Daumenfertigkeit auf dem Smartphone verändert unser Gehirn

Daumenfertigkeit auf dem Smartphone verändert unser Gehirn
(Foto: Maksim Kostenko - Fotolia.com)

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Zürich – Tippen, streichen, wischen – Nutzer von Smartphones haben flinke Daumen und Zeigefinger. Der tägliche Gebrauch der mobilen Technik formt jedoch nicht nur die Fingerfertigkeit. Wie Forschende der Universitäten Zürich und Fribourg zeigen können, verändert er auch das Gehirn. Der Cortex passt sich diesen wiederholenden Fingerbewegungen schnell an und beweist damit einmal mehr, wie plastisch unser Gehirn ist.

In unserem Gefühlszentrum im Gehirn, dem sogenannten somatosensorischen Cortex, besitzen alle Körperbereiche von der Zehe bis zum Kiefer und der Zunge festgelegte Verarbeitungsareale. Diese Areale sind flexibel und können sich verändern. Bei Geigenspielern beispielsweise ist das Areal, das den instrumentführenden Finger repräsentiert, grösser als bei anderen Menschen. Wie sich die Fingerfertigkeit von Smartphone-Benutzern auf das Gehirn auswirkt, wollte Arko Ghosh vom Institut für Neuroinformatik der Universität und der ETH Zürich wissen. Er hatte festgestellt, dass sich anhand unseres Smartphone-Gebrauchs die tägliche Plastizität des menschlichen Gehirns erforschen lässt. Und die digitalen Geräte liefern mit ihren Aufzeichnungen erst noch eine ergiebige Datenquelle für dieses Verhalten. «Smartphones bieten uns die Chance zu verstehen, wie das normale Leben die Gehirne von ganz normalen Menschen prägt», erklärt Arko Ghosh.

Zusammen mit Kollegen der Universität Fribourg hat er die Aktivierung im sensomotorischen Cortex untersucht, die durch Fingerbewegungen ausgelöst werden. Bei 37 Rechtshändern, davon 26 Smartphone-Benutzer mit Touchscreen und 11 Benutzer von alten Handys, wurde mittels Elektroenzephalografie (EEG) die kortikale Hirnaktivität gemessen. 62 Elektroden am Kopf der Probandinnen und Probanden zeichneten dieses Potenzial aufgrund von Bewegungen des Daumens, des Zeige- und Mittelfingers auf. Dabei stellte sich heraus, dass sich die kortikale Repräsentation bei Nutzerinnen und Nutzern von Touchscreen-Smartphones im Vergleich zu Personen mit herkömmlichen Handys unterscheidet.

Kortikale Aktivität hängt vom täglichen Gebrauch ab
Arko Ghosh konnte ausserdem zeigen, dass die Häufigkeit des Smartphone-Gebrauchs die kortikale Aktivität beeinflusst. Je mehr das Smartphone in den vergangenen zehn Tagen benutzt worden war, desto grösser war das Signal im Gehirn. Dieser Zusammenhang war am stärksten, nämlich proportional, im Areal, das den Daumen repräsentiert.

«Auf den ersten Blick scheint dieser Befund vergleichbar zu sein mit dem, was bei Geigenspielern geschieht», erklärt Ghosh. Zwei Unterscheide konnten die Forschenden jedoch festmachen: zum einen spielt bei Smartphone-Nutzern keine Rolle, wie lange sie ein Gerät schon besitzen und benutzen. Bei Geigenspielern hingegen war die Aktivität im Gehirn abhängig vom Alter, in dem sie zu spielen begannen. Zum anderen besteht ein linearer Zusammenhang zwischen der Aktivierung im Hirn und der letzten Nutzung des Smartphones, während dies bei Geigenspielern in früheren Studien nicht nachgewiesen werden konnte.

«Die digitale Technik, die wir im Alltag nutzen, formt die Sinnesverarbeitung in unserm Gehirn und zwar in einem Ausmass, das uns überrascht hat», fasst der Neurowissenschaftler Arko Ghosh zusammen. (Universität Zürich/mc/pg)

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