Cyrill Schneuwly, CEO Intershop

Von Radovan Milanovic


Moneycab: In 2009 war Intershop in allen drei Zielvorgaben erfolgreich, der Reduktion der Leerstandsquote, der Mehrwertschaffung durch erfolgreiche Verkäufe entwickelter Liegenschaften sowie dem Erwerb von Liegenschaften mit Mehrwertpotential. Wie zeigen sich die ersten Monate dieses Jahres tendenziell in Bezug auf Ihre Zielsetzungen? Gehen Sie davon aus, dass Intershop diese auch im laufenden Jahr erfüllen kann?


Cyrill Schneuwly: Bisher konnten wir keine gegenüber dem Vorjahr wesentlich veränderte Geschäftsentwicklung feststellen. Wie wir bereits kommuniziert haben, erwarten wir aus dem Verkauf von Promotionsliegenschaften einen Vorsteuergewinn von rund CHF 15 Mio., so dass wir auch im 2010 erarbeitete Mehrwerte realisieren werden. Für Aussagen zur Entwicklung des Leerstandes wie auch bezüglich der Akquisition ist es noch zu früh. Selbstverständlich sind wir bemüht, auch im laufenden Jahr bei diesen zwei Zielvorgaben positive Ergebnisse erzielen zu können.


Der Konzern weist per Ende Jahr eine Fremdkapitalquote von nur 1,6% oder 3,756 Mio. CHF, gemessen am Gesamtkapital auf. Aufgrund des tiefen Zinsniveaus hätten Sie die Möglichkeit, am Markt günstiges Fremdkapital zu beschaffen um neue Projekte zu finanzieren und mit dem Leverage die Rendite zu steigern.


Unsere Eigenkapital betrug Ende 2009 rund CHF 520 Mio. resp. 41,8% der Bilanzsumme und lag somit über unserer strategischen Zielvorgabe. Zurzeit besteht effektiv die Möglichkeit, weitere verzinsliche Fremdmittel zu sehr attraktiven Bedingungen auf zu nehmen. Zusätzliche Kreditaufnahmen machen für uns aber nur Sinn, wenn wir das Geld auch ertragsbringend investieren können. Die Situation auf dem Immobilienmarkt hat sich jedoch bisher nicht verändert. Nach wie vor besteht eine sehr grosse Nachfrage noch Investitionsmöglichkeiten, so dass wir nur in Einzelfällen in der Lage sind, Akquisitionen mit Mehrwertpotential zu tätigen. Wir haben aber von den historisch tiefen Zinssätzen dahingehend profitiert, dass wir im letzten Jahr die durchschnittliche Zinsbindung um mehr als ein Jahr erhöht haben und trotzdem den durchschnittlichen Zinssatz reduzieren konnten.


Intershop Holding AG hat per Ende 2009 das Einkaufszentrum Shopping Seen in Winterthur für 55,5 Mio. CHF an die Swisscanto Anlagestiftung verkauft. Planen Sie eine Ersatzinvestition?


Wir würden gerne das Geld aus unseren Verkäufen im schweizerischen Immobilienmarkt reinvestieren. Die Möglichkeiten zu Investitionen mir Mehrwertpotential sind jedoch, wie erwähnt, rar. Da wir nicht von unseren Renditeanforderungen abweichen möchten, behalten wir uns vor, die Gelder weiterhin mittels einer hohen Dividende an die Aktionäre zurück zu führen.


«Trotz des hohen Leerstands erzielten wir im 2009 eine Netto-Objektrendite von 5,9%. Wir sehen deshalb unsere Leerstände nicht als Risiko oder Problem sondern als Möglichkeit, die bereits heute hohe Nettorendite weiter zu steigern bzw. weitere Mehrwerte zu schaffen.»
Cyrill Schneuwly, CEO Intershop


Die Leerstandsrate des Immo-Portefeuilles von Intershop hat sich im vergangenen Jahr um 0,4% auf 10,8% verbessert. Trotzdem ein vergleichbar hoher Wert in Anbetracht der von Wüest und Partner veröffentlichten Leerstandsraten für 2009 der Wohnobjekte in Zürich von 0,3%, bzw. Basel und Genf mit 3,1% und 2,2%. Bei den Büro-Immobilien lagen diese bei 2,3% (Zürich), 1,6% (Basel) und 2,1% (Genf). Wie begründen Sie Ihre Rate?


Die vergleichsweise hohe Leerstandsquote ist in unserer Strategie begründet. Wir veräussern vollvermietete, investorentaugliche Liegenschaften und erwerben in der Regel Objekte mit einem Problem, welches wir lösen möchten. In vielen Fällen sind dies Leerstände. In den letzten fünf Jahren konnten wir, trotz dieser Strategie, die Leerstandsquote von über 18% auf knapp 11% reduzieren. Dabei ist noch zu beachten, das der Leerstandsabbau unter Ausschluss der Zu- und Abgänge (like-for-like) noch substantiell besser ausgefallen wäre. Trotz des hohen Leerstands erzielten wir im 2009 eine Netto-Objektrendite von 5,9%. Wir sehen deshalb unsere Leerstände nicht als Risiko oder Problem sondern als Möglichkeit, die bereits heute hohe Nettorendite weiter zu steigern bzw. weitere Mehrwerte zu schaffen.


Andere schweizerische Immobiliengesellschaften wie z.B. Swiss Prime Site konzentriert ihre Investitionen auf die grossen Städte wie Zürich, Genf und Basel. Das Immobilienportfolio von Intershop deckt hingegen das ganze Mittelland ab. Haben sie geographische Präferenzen?


Wir investieren primär in den grossen Wirtschaftszentren der Schweiz und entlang der A1. Aufgrund unseres opportunistischen Einkaufsverhaltens sind wir jedoch grundsätzlich offen gegenüber Investitionen in den meisten Regionen der Schweiz. Ausschlaggebend für den Investitionsentscheid ist die Mikrolage des Objektes, das Preis-/Leistungsverhältnis der Mietflächen aber natürlich auch unsere grundsätzliche Einschätzung, ob die entsprechende Nutzung an der betreffenden Stelle nachgefragt wird.


Die aktuelle Flucht in Sachwerte ist ein Dilemma vieler Anleger: Steigende Preise für A-Lagen bei geringeren Renditen, während zweit- und drittklassige Objekte wohl billiger, jedoch wegen tieferer Einnahmen und wirtschaftlicher Abhängigkeit in der Region risikoreicher sind.


Wir sehen in dieser Entwicklung Chancen für Investoren, Objekte mit einem interessanten Rendite-/Risikoprofil zu erwerben. Ausschlaggebend ist, dass die Käufer das Risiko erkennen, im Preis berücksichtigen und auch damit umgehen können.


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Es fällt auf, dass Sie Bauten in weniger zentralen, den B-Lagen tätigen. Diese sind wohl günstiger als Investitionen in zentrumsnahen und gut erschlossenen Gebieten. Bergen diese nicht grössere Risiken aufgrund der wirtschaftlichen Konzentration auf Ballungsgebiete?


Diese Aussage ist nicht zutreffend. Ende 2009 befanden sich wertmässig rund 50% unserer Renditeliegenschaften in den drei Städten Zürich, Genf und Basel. Hierzu kommen substantielle Investitionen in der Agglomeration dieser Städte sowie in Bern, Lausanne, St. Gallen und Winterthur. Auch in diesen Städten befinden wir uns in der Regel an zentralen für die entsprechende Nutzung gut geeigneten Standorten. Generell beurteile ich diese plakative Differenzierung in A-Lagen, welche sich nach Ansicht vieler Personen nur in Grossstädten befinden, und den Rest der Schweiz als problematisch. Sie widerspiegelt sehr stark die Optik grosser Investoren und Berater, welche auch in den Grossstädten zu Hause sind. Wir sind überzeugt, dass man auch in der Zukunft im Mittelland und in kleineren und mittleren Städten der Schweiz sowohl wohnen wie auch arbeiten wird. Das Mietpreisniveau ist selbstverständlich deutlich tiefer als in den Grossstädten. Dafür ist der Mietpreis nach unten auch relativ gut abgesichert, da es bei den Baukosten in der Schweiz nicht sehr grosse Preisunterschiede gibt. Da Investoren, unabhängig vom Standort ihres Engagements, eine minimale Rentabilität verlangen, bestehen für neu erstelle Objekte minimale Mietzinsen, die zum Teil deutlich über der Marktmiete von sogenannten B- und C-Lagen liegen. Aus diesem Grunde ist die Flächenexpansion an solchen Lagen auch sehr gering. Dies im Gegensatz zu den Grossstädten wie zum Beispiel Zürich.


«Nach wie vor besteht eine sehr grosse Nachfrage noch Investitionsmöglichkeiten, so dass wir nur in Einzelfällen in der Lage sind, Akquisitionen mit Mehrwertpotential zu tätigen.»


Intershop ist keiner Finanzgruppe oder Immobilen-Investorengruppe wie Pensionskasse angeschlossen. Wie finden Sie Ihre Investitionsobjekte?


Intershop verfügt, als älteste börsenkotierte Immobiliengesellschaft der Schweiz, über einen relativ grossen Bekanntheitsgrad. Entsprechend werden uns sehr viele Kaufsangebote zur Kenntnis gebracht. Ferner verfügen wir selbstverständlich über ein Netzwerk von Beziehungen, welches wir pflegen und ausbauen, um ein möglichst umfassendes Bild des Transaktionsmarktes zu erhalten.


Welche Art von Projekte stehen bei Intershop auf der Kaufliste, kombinierte Objekte, Mietwohnungs- und/oder gewerbliche Immobilen?


Aufgrund unseres opportunistischen Einkaufes prüfen wir diverse Nutzungsarten. Das mit der jeweiligen Nutzung zusammenhängende Risikoprofil muss sich selbstverständlich in der Rendite abbilden.


Ökonomen prognostizieren bei gewerblichen Liegenschaften in der Schweiz ein Überangebot. Trotzdem wird durch die Bautätigkeit Ihrer Konkurrenten im Immobiliengeschäft das Angebot weiter vergrössert. Wird ein solcher Mietpreisdruck auch Ihre gewerblichen Projekte betreffen?


Wir sind schwergewichtig in Liegenschaften im mittleren Preissegment und an guten Lagen investiert. Aufgrund des verstärkten Preisbewusstseins der Mieter ergeben sich deshalb vermehrt Chancen neue Mieter zu gewinnen, die aus betriebswirtschaftlichen Gründen bereit sind, aus einer prestigeträchtigen Lage auszuziehen.


Da die Wirtschaftslage in der Schweiz nicht mehr die beste ist, verlangsamt sich der Zustrom ausländischer Einwanderer. Stellen Sie eine Verlangsamung der Nachfrage nach Wohnungen fest?


Die Einwanderung 2009 hat sich gegenüber dem Rekordjahr 2008 effektiv zurück gebildet, befindet sich jedoch noch immer auf einem historisch gesehen hohen Wert. Wir konnten deshalb auch noch keinen Rückgang der Nachfrage nach Wohnungen feststellen.


Kleinere Zuwanderung bei steigendem Angebot nach Wohnungen? Mit welchen Massnahmen wollen Sie die Leerstandrate weiter verbessern?


Die sich in Bau befindlichen Wohnungen befinden sich effektiv auf einem vergleichsweise sehr hohen Niveau. Da jedoch die Baubewilligungen seit mehreren Quartalen rückläuft sind, hat die Branche rechtzeitig darauf reagiert. Unter Berücksichtigung der sehr tiefen Leerstandsquote im Wohnbereich sehen wir deshalb keinen Grund zur Beunruhigung.


Wie sehen Sie die künftige Entwicklung des schweizerischen Immobilienmarktes?


Wir sind unverändert positiv, auch wenn möglicherweise in nächster Zeit nicht mit Wertzunahmen gerechnet werden kann, wie wir sie in den letzten Jahren gesehen haben.


Ein Vergleich der Renditen der drei schweizerischen Immobiliengesellschaften zeigt auf, dass Intershop mit 6,29% am besten rentiert, gefolgt von Swiss Prime Site mit 5,65% und Allreal mit 4,0%. Die Gegenüberstellung von Renditen zeigt die Präferenzen der Investoren in Bezug auf ihre Risikoaversion. Anscheinend stehen sie der Geschäfts-, bzw. Gewinnentwicklung von Intershop eher skeptisch gegenüber.


Die Dividendenrendite kann meines Erachtens nur bedingt Massstab für die Beurteilung einer Gesellschaft oder sogar für das Vertrauen der Investoren sein. So berücksichtigt diese zum Beispiel nicht, wie hoch die Ausschüttungsquote ist. Diese hängt stark vom Geschäftsmodell der Gesellschaften ab. Wir fühlen uns einer aktiven Eigenkapitalbewirtschaftung verpflichtet, weshalb wir Gewinne, welche wir nicht in absehbarer Zukunft reinvestieren können, an die Aktionäre ausschütten. Die Folge im heutigen Umfeld ist die hohe Dividendenrendite. Würde man zum Beispiel den Aufpreis zum Net Asset Value als Mass des Vertrauens der Investoren nehmen, da diese nur bereits sind, einen Aufpreis zu bezahlen, wenn sie nachhaltig an den Erfolg der Gesellschaft glauben, sähe das Bild ganz anders aus. Ich bin jedoch überzeugt, dass professionelle Investoren nicht nur ein oder zwei Kennzahlen anschauen sondern sich ein Bild über die Strategie und deren Umsetzung in den letzten Jahren machen. Wir sind überzeugt, dass Aktionäre der Intershop auch in Zukunft mit ihrem Investment eine erfreuliche Gesamtperformance erzielen werden.





Der Interviewpartner
Cyrill Schneuwly, 1963, Betriebsökonom FH sowie dipl. Wirtschaftsprüfer. Seine Tätigkeiten umfassten Aufgaben im Bankwesen, der Wirtschaftsprüfung und ?beratung sowie als Corporate Controller. Von 1998 bis 2008 oblag ihm die Aufgaben als Chief Financial Officer und ab Juli 2008 als Chief Executive Officer der Intershop-Gruppe.


Das Unternehmen
Intershop ist ein in der Schweiz tätiges Immobilienunternehmen, welches vorwiegend in kommerzielle Liegenschaften investiert. Das Portfolio am 31.12.2009 umfasste 71 Liegenschaften mit einer vermietbaren Fläche von rund 585?000 m2 und einem Marktwert von über einer Milliarde Schweizerfranken. Intershop investiert vornehmlich im Wirtschaftsraum Zürich, im Genferseegebiet und entlang der Hauptverkehrsachsen. Das Portfolio kombiniert hohe Ertragskraft und Sicherheit dank nutzungsgemässer und geographischer Diversifikation mit einem beachtlichen Mehrwertpotential in den entwicklungsfähigen Liegenschaften. Intershop ist seit 1972 an der SIX Swiss Exchange kotiert und weist eine Börsenkapitalisierung von rund CHF 620 Mio. auf.

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