Clemens Rüttimann, Geschäftsführer Thurella und Biotta

Clemens Rüttimann, Geschäftsführer Thurella und Biotta
Clemens Rüttimann, Geschäftsführer Thurella und Biotta. (Foto: zvg)

Clemens Rüttimann, Geschäftsführer Thurella und Biotta. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Rüttimann, mit der Marke Traktor setzt Thurella voll auf Smoothies. Haben Sie keine Angst, dass sich der Modetrend Frischpresssaft einmal totläuft?

Clemens Rüttimann: Unser Basisgeschäft ist und bleibt der lang haltbare Biotta-Saft. Aufgrund unserer kompromisslosen Marktausrichtung haben wir erkannt, dass frische Säfte im Kühlregal im Trend sind. Die junge Generation sucht Säfte intuitiv im Kühlregal und nicht hinten im Regal bei den Konserven. Kurz haltbare, frisch abgefüllte Säfte liegen aufgrund einer besseren Sensorik beim Verbraucher im Trend. Mit der Lancierung der Biotta Veggies ist es uns dieses Jahr gelungen, neben Traktor die Marke Biotta im Kühlregal zu etablieren.

Es gibt ja mittlerweile ganze Smoothie-Verkaufsketten. Könnte das nicht auch ein Geschäftsmodell für Sie werden?

Unser Konzept ist die einzigartige Beschaffungskette mit uns bekannten Lieferanten und Anbauern, die wir besonders pflegen. Die Verarbeitung von Schweizer Bio-Gemüse und –Früchten sowie deren Abfüllung ist unser Fokus:  Es ist nicht unsere Absicht auch im Handel aktiv zu werden.

«Mit der Lancierung der Biotta Veggies ist es uns dieses Jahr gelungen, neben Traktor die Marke Biotta im Kühlregal zu etablieren.»
Clemens Rüttimann, Geschäftsführer Thurella und Biotta

Wieviel vom Gesamtumsatz soll Traktor Ende 2015 beisteuern?

Traktor ist eine Marke der Herzen, die den unkonventionellen Konsumenten mit Witz und Humor mit einem Augenzwinkern anspricht. Traktor wollen wir mit speziellen Rezepturen in der Nische weiterentwickeln.

Das Geschäft ist aber doch sicher sehr margenstark, oder?

Oberflächlich sind solche Frisch-Convenience Produkte teurer. Dies ist jedoch hauptsächlich auf den viel grösseren Vertriebsaufwandes mit Haltbarkeit, Kühlkette und Vertriebsform zurückzuführen. Das Frischegeschäft verläuft denn auch nach ganz anderen Regeln als die ungekühlten langhaltbaren Säfte.

Thurella hat seinerzeit die Abfülllinie vom Hirzel bei Zürich und an den zentralisierten Standort Tägerwilen überführten und neu aufgebaut. Wie muss man sich das vorstellen, wurden da eine Menge Rohre in den Thurgau gekarrt?

Die Situation auf dem Hirzel war nicht mehr zukunftsfähig. Einerseits war man in ein altes Fabrikgebäude eingemietet, anderseits machten dort die verschärften Auflagen an Hygiene und Produktsicherheit zusammen mit dem möglichen Verzetteln auf zwei Standorte schnell klar, dass hier zu handeln war. Bei Biotta in Tägerwilen fanden wir optimale Bedingungen und kurze Wege, denn hier ist alles im selben Gebäude. Die Abfüllanlage konnte in kurzer Zeit im bestehenden Betrieb integriert werden, weshalb sich die Zusatzinstallationen in Grenzen hielten.

«Bei Biotta in Tägerwilen fanden wir optimale Bedingungen und kurze Wege.»

Nach der  Bilanzsanierung arbeitet Thurella seit Jahren wieder mit Gewinn. Nach dem Verkauf des  Obst-Halbfabrikatgeschäfts an die Mosterei Möhl liegt der Umsatz aber deutlich tiefer. In welcher Grössenordnung sehen Sie Thurellas Umsatz und Gewinn am Ende des Jahrzehnts?

Im Geschäft mit natürlichen Bio-Direktsäften, die nicht aus Konzentraten rückverdünnt sind, sehen wir ganz klar Wachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich. Die strategische Ausrichtung auf die Biottas Gemüse- und Fruchtsäfte macht sich deshalb bezahlt. Zudem sind wir überzeugt, dass insbesondere Gemüsesäfte ein Zukunftsmarkt sind, denn sie haben weniger Zucker, sind weniger sauer und haben weniger Kalorien als Fruchtsäfte.

Kann bis dahin der Bio-Markt ein Zehntel des gesamten Volumens im Lebensmitteleinzelhandel ausmachen?

Bio wird immer generischer, auch Discounter führen heute mehr und mehr Bio-Produkte. Insofern gehen wir von einem weiter anhaltenden Wachstum aus. Grösseres Wachstum sehe ich im Bereich der Regionalität, die heute in gewissen Kategorien bereits wichtiger ist als Bio. Mit unserer eigenen Rohstoffbasis ist Biotta in diesem Bereich hervorragend positioniert.

Wie läuft es jetzt bei Ihren Gemüsedrinks?

Die Einführung ist sehr gut verlaufen, wir sind zufrieden. Ende November wird das Sortiment durch den ersten frisch abgefüllten Green-Smoothie erweitert. Dieser enthält Spinat und Grünkohl und zeugt von der Innovationsfähigkeit der Marke Biotta.

Läuft auch die  Planung Ihres  Immobilienprojekts im ehemaligen Produktionsareal in Egnach nach ihren Wünschen?

Wir sind hier in einem politischen Prozess mit der Gemeinde Egnach, welcher das Tempo vorgibt.

Die deutsche GESA Gemüsesaft GmbH ist neben Biotta das zweite Standbein der Thurella.  Wieviele verschiedene Kunden hat dieser Halbfabrikathersteller?

GESA ist ein wichtiger Zulieferer für Bio-Gemüsesäfte in die Abfüll-Industrie.

«Gemüsesäfte werden traditionell in Deutschland öfter getrunken als in der Schweiz.»

Gibt es Unterschiede im „Saftgeschmack“ zwischen Deutschen und Schweizern?

Grundsätzlich stellen wir keine signifikanten Unterschiede fest. Einzig Gemüsesäfte werden traditionell in Deutschland öfter getrunken als in der Schweiz. Beim Sauerkraut-Saft gibt es zudem in Deutschland eine stärkere Tradition.

Seit der Sanierung hat sich Thurellas Eigenkapitalquote verdoppelt. Welchen Spielraum gibt Ihnen das?

Für mich ist zentral, dass wir nach einer turbulenten Zeit wieder ein dynamisches und innovatives Unternehmen geworden sind, welches sich auf die Herausforderungen des Marktes konzentriert.

Zur Person: 
Clemens Rüttimann ist Betriebsökonom HWV (50) und leitet die Thurella Gruppe und damit die Biotta AG seit Januar 2011. Zuvor war er in verschiedenen Geschäftsführungs- und Management-Positionen unter anderem bei Kneipp in Würzburg, bei Rausch und beim amerikanischen Multi 3M in der Schweizer Niederlassung tätig. Rüttimann ist verheiratet und Vater von zwei Teenagern. Er lebt in Zürich.

Zum Unternehmen:
Vor über hundert Jahren als Obstverwertungsgesellschaft gegründet, ist die heute selbst nicht mehr operativ tätige Thurella AG Muttergesellschaft einer schweizerischen und einer deutschen Tochtergesellschaft. Die schweizerische Biotta AG ist Begriff für naturreine biologische Gemüse- und Frucht-Direktsäfte, die in der Schweiz Nummer eins sind und in rund 35 Ländern vertrieben werden. Schweizer Bio-Pionier mit nachhaltiger Manufaktur seit über 50 Jahren, als es noch keine Bio-Richtlinien, Gütesiegel oder Zertifikate gab, entwickelt sich Biotta dank kompromissloser Bio-Philosophie auch  international weiter. Die Tochtergesellschaft GESA Gemüsesaft GmbH stellt naturbelassene Gemüsesaft-Halbfabrikate aus süddeutschem Bio-Gemüse für die weiterverarbeitende Industrie her. Die zwei Thurella-Töchter beschäftigen in der Schweiz und Deutschland 62 Mitarbeitende.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert