LGT Kommentar: Konservativer «Konsens» stützt die Hausse

LGT Kommentar: Konservativer «Konsens» stützt die Hausse
Mikio Kumada. Global Strategist, LGT Capital Management.

Mikio Kumada.

Von Mikio Kumada, Global Strategist LGT Capital Management

Eine weitere Berichtssaison ist eröffnet. Im Schlepptau haussierender Börsen haben die Analysten ihre kurzfristigen Gewinnprognosen in den letzten Wochen zum Teil deutlich angehoben. Die erwarteten Wachstumsraten für 2015 sind damit aber gesunken. Das zeigt einmal mehr, dass sich der «Konsens» auch nach fünf Jahren Bullmarkt immer noch zu keinen überschwänglichen Geschäftsvisionen verleiten lässt. Das stimmt mittelfristig zuversichtlich für Aktien.

Gestern wurde die Geschäftsberichtssaison für das zweite Quartal 2014 eröffnet, wie immer beginnend mit Unternehmen aus den USA und Skandinavien. Die anderen Märkte werden im Laufe der kommenden Wochen folgen und es wird einige Zeit vergehen, bis uns brauchbare Ergebnisstichproben für ein Ersturteil zur Verfügung stehen. Folgendes können wir aber bereits jetzt festhalten: Die Grundhaltung der Analysten (und damit implizit auch der mit ihnen regelmässig kommunizierenden Börsengesellschaften) ist vernünftig und realistisch geblieben, in einigen Fällen vielleicht sogar zu vorsichtig.

Erwartetes Gewinnwachstum für 2015 in allen Regionen gesunken
Seit April treibt eine wiedererwachte Hausse die Börsen von einem Hoch zum nächsten und wichtige Konjunkturindikatoren haben sich verbessert. Die mittelfristigen Erwartungen für das Gewinnwachstum sind aber praktisch überall gesunken (einzige Ausnahme ist «Emerging Europe»). Die Kursfeuerwerke und der Datenreigen haben nur dazu geführt, dass die Gewinnschätzungen für das Q2/2014, d.h. das zurückliegende Quartal, erhöht wurden. Die Prognosen für nächstes Jahr wurden hingegen nur moderat angepasst. Damit sind die erwarteten Wachstumsraten gesunken. Es ist leichter, Ereignisse in der unmittelbaren Vergangenheit einzuschätzen, als in die Zukunft zu schauen und der Konsens zieht es weiterhin vor, den Entwicklungen lieber hinterherzulaufen, als sich gegebenenfalls nachher über einen «überschwänglichen» Optimismus rechtfertigen zu müssen – und das ist grundsätzlich gut so.

Schätzungsrevisionen laufen nur den Aktienkursen nach
Ein Beispiel: Die deutlichsten Revisionen für das Q2/2014 betrafen Japan: Das erwartete Wachstum des Gewinne (EPS) für Japan ist im Laufe der letzten zwei Wochen um 24.4 Prozentpunkte auf 37.1% gegenüber Vorjahr angehoben worden, während es für die USA um «nur» 5.3 Prozentpunkte auf 11.4% gestiegen und für Europa sogar um 4.6 Prozentpunkte auf 7.6% gesunken ist. Dieses Revisionsmuster entspricht exakt der relativen Kursperformance der Märkte während der jüngsten Rallyephase: Seit dem letzten Zwischentief vom 11. April ist der MSCI Japan nämlich um 12.5% gestiegen, der MSCI USA um 8.9% und der MSCI Europe um «nur» 5.1%.

Die kurzfristigen Konsenserwartungen offenbaren sich hier nicht als führende, sondern als den Märkten nachlaufende (oder bestenfalls mitlaufende) Indikatoren. Solange Analysten und Unternehmen – sei es aus Gründen der Sorgfaltspflicht oder Risikoscheue – von allzu «mutigen» Prognosen Abstand nehmen, muss das logischerweise auch so sein.

Längerfristige Erwartungshaltung immer noch vorsichtig
Es ist jedenfalls erfreulich, dass die längerfristigen Gewinnschätzungen nicht mit den kurzfristigen Aufwärtsrevisionen für das abgelaufene Quartal Schritt halten. So sind die für die nächsten Jahre erwarten Wachstumsraten in den letzten Tagen noch einmal praktisch weltweit gesunken, wobei es bestens zur beschriebenen Logik passt, dass Japan auch hier mit an der Spitze steht. Für alle Märkte gilt aber: Der für den gesamten nächsten Geschäftszyklus (3 bis 5 Jahre) antizipierte Ertragszuwachs liegt überall unter dem ausgewiesenen Wachstum der letzten fünf Jahre und tendiert auf globaler Ebene leicht südwärts.

Die vergangenheitsbezogenen Aufwärtsrevisionen für das Q2 mahnen hierbei eher zur Vorsicht, weil die Märkte diese Gewinnsprünge schon längst «eingepreist» haben dürften. Wichtig erscheint hingegen die Deutlichkeit und Systematik, mit der die Ergebnisse vom Konsens abweichen. Lang anhaltende Abweichungen zwischen tatsächlicher und erwarteter Leistung können guten Aufschluss darüber geben, wie es um einen Markt grundsätzlich steht. In den letzten Jahren wurden die «Developed Markets» bekanntlich systematisch unterschätzt – und bisher deutet nichts darauf hin, dass sich daran grundlegend etwas verändert hat.

Langfristige Wachstumserwartungen zum Teil deutlich unter historischen Werten
Überall liegen die Prognosen unter den historischen Werten. Für die USA wird beispielsweise ein Rückgang auf nur ein Drittel des bisherigen Wachstums in Aussicht gestellt, Japans Wachstum soll sich halbieren, ebenso wie jene der Schwellenländer. Hier spiegelt sich keine Boom-Vision, sondern eine Abflachung und historisch moderate Niveaus. Die Wachstumsprognosen für die Emerging Marktes (nur knapp über 3%) könnten zudem langsam in den übertrieben negativen Bereich abdriften. (LGT/mc/hfu)

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