Renminbi: Neue Anlagechancen für Bondinvestoren

Renminbi: Neue Anlagechancen für Bondinvestoren

Von Dieter Haas , Derivative Partners Media AG, www.payoff.ch

China macht grosse Fortschritte bei der Internationalisierung. Ein Fingerzeig ist das steigende Volumen an «Dim Sum»-Bonds. Die Kombination Zinskupon plus Währungsgewinn macht die Anlagen hochinteressant.Tracker-Zertifikate bieten einen diversifizierten Zugang zum neuen Kapitalmarktsegment.

China ist, gemessen am Bruttosozialprodukt, die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt. Der historische Rückstand zu den führenden USA wird stetig kleiner. Dem rasanten Wachstum in den vergangenen Jahren hinkt die globale Bedeutung der einheimischen Währung, hinterher. Die Renmimbi – wörtlich «Volkswährung» – titulierte Valuta ist im internationalen Handel schon eine feste Grösse, beim effektiven Zahlungsverkehr allerdings noch ein Nobody. So betrug der Anteil der Zahlungen 2011 gerade einmal 0,24%. Ein verschwindend geringer Wert im Vergleich zum damaligen Anteil Chinas am Welthandel von 11,4%.

Unbekannte Währung

Ganz anders sieht das Bild in den Währungen USD, EUR und GBP aus. Sie haben eine im Verhältnis zu den Exporten der betreffenden Länder weit überdurchschnittliche globale Verbreitung. Dieses Missverhältnis wird sich in den kommenden Jahrzehnten sukzessive reduzieren. Hauptleidtragender dürfte insbesondere der US-Dollar sein. Wie schnell das Ganze vor sich gehen wird, ist schwer abschätzbar. Zuletzt ist das Tempo der Verschiebungen rapide gestiegen. So hat sich der Anteil der chinesischen Valuta an den globalen Zahlungen bis Mitte Jahr bereits auf 1,6% erhöht.

Einen zentralen Aspekt spielen in diesem Zusammenhang die diversen Swap Agreements, welche China ab dem Jahr 2009 mit etlichen Ländern vereinbart hat. Auch die Schweiz schloss im Juli ein solches Abkommen ab. Die People’s Bank of China (PBC) gewährt der Schweizerischen Nationalbank (SNB) darin eine Investitionsquote für den chinesischen Interbanken-Anleihenmarkt in Höhe von 15 Milliarden Renminbi. Das entspricht einem Gegenwert von rund CHF 2 Mrd. Damit kann die SNB ihre Währungsreserven weiter diversifizieren. Was der SNB billig ist, das sollte auch für hiesige Anleger recht sein.

Bewegung bei Devisenreserven

Nicht nur die SNB, auch die EZB möchte inskünftig einen Teil ihrer Devisenreserven in Yuan anlegen. Bei einem positiven Entscheid könnten diesbezügliche Ankäufe in rund einem Jahr starten. Das wäre ein weiterer Meilenstein auf dem Schritt zur Internationalisierung der chinesischen Währung. Im Rahmen der IWF-Konferenz im Oktober in Washington äusserte sich EZB-Chef Mario Draghi wie folgt zu diesem Themenkreis: «Es ist sinnvoll, über eine Vorbereitung auf eine grössere Rolle des Renminbi zu reden, wenn man bedenkt, dass China unser drittgrösster Handelspartner ist.» Er schränkt aber auch gleichzeitig ein: «Man sollte nicht vergessen, dass der Renminbi nicht voll konvertibel ist und demzufolge auch nicht wie eine Reservewährung wie US-Dollar oder Yen zu behandeln ist.» Die chinesische Seite winkte bei diesem Vorbehalt jedoch mit dem Hinweis ab, dass der Renminbi seit 17. März diesen Jahres 2% gegenüber dem US-Dollar schwanken darf. Man ist bemüht, Flexibilisierung herbeizuführen.

«Es ist sinnvoll, eine grössere Rolle des Renminbi vorzubereiten.»

Dim Sum Bonds – Trigger der Internationalisierung

Im Bestreben, seiner Währung international das ihr zustehende Gewicht einzuräumen, wird auch der Offshore-Kapitalmarkt gefördert. So können Anleger seit 2007, als im Juli die China Development Bank erstmals einen Dim Sum Bond emittierte, Unternehmens-Anleihen in chinesischer Währung kaufen. Bei Dim Sum handelt es sich um die in China äusserst beliebten Teigtaschen. Der Legende nach wurden sie vor einem Jahrtausend am kaiserlichen Hof aus der Not heraus eingeführt. Durch graduelle Lockerung bestehender Restriktionen förderte die PBC zuletzt das Wachstum des chinesischen Bondmarktes und gedenkt diesen Weg fortzusetzen. Für die angestrebte Internationalisierung Chinas ist es zentral, einen grossen Bondmarkt in der eigenen Währung zu besitzen. Eine Währung, die sich seit Jahren als sehr stabil präsentiert. Als eine der wenigen hat sie sich in den vergangenen Monaten gegenüber dem USD behauptet, ganz im Gegenteil etwa zum Euro. Innerhalb Asiens war der staatlich gelenkte Renminbi in den letzten knapp zehn Jahren die stärkste Währung.

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«Es ist sinnvoll, eine grössere Rolle des Renminbi vorzubereiten.»

Kleine Auswahl an der SIX

Das Segment der Renminbi-Anleihen an der SIX umfasste Anfang Oktober 42 Bonds. Nur 15 unter ihnen waren mit einer Laufzeit von 2017 oder länger ausgestattet. Die Auswahl ist somit vorderhand etwas dünn. Dafür stimmt hierzulande dafür zumeist die Qualität. Fast alle an der SIX kotierten CNY-Anleihen weisen ein Investment Grade Rating auf.

Schuldnerfokus auf China, kurze Laufzeiten

Ein Manko bei den aktuell verfügbaren Dim Sum Bonds ist die Dominanz chinesischer Schuldner. So wurden im vergangenen Jahr 74% der Neuemissionen von Unternehmen mit Sitz in China begeben. Ein weiterer Risikofaktor ist der geringe und zugleich sinkende Anteil an Anleihen mit Investment Grade. Im laufenden Jahr entfielen gemäss der September-Ausgabe von Asia Bond Monitor nur 14,29% auf den qualitativ solidesten Bereich. Last but not least hemmen die staatlich regulierte Öffnung sowie die nicht frei konvertierbare Währung. Erst wenn diese Schranken wegfallen, dürfte der chinesische Finanz- und Kapitalmarkt ein der Wirtschaftskraft entsprechendes Gewicht erhalten. Bereits mit den erfolgten Schritten haben die Anleger durchaus valable Möglichkeiten, ihr Portfolio weiter zu diversifizieren und dadurch ihre Risiken zu verringern.

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Dennoch renditestarke Alternative

Das Wachstum in Chinas Wirtschaft hat sich in den vergangenen Wochen weiter abgeschwächt. Die PBC sah sich deshalb Mitte September veranlasst, dem Markt neue Liquiditätsspritzen zu verpassen. Dadurch gaben die Renditen am Kapitalmarkt auf breiter Front nach. Der sinkende Trend bei den Zinsen dürfte vorerst anhalten. Eine baldige Trendwende ist nicht zu befürchten. Im internationalen Quervergleich stechen Dim Sum Bonds aber nach wie vor positiv heraus. So liegt der aktuelle Zinssatz zehnjähriger chinesischer Regierungsanleihen knapp über 4%. Das sind Werte, wovon hiesige Anleger nur träumen können. Hinzu kommt eine stabile Währung. Etwas getrübt wird das Ganze einzig durch stärkere Schwankungen verglichen mit einheimischen Anleihen. Das Länderrisiko China ist höher als dasjenige der Schweiz. So vergibt S&P dem Land eine Bonitätsnote A, während die Schweiz zum exklusiven Kreis der Triple-A-Schuldner zählt.

«Tracker-Zertifikate auf China Bond Basket bieten einen diversifizierten Zugang zur jungen Anlageklasse.»

Lukrative Finanzierungsquelle

Für eine zeitnahe Einschätzung der Lage sind die Kursentwicklungen der Kreditaufschläge sehr hilfreich (siehe auch Grafik Rating Watch Länder). Sie indizieren, wann die Gefahr eines Rückschlags bspw. in China steigt, wie es letztes Mal in der ersten Jahreshälfte 2011 der Fall war. Selbst solche negativen Ausschläge verhinderten jedoch nicht, dass seit Januar 2011 der FTSE-BOCHK Offshore RMB Bond Index den Swiss Bond AAA-BBB TR Index performancemässig übertraf. Mit anderen Worten hätte sich eine Anreicherung eines Bondportfolios mit Teigtaschen-Bonds ausbezahlt. Au King Lun, CEO der Bank of China (HK) Asset Management, sieht «einen wachsenden Appetit Chinas für Offshore Renminbi Bonds». Der intime Marktkenner leitet ein wachsendes Bewusstsein bei der Regierung ab, dass die chinesische Volkswirtschaft mit dem Offshore-Markt und den dazugehörigen Bonds eine lukrative Finanzierungsquelle aufstösst.

Strukis «at its best»

In Sachen Investmentmöglichkeiten in Dim Sum Bonds hat sich bereits ein knappes Duzend klassischer Anlagefonds formiert. Die Anlageklasse ist aber noch jung, entsprechend sind die verwalteten Vermögen dort überschaubar aber stark wachsend. Jüngster Neuzugang ist der Dim Sum High Yield Bond Fonds der BOCHK Asset Management (siehe Interview). Bei der Portfoliobestückung von Dim Sum Bond Fonds ist das Angebot wie bereits erwähnt ebenfalls noch ausbaufähig. Speziell für ETFs erweist sich die vorhandene Marktgrösse einhergehend mit mässiger Liquidität der Dim Sum Bonds im Sekundärmarkt vorläufig noch als Handicap. Es gibt daher bislang nur wenige. Zu empfehlen ist der in den USA kotierte PowerShares Chinese Yuan Dim Sum Bond Portfolio mit dem Ticker DSUM. Dieser ETF bildet den Citigroup Dim Sum (Offshore CNY) Bond Index ab. Portfolio-Inhalt des ETFs sind überwiegend chinesische Staatsanleihen, welche in Hong Kong in Renminbi emittiert wurden. Der Gebührensatz von 0.45% p.a. ist hoch attraktiv. Direktinvestments in Dim Sum Bonds sind, wie oben beschrieben, durch die Listings an der SIX ebenfalls möglich, aber im Zweifel mangels adequatem Researchzugang riskant. Wer das Risiko einer Einzelobligation vermeiden will, der findet einige interessante Alternativen unter den an der SIX STP kotierten Strukturierten Produkten. Tracker-Zertifikate auf China Bond Basket bieten einen idealen, diversifizierten Zugang zur jungen Anlageklasse. Performancemässig glänzt seit Mai 2014 CNYBTR. Das in CHF gehandelte Partizipationsprodukt, bestehend aus fünf gleichgewichteten Bonds mit Verfallterminen im kommenden Jahr, profitierte von der Aufwertung des Yuan im Vergleich zum CHF. Der Währungseffekt spielte auch beim ebenfalls in CHF gehandelten Tracker-Zertifikat NPCNY. Er baut auf fünf Bonds mit Verfallterminen zwischen 2018 und 2019. NPCNY hinkt der Konkurrenz allerdings bislang etwas hinterher. Das Prädikat Sehr gut bekommen auch die beiden Tracker-Zertifikate der Bank Vontobel VZBDV und VZCNN auf chinesische Bond-Basket. VZBDV – fünf Bonds mit Verfallterminen zwischen 2016 und 2017 – wird allerdings in USD und VZCNN – fünf Bonds mit Verfallterminen 2019) – als Einziger der erwähnten Tracker-Zertifikate in Yuan gehandelt. Anleger, die die wachsende Internationalisierung schon jetzt im Portfolio abbilden möchten, sollten mit der Diversifikation nicht länger warten – Warten ist in Mandarin ein selten gebrauchtes Wort.

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Chinesisches Allerlei: Dim Sum, RMB, CNH und CNY
Wer im Reich der Mitte investiert, ist automatisch mit exotischen Abkürzungen konfrontiert. Häufigste Verwechslungen sind bei den Währungen festzustellen: CNY ist das offizielle Währungskürzel für den Renminbi (Mainland China), RMB ist das nationale Währungskürzel in China, ähnlich SFR und CHF für Schweizer Franken. RMB steht ebenfalls für Renminbi. Der Offshore-Renminbi, welcher in Hong Kong frei konvertierbar ist, wird als CNH bezeichnet. Bei den besagten Dim Sum-Bonds handelt es sich um CNH-denominierte Obligationen und Einlagenzertifikate (Certificates of Deposits), die in Hong Kong emittiert, gehandelt und abgewickelt werden. Es sind damit also Offshore-Renminbi-Finanzinstrumente für nicht in China ansässige Investoren. Die Bonds haben bisher mehrheitlich kurze Laufzeiten von bis zu drei Jahren. Nur 10% laufen bis zu fünf Jahre. Neben Corporate Bonds aller Couleur gibt es auch chinesische Staatsanleihen. Die SIX Swiss Exchange hat bereits zwei Duzend Dim Sum-Bonds im Angebot. Neben dem Coupon hat in der Vergangenheit der Anleger auch vom Kursanstieg (Aufwertung) der chinesischen Währung gegenüber dem US-Dollar profitiert. Mit Blick in die Zukunft gibt es keinen Grund, warum man nicht Renminbi im Portfolio beimischen sollte. Dim Sum heisst übrigens «kleiner Herzwärmer». Das ist eine Spezialität der chinesischen Küche. Die kleinen gefüllten Teigtaschen erfreuen sich insbesondere im Osten und Süden des Landes grosser Beliebtheit.

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