Grundlegender Wandel in der Medtechbranche

Grundlegender Wandel in der Medtechbranche
(Foto: Fasmed)

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Zürich – In den vergangenen zwanzig Jahren profitierte die Medizinaltechnikbranche von Stabilität, hohen Wachstumsraten, soliden Margen und überdurchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnissen. Doch disruptive Veränderungen zeichnen sich ab. Die Branche steht vor einem grundlegenden Wandel, der sie im Jahr 2020 bis zu USD 34 Mrd. kosten könnte. Um künftige Umsätze und Margen zu sichern, müssen Medizinaltechnikfirmen neue Segmente und integrierte Lösungen adressieren mit Fokus auf evidenz-basiertem Mehrwert, höherer Kundenproduktivität und ganzheitlichem Krankheitsmanagement.

Klaus Bredl, Berater in der Health Practice von A.T. Kearney Schweiz, kommentiert: „Für die Schweiz ist die Medizinaltechnik eine absolute Schlüsselbranche, denn sie verfügt über die grösste Dichte an MedTech-Unternehmen in Europa. Aufgrund veränderter Strukturen im Gesundheitswesen befindet sich die Branche im Umbruch und steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Eine zunehmende Machtverschiebung hin zu Kostenträgern und Leistungserbringern mit Fokus auf Kosteneffizienz, die verstärkte Aufsicht durch Regulierungsbehörden sowie rückläufige Investments in kapitalintensive MedTech-Geräte läuten einen unausweichlichen Wandel des Geschäftsmodells ein und zwingen Unternehmen zum Umdenken.“

Fünf zukunftsentscheidende Faktoren

Für die Studie befragte A.T. Kearney mehr als 30 Top-Manager von 20 weltweit führenden Medizinaltechnikfirmen, die zusammen einen Umsatz von 80 Mrd Dollar sowie verschiedene Medizinaltechniksektoren, geografische Regionen und Unternehmensgrössen repräsentieren. Auf Grundlage der Gespräche sowie unter Einbezug der Erfahrung und der Analysen von A.T. Kearney wurden fünf entscheidende Disruptoren mit negativem Einfluss auf die Zukunft der Medizinaltechnikbranche identifiziert:

1)  Machtverschiebung zu Kostenträgern und Leistungserbringern
Evidenz-basierte Entscheidungen und Konsolidierung bei den Leistungserbringern bringen das traditionelle Geschäftsmodell, bei dem die Entscheidungshoheit bei den Klinikärzten lag, zunehmend ins Wanken. Kostenträger und Leistungserbringer bewerten medizinische Geräte vor allem anhand ihrer Sicherheit und Wirksamkeit in klinischen Verfahren sowie zunehmend nach Kosten und Nutzen.

2)  Verstärkte Aufsicht durch Regulierungsbehörden
In den vergangenen Jahren gab es spektakuläre Rückrufaktionen mit schädlichen Auswirkungen. Die Regulierer haben bestehende Vorschriften verschärft und neue erlassen. Die Inspektionen unter anderem der amerikanischen Aufsichtsbehörde FDA haben in den vergangenen 12 Monaten um 40 Prozent zugenommen, die Zahl der schriftlichen Abmahnungen ist in den letzten zwei Jahren um 24 Prozent gestiegen.

3) Unklare Quellen für wirkliche Innovationen
Getrieben von Regulierung und Kostenerstattung konzentrieren Medizinaltechnikfirmen ihre Forschung und Entwicklung auf die Verbesserung bereits zugelassener Geräte, anstatt wirklich innovative Produkte zu entwickeln. Neue Produkte, die Standardabläufe verändern, werden oft nur zögerlich in die Liste der Produkte aufgenommen, für die Erstattungen geleistet werden. Zudem kommen Start-ups und kleine Unternehmen nur schwer an das Kapital, das sie zur Finanzierung der steigenden Kosten für die Markteinführung von Innovationen benötigen.

4) Neue Gesundheitsversorgungsmodelle
Die Mittel der Kostenträger werden immer knapper. Leistungsfähige Analyse-tools ermöglichen die Auswertung grosser Datenmengen.
Dabei entstehen zunehmend Therapiepläne, die sich am Patientenpfad orientieren, um bessere Ergebnisse mit weniger Geld zu erreichen. Beispielsweise verlagert sich die Patientenversorgung aus den Krankenhäusern auf günstigere Plattformen.

5)  Versorgung sozioökonomisch eingeschränkter Bevölkerungsteile
Medizinaltechnikfirmen müssen bei der Suche nach Wachstumsmöglichkeiten auf weniger wohlhabende Bevölkerungsgruppen abzielen. Mit den passenden Lösungen können sie sich hier ein hohes Absatzpotenzial erschliessen. Auch das Wachstum in traditionellen Märkten erfordert neue Geschäftsmodelle, niedrigere Preise und mehr nutzenorientierte Produktangebote.

Oliver Scheel, Partner bei A.T. Kearney, ergänzt: „Die zukünftigen Grundzüge der Medizinaltechnikindustrie müssen zwar noch definiert werden, aber der radikale Wandel wird unausweichlich kommen. Für die Führungsebene der Firmen stellt sich die Frage, wie sie mit diesen fünf disruptiven Faktoren konkret umgehen und welchen eigenen Weg sie innerhalb der sich verändernden Industrie definieren. Zukünftige Branchenführer legen bereits heute fest, wie und wo sie konkurrieren wollen“. (A.T. Kearney/mc)

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