Entspannungssignale aus Athen vor Tsipras› Berlin-Besuch

Entspannungssignale aus Athen vor Tsipras› Berlin-Besuch

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras.

Berlin – Vor dem Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras an diesem Montag in Berlin bemühen sich beide Seiten um Signale der Entspannung. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wird Tsipras, den sie noch am Freitag in Brüssel gesehen hat, am Nachmittag mit militärischen Ehren empfangen. Bei dem Treffen geht es vor allem um den Finanzbedarf und die Reformpolitik des pleitebedrohten Landes.

Nach der verbalen Eskalation der Vortage schlug der bereits am Sonntag angereiste griechische Aussenminister Nikos Kotzias versöhnliche Töne an: «Es gibt eine langfristige Freundschaft und gemeinsame Interessen» beider Länder, sagte er der Deutschen Welle. «Das Wichtigste ist, dass man sich gegenseitig besser versteht, dass man die Stereotypen, die es gibt auf beiden Seiten, abbaut.»

Gemeinsame Arbeitsgrundlage finden
Vizekanzler Sigmar Gabriel erhofft sich, wieder eine gemeinsame Arbeitsgrundlage zu finden. «Ich persönlich erwarte, dass wir wirklich einen Neustart schaffen», sagte der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister im ARD-«Bericht aus Berlin» über Tsipras› Besuch. «Beide Seiten müssen sich ehrlich machen. Die griechische Regierung muss klar erkennen, dass ja der Rest Europas, auch Deutschland, helfen will, aber dass wir das nicht ohne Gegenleistungen, ohne faire Verabredungen über die notwendigen Reformen tun können.» Und umgekehrt gelte: «In der Vergangenheit haben die Hilfspakete vor allem Banken gedient, aber nicht den Menschen. Das glaube ich, müssen wir ändern.»

Die von Links- und Rechtspopulisten getragene Athener Regierung hatte die Euro-Partner bei ihren Rettungsbemühungen für das pleitebedrohte in den letzten Monaten auf eine harte Probe gestellt. Sie machte vor allem Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für ein Spardiktat der internationalen Geldgeber verantwortlich, das vor allem ärmere Menschen treffe. Doch die Zeit drängt: Laut «Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung» hat die griechische Regierung nur noch Geld bis zum 8. April.

Verkrampfung überwinden
Linksfraktionschef Gregor Gysi hofft auf eine Entspannung der Beziehungen. «Es wäre von grosser Relevanz, wenn die Verkrampfung überwunden, eine gewisse Leichtigkeit im Umgang und sogar ein Stück Vertrauen hergestellt werden könnten», sagte er der Deutschen Prsse-Agentur. Dazu müsse auch Merkel beitragen: «Die Kanzlerin muss darauf verzichten, nur Recht haben zu wollen, und akzeptieren, dass frühere Vereinbarungen auch geändert werden können.» Ähnlich äusserte sich die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt in der «Saarbrücker Zeitung» (Montag).

Der deutsche EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sagte am Sonntagabend in der ZDF-Sendung «Berlin direkt» mit Blick auf Tsipras: «Ich hoffe, das er morgen konstruktiver ist, als ein Teil seiner Regierung es in den letzten Wochen war.»

Auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt forderte die griechische Regierung auf, vom Wahlkampf- in den Arbeitsmodus umzuschalten. «Es ist höchste Zeit, dass sich Herr Tsipras und seine Kollegen der Realität stellen. Die Zukunft Griechenlands steht auf Messers Schneide», sagte sie der «Passauer Neuen Presse» (Montag).

Versöhnlichere Töne auch im Streit um Reparationen
Der Athener Aussenminister schlug im Streit um Reparationen für Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg auch schon versöhnlichere Töne an: «Man muss Wege finden, mit Deutschland rational über bestimmte Probleme zu diskutieren», sagte Kotzias der «Süddeutschen Zeitung» (Montag). Er schlage deshalb einen Rat aus Wissenschaftlern beider Länder vor. «Wir müssen einen gemeinsamen Nenner finden.»

Dagegen will das griechische Verteidigungsministerium nach einem Bericht der «Bild»-Zeitung (Montag) deutsche Firmen wegen der Verwicklung in Korruptionsfälle auf mehrere hundert Millionen Euro Entschädigung verklagen. Demnach haben die von Minister Panos Kammenos beauftragten Ermittler tausende Akten geprüft, zwei Fälle liegen bereits vor Gericht, 14 weitere würden noch untersucht. «Warum müssen korrupte deutsche Unternehmen Millionenstrafen für Korruption immer nur in Deutschland bezahlen, aber nicht hier in Griechenland», wurde der Minister zitiert.

Linken-Chef Bernd Riexinger unterstützte derweil die zuletzt von Tsipras seltener geäusserte Forderung nach einem Schuldenerlass für Athen. «Anders kann Griechenland niemals aus der humanitären Krise zu Wachstum und Produktivität kommen», sagte er den Dortmunder «Ruhr Nachrichten» (Montag). Die Co-Vorsitzende der Partei, Katja Kipping, forderte in den Zeitungen der Funke-Gruppe von Merkel eine Zusage, dass alle Vermögen von Griechen in Europa über 200’000 Euro eingefroren und der griechischen Finanzverwaltung gemeldet werden. (awp/mc/upd/ps)

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