Raiffeisen-Chefökonom Neff: Der Markt spielt gegen die SNB

Raiffeisen-Chefökonom Neff: Der Markt spielt gegen die SNB
von Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff. (Foto: Raiffeisen)

Von Martin Neff, Chefökonom Raiffeisen. (Foto: Raiffeisen)

St. Gallen – Die SNB erwirtschaftet 2014 voraussichtlich einen Rekordgewinn von sagenhaften 39 Milliarden Schweizer Franken. Allein 34 Milliarden davon verdiente sie mit ihren Fremdwährungspositionen, von denen wiederum 25 Milliarden mit Wechselkursgewinnen oder Kurserfolgen und 9 Milliarden mit Zins- oder Dividendenerträgen. Unsere Nationalbank spekulierte demnach ausserordentlich erfolgreich mit ihrem inzwischen riesigen Fremdwährungsbestand.

Die Kantone dürfen auf eine Zusatzausschüttung hoffen, die den meisten sehr willkommen sein dürfte. Man könnte fast schon unken, die Krisenbekämpfung wird zu einem profitablen Geschäft für alle. Doch das ist Unsinn, denn es gibt nichts umsonst an den Finanzmärkten. Vor dem Ausbruch der Finanzkrise betrug die Bilanzsumme der SNB 127 Milliarden Franken. Heute sind es 525 Milliarden Franken, viermal mehr als im Dezember 2007. Auch wenn der Markt der SNB gut gesonnen war, hat der jetzt erzielte Gewinn viel mit der riesigen Bilanz zu tun und natürlich mit der Frankenuntergrenze, die ja gleichzeitig eine Absicherung vor einem Wertverlust des Euros gegenüber dem Franken ist. Leider wird die SNB mit ihrer Wechselkurspolitik nicht anders können, als die Bilanzsumme immer weiter auszudehnen. Leider spielt derzeit alles gegen die SNB, warum?

Grexit steht latent im Raum
Zunächst spielt die Zeit gegen die SNB. Denn je länger Europa schwächelt, desto länger muss sie das Wechselkursziel immer wieder teuer verteidigen. Dazu kommen die Märkte. Alles, was den Franken stark macht, und ihn als Fluchtwährung nervöser Anleger selbst bei Negativverzinsung alternativlos macht, erschwert den geldpolitischen Kurs der SNB. Genau das dürfte in den kommenden Wochen aber der Fall sein, denn viel spricht derzeit gegen den Euro – im Umkehrschluss – für den Franken. Der Ölpreiszerfall hat dem Deflationsgespenst wieder Auftrieb verliehen und stärkt die Position des EZB-Präsidenten Mario Draghis, der die Bilanz der EZB auch deshalb deutlich aufblähen möchte. Das wird den Euro eher schwächen.

Grexit steht latent im Raum und könnte einen weiteren Rückschlag bescheren. Die Unsicherheit über den Ausgang der griechischen Wahlen am 25. Januar lastet ebenso auf dem Euro. Davor, am 22. Januar, wird ein anderer Event für dem Euro zusetzen. Dann dürfte der EZB Chef sehr wahrscheinlich den Kauf von Staatsanleihen in Europa lostreten, auch wenn es kritische Stimmen gibt, die warnen, diesen Schritt vor dem Ausgang der griechischen Wahlen zu wagen. Da Draghi aber im Wort steht und sich die Bildung einer Regierung in Griechenland Monate hinziehen kann, wird er wohl schon Ende Januar aktiv werden. Auch das schwächt den Euro tendenziell und ist ein weiteres Hindernis für die Währungspolitik der SNB.

EZB gegen SNB
Im Grunde haben EZB und SNB dieselben Ziele. Sie versuchen, die Wirtschaft in Schwung zu bringen, die «Deflation» zu bekämpfen und das Finanzsystem zu stabilisieren. Leider machen das beide unter anderem mit der Schwächung ihrer Währung. Die prekäre Bindung an den Eurokurs schafft die paradoxe Situation, dass die SNB quasi gegen die EZB antritt. Letztere stärkt den Schweizer Franken, in dem sie den Euro drückt und die SNB versucht dies mit allen Mitteln zu vermeiden. Eine gelinde gesagt sehr unglückliche Situation, die in der aktuellen Marktkonstellation ungemütlicher zu werden scheint. Sogar unheimlich, wenn man sich vorstellt, was das für die Bilanzsumme der SNB bedeutet.

Um diesen paradoxen Quasiwährungskrieg beenden zu können, müssen die Währungshüter auf eine Erholung der europäischen Konjunktur hoffen. Die Zeichen dafür stehen zwar immer noch nicht richtig gut, aber auch nicht mehr ganz so schlecht wie im Spätsommer 2014, als ein Abgleiten in die Rezession befürchtet wurde. Immerhin laufen in Europa derzeit zwei Konjunkturprogramme parallel: die Schwächung des Euros und die gesunkenen Energiepreise müssten so viel Momentum in die Wirtschaft Europas bringen, dass das Vertrauen in diese zurückkehrt und so endlich der Druck vom Schweizer Franken genommen wird. Das hoffen auch SNB und EZB, doch bis dahin werden sie wohl weiter machen wie bisher getreu dem Motto, klotzen nicht kleckern. Darüber freuen werden sich natürlich wieder die Finanzmärkte – und die kantonalen Finanzdirektoren.  (Raiffeisen/mc/ps)

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