Reto Dürrenberger, Mitgründer und CEO «Rent a Rentner»

Reto Dürrenberger, Mitgründer und CEO «Rent a Rentner»

Reto Dürrenberger, CEO und Mitgründer von Rent a Rentner. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Dürrenberger, seit fast fünf Jahren gibt es die Online-Plattform «Rent a Rentner», auf der aktive Rentner ihre Dienstleistungen anbieten oder seit dem vergangenen Jahr sogar als Grosspapi oder Grossmami adoptiert werden können. Wie ist die Idee zu «Rent a Rentner» entstanden?

Reto Dürrenberger: Der Vater meiner Partnerin stand wenige Monate vor der Pensionierung und kam in unsere Werbeagentur zu einem Kaffee. Er meinte, dass er zwar jetzt dann pensioniert werde, aber noch lange nicht zum alten Eisen gehören wolle. Und dass er noch was leisten möchte. Wir diskutierten darüber und kamen zum Schluss, dass manch andere Rentnerinnen und Rentner dasselbe Problem hätten. So entstand diese Geschäftsidee.

Wie viele Rentner können heute über die Plattform «gemietet» werden?

Momentan sind es fast 2900, schweizweit.

Überrascht Sie der mittlerweile doch sehr grosse Zuspruch der «Miet-Rentner»?

Jein. Wir hatten diese Idee 2009 und dachten damals noch nicht recht daran, dass diese Geschäftsidee derart einschlagen würde. Obwohl wir festgestellt hatten, dass es eine solche Idee schweiz-/weltweit noch nicht gab in dieser Form. Am Anfang war es noch zudem eher eine grüne Wiese für uns als Agentur (Werbeanstalt), um kreativ zu sein und dabei keinen Kunden im Rücken zu haben, der einem bremst. 2013 machten wir dann aus Spass ernst und professionalisierten alles – unter anderem auch das Portal.

«Mehrheitlich geht es darum, noch aktiv zu sein und von der Gesellschaft gebraucht zu werden.»
Reto Dürrenberger, Mitgründer und CEO «Rent a Rentner»

Was sind die Beweggründe der Rentner? Wollen sie, häufig noch im sogenannt besten Alter, einfach noch aktiv sein, geht es mehr um den sozialen Aspekt oder darum, die Rente aufzubessern?

Mehrheitlich geht es darum, noch aktiv zu sein und von der Gesellschaft gebraucht zu werden. Fakt ist, dass vor 20 Jahren ein 65-jähriger Mann zum alten Eisen gehörte. Das ist heute nicht mehr so. Unsere Rentnerinnen und Rentner in der Schweiz sind mehrheitlich im Saft und voll Energie. Einzelne arbeiten in der Tat auch, um ihre Rente und AHV aufzubessern. Es gibt leider auch in der reichen Schweiz eine sogenannte Altersarmut.

Für welche Aufgaben werden Rentner am häufigsten gebucht?

Das kommt auf die Saison darauf an. Im Frühling Gartenarbeiten und Steuererklärungen, im Sommer eher Ferien-Services und im Herbst dann wieder eher Gartenarbeiten. Aber inzwischen ist alles vielfältig, alles wird gebraucht und genutzt. Wir haben derzeit 320 verschiedene Rubriken und Subrubriken, die angeboten werden.

Welches waren die bisher ausgefallensten Aufträge?

Peter Hiltebrand, Mitgründer der Firma, bekam vor gut einem Jahr eine Anfrage von einer Rentnerin für eine Begleitung in die Ferien nach Zypern. Meine persönliche Lieblingsgeschichte: eine 85-jährige Frau bucht alle paar Wochen einen 75-jährigen Rentner für Gartenarbeiten. Jeweils für vier Stunden. Arbeiten tut der Rentner jeweils eine Stunde im Garten, die restlichen drei Stunden sitzt er mit der Dame am Tisch und trinkt Kaffee und isst Kuchen. Und jetzt noch das Sahnehäubchen: die 85-jährige Frau geht jeweils einen Tag bevor sie diesen Besuch erhält, zum Coiffeur. Ist das nicht schön, nicht wunderbar? Es gibt noch viel mehr solche Geschichten.

Wie oft sind es denn Private und wie oft Unternehmen oder Organisationen, die sich auf der Plattform nach einer Teilzeitkraft umsehen?

Es sind mehrheitlich Private. Das Verhältnis schätze ich mal 80/20. Es gibt auch zahlreiche Organisationen, die sich einen Rentner buchen. Vor kurzem war das beispielsweise eine Pfadfinder-Organisation oder letzte Woche eine Werbeagentur, die eine Botschafterin für eine Kampagne suchte.

«Es handelt sich bei den gebuchten Arbeiten mehrheitlich um Kleinstarbeiten.»

Ist Rent a Rentner auch eine Antwort darauf, dass es doch eigentlich ein Unding ist, auf die Arbeitskraft und das Wissen von Älteren zu verzichten, insbesondere dort, wo junge Fachkräfte fehlen?

Absolut! Die Rentnerinnen und Rentner heute verfügen über ein immenses Knowhow, egal in welcher Branche. Sie verfügen noch über die Werte, über die heute vielfach geklagt wird. Ein Rentner haut sie mit Garantie nie übers Ohr. Ein Rentner hat Zeit und nimmt sich die Zeit, die er braucht, um einen Auftrag zu erfüllen. Ein Rentner hat schliesslich keinen Druck und keinen Chef im Hintergrund, der ihm Vorgaben macht, wie viele Stunden er zu arbeiten hat. Die Rentner arbeiten schliesslich gerne.

Müssen Sie auch Vorwürfen entgegentreten, die Rentner würden kleinen Unternehmen die Arbeit wegnehmen?

Natürlich kann dies vorkommen, zum Beispiel bei den Steuererklärungen. Ja, das würde wahrscheinlich auch gerne ein ausgewiesener Buchhalter machen. Aber sonst kommt das wenig vor. Es handelt sich bei den gebuchten Arbeiten mehrheitlich um Kleinstarbeiten. Arbeiten, die sonst niemand machen möchte resp. kein Kleinunternehmen sich damit auseinander setzen möchte: Zum Beispiel: ein Bild aufhängen, eine Glühbirne ersetzen, einen Ikea-Schrank zusammen bauen, die Klo-Brille wechseln und und und.

Rent a Rentner ist eine Online-Plattform,  ist auf Facebook vertreten, hat einen YouTube-Kanal, es wird getwittert… Tritt Ihre Plattform auch den Beweis an, dass immer mehr Senioren das Internet nutzen und die Möglichkeiten von Social Media zu schätzen wissen?

Das ist definitiv so. Im 2009 noch hatten wir diverse Rentnerinnen und Rentner, die sich mit der Technik nicht zurecht fanden. Heute ist das bereits anders. Wenn wir beispielsweise eine Online-Umfrage machen, dann sind die ersten 50 Antworten bereits nach 5 Minuten gemacht und die allgemeine Rücklaufquote unglaublich hoch. Da würden sich alle Onliner die Augen reiben. Auch nutzen wir diese Kanäle (zum Beispiel Facebook), um unsere Zielgruppen bei geplanten Produktinnovationen nach ihrer Meinung zu fragen.

Rent a Rentner
(Foto: zvg)

Die Basis-Mitgliedschaft von Rent a Rentner ist kostenlos und auch Rentnersuchende bezahlen nicht. Die Rentner selber können dann für Ihre Dienstleistungen etwas verlangen. Wie finanziert sich Rent a Rentner?

Die Basis-Mitgliedschaft musste kostenlos bleiben, auch aufgrund der Mitbewerber-Situation und auch weil wir eine Frequenz auf dem Portal benötigen. Das Suchen musste so einfach wie möglich sein. Und alle Aufträge über uns zu nehmen und alles zu koordinieren, würde alles nur komplizierter und teurer machen (Stichwort Administration, Garantieleistungen, etc.). Stellen Sie sich mal diesen Verwaltungsauftrag vor. Wir verdienen an den Premium- und Ambassador-Mitgliedschaften, an den Werbebanners, am Fan-Shop und am Marktplatz, wo man Anzeigen platzieren kann.

Seit dem vergangenen Jahr können über die Plattform auch Rentner «adoptiert» werden. Auf wessen Initiative hin kam es dazu?

Wir haben festgestellt, auch in unseren Familien, dass generell viel später geheiratet wird und somit auch später Kinder auf die Welt kommen. Auf der Strecke bleiben dann vielfach die Grossväter und Grossmütter, die ihre Enkeln nicht mehr sehen können und umgekehrt. Dabei könnten beide Seiten so viel voneinander profitieren – die Jungen von der Weisheit der Älteren, und die Älteren vom Austausch mit der jüngeren Generation. Mit «Adopt a Rentner» bieten wir die Gelegenheit dazu. Diese Massnahme war auch geplant, um weiter zu differenzieren und nicht stehen zu bleiben mit unserer Idee.

Für was haben Sie persönlich schon mal selber einen Rentner – oder aus Ihrer Werbekampagne – einen «alten Sack» oder eine «alte Schachtel» gemietet?

Zum Rasen mähen. Zum Nähen. Und um einen Gartensitzplatz im Calancatal zu machen. Für die Werbekampagne durfte unter anderem meine Tochter hin halten.

Letzte Frage: Können Sie uns verraten, durch was der «Coming soon»-Button auf www.rentarentner.ch demnächst ersetzt wird?

Wir haben noch so viele Dinge in der Pipeline. Bei diesem Button wollen wir etwas anteasern, was wir in diesem Jahr auch noch lancieren werden.

Herr Dürrenberger, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Reto Dürrenberger ist eidgenössisch ausgebildeter Marketingleiter sowie CEO und Mitinhaber der Werbeagentur Werbeanstalt Schweiz AG. Seit 2009 ebenfalls CEO und Mitinhaber der Firma Rent a Rentner AG.

Zu den Unternehmen:
Die Rent a Rentner AG wurde 2009 als GmbH gegründet und 2013 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Firma mit Sitz in Zürich gehört Reto Dürrenberger, Sarah Hiltebrand und Peter Hiltebrand.

Die Werbeanstalt Schweiz AG wurde 2005 gegründet und sieht sich selber als Kreativ-Kommunikationsagentur, die Werbung für den Kunden macht (was nicht immer selbstverständlich ist): fundiert strategisch auf den Punkt, kreativ überraschend und mit Fokus auf maximale Zielerreichung für den Kunden. Zu den Kunden zählen u.a.: Swisslos, HSR, Sandoz Pharmaceuticals, Swissmilk und viele weitere.  

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