Merkel warnt: Ukraine-Krise darf nicht zum Flächenbrand werden

Merkel warnt: Ukraine-Krise darf nicht zum Flächenbrand werden

Sydney / Berlin – Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit ungewöhnlich deutlichen Worten vor einem Flächenbrand durch das Vorgehen Russlands in der Ukraine-Krise gewarnt. Konkret bedeute der Kurs des russischen Präsidenten Wladimir Putin auch für Georgien, Moldawien und Serbien besondere Risiken, machte Merkel am Montag in Sydney deutlich. Zugleich warnte sie mit Blick auf den mutmasslichen Abschuss des malaysischen Passagierflugzeugs MH17 über der Ostukraine: «Die Ukraine-Krise ist wahrlich keineswegs allein eine regionale Angelegenheit. Nein, an diesem Beispiel sehen wir: Sie betrifft uns alle.»

Die Kanzlerin nutzte eine aussenpolitische Rede während ihres Australien-Besuchs für unmissverständliche Kritik an Putin, den sie am Rande des G20-Gipfels in Brisbane unter vier Augen gesprochen hatte. «Das (Verhalten Russlands) stellt nach den Schrecken zweier Weltkriege und dem Ende des Kalten Krieges die europäische Friedensordnung insgesamt infrage», sagte sie.

Missachtung der Stärke des Rechts
Putin verweigere eine Konfliktlösung im gegenseitigen Respekt und mit demokratischen und rechtsstaatlichen Mitteln, beklagte Merkel. Er setze auf das angebliche Recht des Stärkeren und missachte die Stärke des Rechts. Dennoch werde die Europäische Union nichts unversucht lassen, mit Russland zu einer diplomatischen Lösung zu kommen.

An diesem Dienstag reist der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier nach Kiew und Moskau. Steinmeier sagte am Montag am Rande eines EU-Aussenministertreffens in Brüssel, es gehe darum, eine neue Spirale der Gewalt zu vermeiden. Dazu seien die ausführlichen Gespräche beim G20-Gipfel in Brisbane vielleicht hilfreich gewesen – entgegen der Darstellung in manchen Medien.

«Es geht ja nicht nur um die Ukraine»
Merkel kritisierte, in altem Denken sehe Russland die Ukraine als seine Einflusssphäre und trete das internationale Recht mit Füssen. Der russischen Regierung hielt sie «Einflussnahme zur Destabilisierung der Ostukraine» vor.

Sie wolle keine Wiederbelebung der DDR-Zeiten, als ohne Zustimmung Moskaus keinerlei Bewegung möglich gewesen sei, betonte Merkel vor mehreren Hundert Zuhörern beim Lowy-Institut für internationale Politik, einer renommierten Denkfabrik in Australien. Dies sei mit den westlichen Werten nicht zu vereinen. «Es geht ja nicht nur um die Ukraine. Es geht um Moldawien, es geht um Georgien, wenn es so weiter geht, kann man fragen, muss man bei Serbien fragen, muss man bei den Westbalkanstaaten fragen.»

Platzeck: Russland nicht ernst genommen in seiner Einkreisungsangst
Der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums, Matthias Platzeck, mahnte, stärker auf einen partnerschaftlichen Kurs mit Moskau zu setzen. «Wir haben Russland nicht ernst genommen in seiner Einkreisungsangst», sagte Brandenburgs früherer Ministerpräsident im Deutschlandfunk. Ohne eine echte Sicherheitspartnerschaft auf Augenhöhe werde es zur dringend benötigten Modernisierungspartnerschaft mit Russland nicht kommen und zu einem anderen Verhältnis auch nicht.

Platzeck kritisierte den Umgang mit Putin beim G20-Gipfel im Kreis der Staats- und Regierungschefs. «Jemandem zu sagen, Du stellst Dich mal beim Klassenfoto ganz draussen hin und essen wirst Du alleine, und uns dann wundern, dass er sagt, nein, das will ich so nicht, ich fahre nach Hause, das liegt doch alles auf der Hand.»

CSU-Chef Horst Seehofer sagte der Mediengruppe «Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung» (Montag): «Nur die Geschlossenheit und Entschlossenheit des Westens kann hier überhaupt etwas bewirken. … Der Einmarsch in ein benachbartes Land darf in unserer heutigen Zivilisation nicht einfach so hingenommen werden.» (awp/mc/ps)

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