Universität Zürich testet Immunzellen auf der Internationalen Raumstation ISS

Universität Zürich testet Immunzellen auf der Internationalen Raumstation ISS

Die «Dragon»-Kapsel mit dem Experiment der Universität Zürich wird an die ISS andocken und die Zellen auch wieder zur Erde zurückbringen. (Bild: NASA)

Zürich – Der Körperbau des Menschen ist optimal an die Schwerkraft der Erde angepasst. Ein Team um Prof. Oliver Ullrich vom Anatomischen Institut der Universität Zürich untersucht jetzt in einem Experiment auf der Internationalen Raumstation ISS, ob dies auch für menschliche Zellen zu­trifft. Am Abend des 18. April startete das Transportraumschiff «Dragon» mit Immunzellen der UZH vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida.

Den Effekt der Schwerkraft auf Muskeln, Knochen und Gelenke kennen wir Menschen bestens und in der Medizin wird er seit Jahrhunderten umfassend untersucht. Wie sich jedoch die Gravitation auf die Zellen auswirkt, war lange Zeit nicht bekannt. Dank moderner Zellbiologie und Raumfahrttechnologie kann heute genau untersucht werden, ob und wie auch Zellen an das irdische Leben angepasst sind. In der Schwerelosigkeit sind etwa vielfältige Funktionen des Immunsystems beeinträchtigt: Fresszel­len, die sogenannten Markophagen, welche eingedrungene Bakterien abtöten und vertilgen, sind nicht mehr in der Lage, den Menschen optimal vor Infektionen zu schützen. Astronauten leiden des­halb häufig unter Infektionen. Prof. Oliver Ullrich vom Anatomischen Institut der Universität Zürich will nun wissen, wie sich Aufbau und Stoffwechsel dieser Fresszellen in einem dreitägigen Aufenthalt in der Schwerelosigkeit verändern. Proben mit Immunzellen fliegen nun mit der sogenannten «Cellbox»­Mission zur Internationalen Raumstation ISS und werden dort im Experiment untersucht. Die Lan­dung der «Dragon»-Kapsel mit den fixierten Proben wird am 18. Mai 2014 im Pazifischen Ozean er­wartet.

Drei Tage in der Schwerelosigkeit
Im Fokus des Experiments auf der ISS steht der Langzeiteffekt von Schwerelosigkeit auf menschliche Fresszellen – insbesondere auf deren Zellskelett und Moleküle, die für die Zellkommunikation wichtig sind. Bei Parabelflügen mit einer Schwerelosigkeit von 22 Sekunden und Versuchen auf Höhenfor­schungsraketen mit fünfminütiger Schwerelosigkeit hat das Team um Prof. Ullrich bereits herausge­funden, dass Zellen des menschlichen Immunsystems schon innerhalb von Sekunden auf den Weg­fall der Schwerkraft reagieren. Wichtige molekulare Funktionen für die Zell-Zell-Kommunikation und die Zell-Wanderung sind sofort gestört.

Die Forschenden wollen nun mittels eines dreitägigen Experiments herausfinden, ob die vielen Ver­änderungen, die nach Sekunden oder Minuten Schwerelosigkeit auftreten, Anpassungsprozesse an eine neue Umwelt sind, oder tiefgreifende und dauerhafte Störungen. «Forschung auf der ISS ist, als wenn man – nachdem man viele Bäume einzeln untersucht hat – nun auf einen Berg steigt, um den ganzen Wald zu sehen», erläutert Oliver Ullrich. Dieses ISS-Experiment sei notwendig, um sich ein Gesamtbild der Prozesse in den Zellen zu machen.

Grundlagen des Lebens auf der Erde ergründen
«Forschung im Weltraum ermöglicht uns, das Leben auf der Erde besser zu verstehen», meint der Mediziner der Universität Zürich. Erst aus diesen Erkenntnissen lasse sich schliessen, welche Bedin­gungen für die Entwicklung von komplexem Leben unumgänglich sind, und ob die Erde der ideale Platz für die dazu nötigen zellulären Prozesse sei. Im «Cellbox»-Experiment jedenfalls soll klar wer­den, für welche Eigenschaften der Zellarchitektur die Erdanziehungskraft unbedingt erforderlich ist – und ob die Schwerkraft damit womöglich eine wesentliche Voraussetzung für die Existenz mehrzelli­ger Organismen ist.

Die Grundlagenforschung aus dem ISS-Labor hat auch einen direkten und praktischen Nutzen: «Das Experiment liefert wichtige Daten, um das Risiko künftiger Raumflüge besser einschätzen zu können», so Oliver Ullrich.

Die «Cellbox»-Mission mit den Immunzellen der Universität Zürich wird vom Deutschen Zentrum für Luft-und Raumfahrt finanziert und gemeinsam mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg durchgeführt. (Universität Zürich/mc/ps)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert