukturen statt Subventionen für Verlagerung

Hupac: Infrastrukturen statt Subventionen für Verlagerung

Zürich – Gezielte Infrastrukturanpassungen könnten den kombinierte Verkehr leistungsfähiger machen und Fördergelder einsparen. Für die NEAT-Südanschlüsse schlägt Hupac ein Zwei-Stufen-Modell mit einem zeitnahen, massvollen Ausbau der Luino-Linie vor.

„Wenn 2017 der Gotthard-Basistunnel und 2019 der Ceneri-Basistunnel in Betrieb gehen, müssen die Kombiverkehrszüge auf dem Nord-Süd-Korridor via Schweiz weiterhin unter nicht wirtschaftlichen Bedingungen fahren“, warnte Hans-Jörg Bertschi, Präsident des Verwaltungsrats der Hupac AG, anlässlich der Bilanz-Medienkonferenz in Zürich. Entscheidend ist die Produktivität: Der kombinierte Verkehr ist erfolgreich und profitabel, wenn lange Züge auf langen Strecken mit geringen Neigungen zu vernünftigen Transitzeiten verkehren und die gängigen hochvolumigen Ladeeinheiten transportieren können. Die Parameter wurden 1991 in dem „Europäischen Übereinkommen über wichtige Linien des Kombinierten Verkehrs“ festgehalten. Sie lauten 750 Meter Zuglänge, 4-Meter-Profil und maximale Streckenneigung von 12‰.Doch die südlichen Zulaufstrecken zum Gotthard-Basistunnel weisen wesentlich niedrigere Parameter auf: durchschnittlich 575 Meter Zuglänge, 3,80-Meter-Profil und eine Neigung von bis zu 21‰ auf der Strecke via Chiasso, was weiterhin den kostentreibenden Einsatz zweier Lokomotiven erfordert. „Damit darf sich die Politik nicht zufrieden geben, wenn sie das Ziel der Verkehrsverlagerung ernsthaft verfolgen will“, so Bertschi.

Produktivität erhöhen, Fördermittel senken
Von einer höheren Produktivität und einer verbesserten Marktfähigkeit des Schienengüterverkehrs profitieren die Bahnbranche und die Logistik, aber auch die Verkehrsverlagerung und nicht zuletzt die Staatskassen. Denn wettbewerbsfähige Produktionsbedingungen sind der sicherste Weg, um die Subventionen im alpenquerenden kombinierten Verkehr abzubauen. In allen europäischen Ländern, welche leistungsfähige Güterverkehrskorridore aufweisen, verkehrt der kombinierte Verkehr ohne Subventionen. „Ein Ausbau der Infrastrukturen auf eine Zuglänge von 750 und ein Profil von 4 Metern erhöht die Produktivität des kombinierten Verkehrs um 30%“, rechnet Bertschi vor. „Die Politik müsste alles Interesse daran haben, die knappen öffentlichen Mittel in nachhaltige Infrastrukturen anstatt in kurzfristige Fördermassnahmen zu investieren.“

Chance für eine nachhaltige Gütermobilität
„Die Flachbahn via Gotthard ist eine Riesenchance für den kombinierten Verkehr. Wir sollten sie nicht verspielen, indem wir den Ausbau der Zufahrtsstrecken hinauszögern“, so Hupac Direktor Bernhard Kunz. Nach Eröffnung des Gotthard-Basistunnels sei mit einer deutlichen Senkung der Betriebsbeiträge zu rechnen. Wenn bis zu diesem Zeitpunkt die Produktivität des kombinierten Verkehrs nicht durch längere, schwerere Züge kompensiert werden könne, sei mit einer Rückverlagerung des Schwerverkehrs auf die Strasse zu rechnen. „Dies beeinträchtigt die Mobilität auf den heute schon überlasteten Strassen – ein Thema, das uns alle angeht.“

Bestehende Luino-Linie massvoll ausbauen
Der Gotthard-Basistunnel wurde gebaut, um einen leistungsfähigen Güterverkehrskorridor für die Verkehrsverlagerung bereitzustellen. Der damals geäusserte Volkswille sollte auch heute respektiert werden. Unverzichtbar ist die Anpassung der Zulaufstrecken, damit das Potenzial der Flachbahn über den ganzen Korridor genutzt werden kann. Auf der Südseite der Alpen sollte die Priorität in einer ersten Phase auf der Luino-Strecke liegen, denn dieser Ast bewältigt etwa 80% des Kombiverkehrs via Gotthard und bedient die bestehenden Terminals im Raum Busto Arsizio/Novara. Parallel muss der Korridor via Chiasso in Angriff genommen werden. Dies erfordert den Bau einer neuen Güterverkehrsstrecke zwischen Seregno und Bergamo sowie von Umschlagterminals, denn im Knoten der Millionen-Metropole Mailand bestehen zurzeit keine adäquaten Kapazitäten. Für die Umsetzung dieses Vorhabens müssen einige Jahrzehnte veranschlagt werden. Umso dringender ist es, die bestehende Güterverkehrslinie via Luino zur Überbrückung dieses Zeitraums aufzuwerten. Diese relativ unbekannte Strecke ist fester Bestandteil des Güterverkehrskorridors Rotterdam-Genua. Mit massvollen Mitteln kann sie an die internationalen Standards angepasst werden. Zudem ermöglicht sie eine korridorweite Streckenneigung von maximal 12‰. Auch Italien profitiert vom Anschluss an leistungsfähige Bahninfrastrukturen für den Güterexport. Langfristig sollte der kombinierte Verkehr ausgewogen über die drei Linien via Luino, Chiasso und Domodossola geführt werden. „Das ist wirtschaftlich, sozial und ökologisch die nachhaltigste Lösung.“, so Kunz.

Interoperabilität als Wachstumsmotor
Erhebliche Produktivitätsfortschritte erwartet Hupac auch von einem einheitlichen europäischen Eisenbahnraum, wie er von der EU angestrebt wird. Derzeit existieren in Europa über 20 nationale Systeme für Signalgebung und Geschwindigkeitsüberwachung, die untereinander nicht kompatibel sind. Technische Ineffizienzen dieser Art sind ein wesentliches Hindernis für den Schienengüterverkehrsmarkt. Die anvisierte Lösung durch Einführung eines europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystems (ERMTS) wird jedoch durch zahlreiche Länder hinausgezögert. Als aktives Mitglied der European Rail Platform unter EU-Vizepräsident und Verkehrskommissar Siim Kallas schlägt Hupac ein korridorbezogenes Umsetzungskonzept vor. Der Korridor Rotterdam-Genua mit der Flachbahn via Gotthard und die bereits geplanten Ausrüstung der Schweiz könnte der erste voll interoperable Korridor Europas werden.

Verkehrsentwicklung 2011
Im Berichtsjahr 2011 beförderte Hupac insgesamt 723.894 Strassensendungen auf ihrem europäischen Netzwerk. Damit konnte das Rekordvolumen des Jahres 2008 übertroffen werden. Während im ersten Semester noch zweistellige Zuwachsraten erzielt wurden, verlangsamte sich das Wachstum im zweiten Semester 2011 als Folge des Konjunkturabschwungs. Gesamthaft erzielte Hupac eine Steigerung von 6,6%. Positiv wirkte sich die Weiterführung der Fördermassnahmen seitens des Bundesamts für Verkehr aus. Die zusätzlich gesprochenen finanziellen Mittel minderten den Preisdruck der Strasse und beugten der Gefahr einer Rückverlagerung auf die Strasse vor. Negativ wurde die Verkehrsentwicklung durch die niedrige Verfügbarkeit des Rollmaterials beeinflusst. Intensivierte Instandhaltungsmassnahmen und eine Rückrufaktion von Rollmaterial bewirkten phasenweise einen Wagenmangel. Als Folge mussten auf einigen Verbindungen Kapazitätsanpassungen vorgenommen werden.

Zufriedenstellendes Jahresergebnis
Trotz der erfolgten Volumensteigerung verringerten sich im Berichtsjahr 2011 die Erlöse aus Lieferungen und Leistungen der Hupac Gruppe wechselkursbedingt um 2,3% auf CHF 493,1 Mio. Zu konstanten Wechselkursen ist der Umsatz um 7,3% gestiegen. Der Jahresgewinn der Gruppe ist im Berichtsjahr 2011 um 17,3% auf gut CHF 2,6 Mio. zurückgegangen. Die schwierige Währungssituation und der stark negative Einfluss der Wagenrückrufaktion haben zu diesem eher bescheidenen Ergebnis geführt. Die Investitionen beliefen sich auf CHF 59,3 Mio.; davon entfielen CHF 40 Mio. auf Investitionen in Sachanlagen, welche vornehmlich die Anschaffung von Bahnwagen, die Vervollständigung des Terminals Busto Arsizio-Gallarate und den Ausbau des Hauptsitzes in Chiasso betrafen.

Ausblick für 2012
Die im Herbst 2011 eingetretene Konjunkturabschwächung setzt sich im laufenden Jahr fort und bewirkte im ersten Quartal einen Verkehrsrückgang von 7,2% gegenüber einer sehr starken Vorjahresperiode. Dennoch konnte Hupac das Angebot verbessern. Im Fokus standen die Neustrukturierung des Angebots Skandinavien <-> Italien in Zusammenarbeit mit Intercontainer Scandinavia und die Anbindung des Kombi-Netzes in Frankreich in Kooperation mit dem Partner SNCF. Seit April 2012 führt Hupac einen Company Train zwischen Edirne in der Türkei und Wien. Ebenfalls im April ist ein neuer Shuttlezug zwischen Rothenburg im Raum Luzern und Busto Arsizio-Gallarate gestartet.

Die wirtschaftliche Instabilität dämpft den Warenaustausch und mindert die Nachfrage nach Transportleistungen. „Für 2012 stellen wir uns auf ein geringes Wachstum mit einer starken Tendenz zur Volatilität ein. Wir nutzen die Wachstumspause für Prozessverbesserungen und die Vorbereitung auf die neuen Produktionsbedingungen nach Eröffnung des Gotthard-Basistunnels – gemeinsam mit unseren Partnern“, erklärt Hupac Direktor Bernhard Kunz.

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