François Gabella, CEO LEM

François Gabella, CEO LEM
François Gabella, CEO LEM. (Foto: LEM)

François Gabella, CEO LEM. (Foto: LEM)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Gabella, LEMs EBIT-Marge liegt gerade bei traumhaften 20,8% und lag schon seit einiger Zeit deutlich über dem Zielkorridor von 15 bis 20 Prozent. Liegt das am „Nenner“ oder am „Zähler“?

François Gabella: Der Wettbewerb in unserer Branche ist intensiv, entsprechend hoch ist der Preisdruck. Diesem Trend konnten wir in den letzten Quartalen dank der Umsetzung unserer strategischer Initiativen und strenger Kostendisziplin entgegenwirken. Bei der Steigerung der Effizient und Produktionsflexibilität haben wir deutliche Fortschritte erreicht. Die laufende Verlagerung der Produktion in unsere kostengünstige Produktionsstätte in China und der Eröffnung der Produktion in Bulgarien unterstützt die Effizienzsteigerung.

Im Automobilgeschäft profitiert LEM von den Autokäufen der Asiaten. Die Aufträge gingen dennoch um 0,5 Prozent zurück. Ist das ein erstes Warnsignal von Seiten Weltkonjunktur?

Das Autogeschäft bleibt für uns ein Wachstumsmarkt. Unser Ziel ist es, hier unseren Marktanteil auszubauen. Dabei spielt der Erfolg umweltfreundlicher Autos, etwa Elektro-Autos oder Hybrid-Modelle, eine bedeutende Rolle. Wir sind mit unserer Technologie in vielen aktuellen und geplanten Plattformen vertreten. Zudem ist der potenzielle Wert unsere Produkte für umweltfreundliche Automobile höher als bei konventionellen Modellen. Von einem Wachstum dieses Segments würden wir überdurchschnittlich profitieren. Daher beunruhigt uns ein kleiner Rückgang nicht.

LEM gilt ja als Frühzykliker. Spüren Sie bei Ihren Kunden so etwas wie Zurückhaltung beim Füllen der Lager?

Wir sehen uns nicht als Frühzykliker. Unser Geschäft ist gut diversifiziert. Wir liefern in unterschiedliche Industrien, die unterschiedlichen Trends und Zyklen folgen. Das Kundenverhalten entwickelt sich in den letzten Jahren sehr kontinuierlich. Unsere Kunden haben in der Regel eine kurze Visibilität fürs Geschäft. Entsprechend werden Bestellungen immer kurzfristiger abgerufen. Die Anforderungen an die Flexibilität in der Produktion und im Supply Chain Management sind entsprechend hoch.

«Unser Geschäft ist gut diversifiziert. Wir liefern in unterschiedliche Industrien, die unterschiedlichen Trends und Zyklen folgen.»
François Gabella, CEO LEM

Im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres hat Asien Europa als Hauptabsatzmarkt für LEM mit Siebenmeilenstiefeln überholt. Wird bald einmal nur allein China für die Hälfte Ihres Umsatzes sorgen?

In der Tat wächst China am schnellsten. Zum einen hängt das vom Wachstum der chinesischen Wirtschaft selber ab. Zum anderen beobachten wir aber, dass verschiedene unserer Zielsegmente ihre Produktion nach China verlagern. Dazu gehört etwa die Solarindustrie. Ob der Trend weiter anhalten wird, ist schwierig zu beurteilen, für uns aber nicht entscheidend, da wir weltweit in der Lage sind, unsere Kunden kompetent und verlässlich zu beliefern.

Sind eigentlich die in den letzten Jahren kräftig gestiegenen Löhne in China für LEM ein Thema?

China ist unser grösster Produktionsstandort. Entsprechend wichtig ist die Kostenentwicklung dort, die in der Tat unter der lokalen Lohnentwicklung leidet. Entsprechend wichtig ist es, die Produktionseffizienz weiter zu steigern. Wir haben hier noch viel Potenzial, das wir ausnützen können. Um die Kapazität auszubauen und die kostengünstige Produktion zu diversifizieren, haben wir im Oktober 2013 den bereits erwähnten Produktionsstandort in Sofia, Bulgarien, eröffnet. Dieser soll es uns erlauben, unsere Produkte auch künftig zu wettbewerbsfähigen Preisen herzustellen.

Seit Jahren wendet LEM konstant rund 5,5% Prozent vom Umsatz für Forschung und Entwicklung auf. Welches sind die technischen Hauptstossrichtungen?

Wir arbeiten daran, unser Produktportfolio kontinuierlich zu erneuern und die Technologieführerschaft auszubauen. Dabei zielen wir darauf ab, dass neue Produkte eine höhere Performance, neue Funktionen und günstigere Kosten aufweisen. Die Produkte werden so designt, dass sie in unseren Produktionsstätten möglichst effizient zusammengebaut werden können. Die Haupttrends in der Entwicklung sind Miniaturisierung und Standardisierung.

Von der Grösse her ist LEM trotz beeindruckender Wachstumsraten immer noch ein small cap. Wie sieht es denn mit Kooperationen und Zukäufen aus? Firmen wie Kohshin oder VAC könnte LEM ja problemlos schlucken.

Ergänzungsakquisitionen schauen wir an, wenn sich eine Möglichkeit ergibt. Eine Übernahme müsste einen deutlichen Mehrwert bieten. Da wir im Industriegeschäft schon über einen Marktanteil von über 50 Prozent verfügen, würde sich der Zukauf von Marktanteilen für uns kaum rechnen.

Aber eine Ausschüttungsquote von 100% spricht ja eigentlich für einen gewaltigen Geldüberhang…

Wir finanzieren alle notwendigen Investitionen, die unter anderem aus unserer starken Innovationstätigkeit herrühren, aus dem operativen Cashflow heraus. Wir sehen uns nicht als Bank. Nicht betriebsnotwendiges Kapital schütten wir an die Aktionäre aus. So beteiligen wir unsere Aktionäre direkt am Unternehmenserfolg.

«Wir haben unsere Planungsinstrumente in den letzten Jahren ausgebaut und verfeinert. Wir wollen nicht von Marktentwicklungen überrascht werden.»

Das Leitthema von LEM ist Energieeffizienz. Mittlerweile hilft Ihre Firma nicht nur sparsame  Antriebe zu bauen, ein Drittel von LEMs Umsatzvolumen wird mit der erneuerbaren Energieindustrie gemacht. Diese Branche ist aber anfällig für regulatorische Eingriffe. Betreiben Sie  da als CEO so etwas wie Szenario-Management?

Wir kommentieren den Anteil des Geschäfts mit erneuerbaren Energie nicht. Natürlich beobachten wir im Geschäft mit erneuerbaren Energien die grössten Schwankungen im Auftragseingang. Aber Planung, Effizienz und Flexibilität sind in allen Geschäftsbereichen wichtig. Entsprechend haben wir unsere Planungsinstrumente in den letzten Jahren ausgebaut und verfeinert. Wir wollen nicht von Marktentwicklungen überrascht werden.

Bei den grünen Autos verläuft der Absatz vor allem in den USA eher enttäuschend. LEM ist im Akku-Management präsent. Sind Elektroautos einfach zu teuer?

Umweltfreundliche Automobile hatten bisher in den meisten Märkten nicht den erwarteten Erfolg. Das dürfte mehrere Gründe haben. Wir gehen davon aus, dass die Absatzvolumen mit der technischen Entwicklung kontinuierlich steigen und die Endverkaufspreise entsprechend sinken werden.

Die Investitionen der öffentlichen Hand in Europa sind zusammengeschrumpft. Ist das der Grund für das im Augenblick eher zähe Geschäft bei medizinischen Testgeräten oder im Hochpräzisionsmessbereich?

Der Bereich der medizinischen Anwendungen verlangsamte sich, auch unter Berücksichtigung der neuen medizinischen Projekte in Europa und Nordamerika. Die Test- und Messanwendungen litten gegen Ende des letzten Geschäftsjahres unter rückläufigen Investitionen.

Erwarten Sie in den nächsten Jahren nennenswert höhere Umsätze durch den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur?

Der Ausbau der Eisenbahninfrastruktur wurde zuletzt durch klamme Staatshauhalte gebremst. Kurzfristig dürfte sich daran wenig ändern.

Zur Person:
François Gabella, Jahrgang 1958, studierte Mikroelektronik an der EPF Lausanne und schloss das Studium 1982 mit einem Master ab. 1986 absolvierte er ein MBA Programm beim IMD Lausanne. Seine Berufskarriere startete er bei ABB und bei Areva. 2006 wechselt er als CEO zu TESA SA. Im Juli 2010 wurde er zum CEO von LEM ernannt. François Gabella ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Zum Unternehmen:
LEM ist Marktführer für neue und hochwertige Lösungen zur Messung elektrischer Parameter. LEMs Kernprodukte – Strom- und Spannungswandler – kommen bei einer breiten Palette von Anwendungen in den Bereichen Antrieb & Schweissen, erneuerbare Energien & Stromversorgung, Traktion, Hochpräzision sowie konventionelle und umweltfreundliche Automobile zum Einsatz. LEM ist ein mittelständisches, global tätiges Unternehmen mit ungefähr 1 200 Mitarbeitenden weltweit. Das Unternehmen verfügt über Produktionsstätten in Genf (Schweiz), Peking (China), Sofia (Bulgarien) und Machida (Japan). Zusammen mit den regionalen Vertriebsstellen nahe an den Standorten der Kunden kann das Unternehmen einen weltweit lückenlosen Service anbieten. LEM ist seit 1986 an der SIX Swiss Exchange kotiert und hat das Tickersymbol LEHN.

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