EZB verschiebt neue Krisenhilfe ins kommende Jahr

EZB verschiebt neue Krisenhilfe ins kommende Jahr
EZB-Präsident Mario Draghi. (Foto: EZB)

EZB-Präsident Mario Draghi. (Bild: EZB)

Frankfurt am Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) wird vorerst nicht verstärkt gegen Niedriginflation und Wachstumsschwäche im Euroraum vorgehen. Vielmehr werde die Wirkung bereits beschlossener Krisenhilfen im ersten Quartal 2015 überprüft, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag nach der monatlichen Zinssitzung in Frankfurt. Wann diese Prüfung genau erfolgt, lies Draghi offen. Anfang 2015 müsse nicht unbedingt Januar bedeuten, sagte er auf Rückfrage.

Zugleich betonte Draghi, dass Mitarbeiter der Notenbank bereits mit vorbereitenden Arbeiten für neue Massnahmen betraut worden seien. Sollten zusätzliche Lockerungsschritte notwendig werden, könnte also schnell gehandelt werden. Im geldpolitischen Rat der Notenbank sei über eine ganze Reihe von Massnahmen diskutiert worden. Bankvolkswirte halten als nächsten Schritt den Kauf von Unternehmens- oder Staatsanleihen für möglich. Auf Rückfrage sagte Draghi, es sei nicht notwendig, dass zusätzliche Lockerungsschritte im Rat einstimmig beschlossen würden. Vor allem Bundesbankpräsident Jens Weidmann lehnt massive Anleihekäufe durch die EZB ab.

Ölpreisverfall im Blick
Besondere Aufmerksamkeit lenkte Draghi auf den Ölpreisverfall. Die Rohölpreise gehören demnach zu den wichtigsten Orientierungsgrössen für die weitere Geldpolitik. «Wir verfolgen die Auswirkungen der jüngsten Ölpreisentwicklung besonders aufmerksam.» Draghi warnte, die bereits schwache Inflation könnte weiter zurückgehen, sollte sich der Preisverfall am Rohölmarkt fortsetzen. Seit diesem Sommer sind die Ölpreise um 40 Prozent eingebrochen. Gründe sind ein hohes weltweites Angebot und eine konjunkturbedingt verhaltene Nachfrage. Befeuert wurde der Preisverfall vor einer Woche, als sich das Ölkartell Opec gegen den Preisverfall nicht mit einer Förderkürzung stemmte.

Wegen des schwachen Wachstums und der geringen Inflation will die EZB ihre Bilanz durch Wertpapierkäufe massiv ausweiten. In der Erklärung der Notenbank heisst es, es sei «beabsichtigt», die Bilanz auf das Niveau von Anfang 2012 – also um etwa eine Billion Euro – auszuweiten. Die Formulierung, die Ausweitung sei beabsichtigt, ist neu. Bisher war von einer «Erwartung» die Rede. Dies wurde von Beobachtern als Kompromissformel gedeutet, um die Gegner massiver Anleihekäufe zu beschwichtigen. Auf Rückfrage räumte Draghi ein, dass die neue Formulierung weder im Rat noch im Direktorium der EZB auf einhellige Zustimmung traf.

Wachstum und Inflation bleiben schwach
Ihre Wachstums- und Inflationsprognosen reduzierte die EZB von geringem Niveau aus weiter. Für die Jahre 2014 bis 2016 rechnet sie mit einem noch schwächeren Wachstum und geringeren Preisauftrieb. Besonders deutlich wurden die Erwartungen für 2015 nach unten gesetzt. Draghi unterstrich, dass die Prognosen bereits Mitte November fertiggestellt worden seien. Die seither um mehr als zehn Prozent gefallenen Ölpreise seien in den neuen Prognosen noch nicht berücksichtigt.

Vor Draghis Äusserungen hatte die Notenbank ihre Niedrigzinspolitik bestätigt. Der Leitzins für einwöchiges Zentralbankgeld liegt weiter bei 0,05 Prozent, auf Einlagen bei der EZB müssen Geschäftsbanken weiterhin einen Strafzins von 0,2 Prozent zahlen. Zur Konjunktur- und Inflationsbelebung kauft die EZB seit etwas mehr als einem Monat gedeckte Bankanleihen (Covered Bonds) und seit vergangener Woche gebündelte Kreditverbriefungen (ABS).

EZB-Bilanz stagniert
Auf die EZB-Bilanz haben sich diese Käufe – knapp 18 Milliarden Euro an Covered Bonds und 368 Millionen Euro an ABS – bisher nicht nennenswert ausgewirkt. Die Bilanzsumme beträgt nach wie vor etwa zwei Billionen Euro. Ein Grund sind Rückflüsse aus einstigen Langfristkrediten, die die Notenbank auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise ausgereicht hatte. Auch das Interesse an neuen Langfristkrediten, die die EZB den Geldhäusern kommende Woche erneut anbieten wird, ist bisher gering geblieben. Viele Beobachter erwarten deshalb, dass die Zentralbank zusätzliche Arten von Wertpapieren kaufen muss, um die von ihr angestrebte Bilanzausweitung zu erreichen. (awp/mc/pg)

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