Aufhebung Mindestkurs: Härtetest für die Schweizer Wirtschaft

Aufhebung Mindestkurs: Härtetest für die Schweizer Wirtschaft

Zürich – Die Frankenaufwertung infolge der Aufhebung des Mindestkurses wird die Schweizer Konjunktur erheblich belasten. Die KOF erwartet für 2015 einen Anstieg des BIP um 0.2%. Insbesondere die Exportfirmen spüren die Frankenstärke. Der private Konsum hält sich angesichts der sinkenden Preise und des Einkaufstourismus zunächst noch gut. Die Unternehmen zögern aber mit ihren Ausrüstungsinvestitionen. Der Arbeits­markt wird dieses Jahr noch relativ wenig in Mitleidenschaft gezogen, erst 2016 steigt die Arbeitslosenquote deutlicher. Im nächsten Jahr bleibt die Zunahme des BIP mit 1% schwach.

Die Konjunkturentwicklung der nächsten Monate ist massgeblich von der Aufhebung des Mindestkurses des Frankens zum Euro beeinflusst. Bei dem von der KOF im Prognosezeit­raum unterstellten W echselkurs von 1.07 Franken pro Euro sehen sich viele Unternehmen einer stark reduzierten Wettbewerbsfähigkeit gegenüber, so dass mit einem Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Produktion, gemessen am Bruttoinlandprodukt (BIP), gerechnet wer­den muss. Das BIP sinkt real und saisonbereinigt bereits im zu Ende gehenden 1. Quartal 2015 gegenüber dem Vorquartal. Erst im 4. Quartal rechnet die KOF wieder mit einem BIP-Anstieg. Insgesamt ergibt sich für 2015 dadurch ein sehr geringes Wachstum des BIP im Jahresdurchschnitt (0.2%). Im nächsten Jahr bleibt die Zunahme mit 1.0% vergleichsweise schwach.

Mit mehr als zwei Quartalen in Folge mit negativen Wachstumsraten befindet sich die Schweizer Wirtschaft demzufolge am Anfang einer technischen Rezession. Diese wird aber vorerst kaum Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Im Jahresverlauf ist jedoch in vielen Branchen mit Produktionsrückgängen zu rechnen, vor allem bei Firmen, die ihre Produkte mehrheitlich im Euroraum absetzen. Das Exportwachstum wird dieses Jahr tiefe 1.2% (2016: 2.4%) betragen.

Mehr Arbeitslose
Die Arbeitslosenquote gemäss Definition des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) dürfte in diesem Jahr leicht auf 3.4% steigen. Im kommenden Jahr ist mit einer höheren Quote von 3.8% zu rechnen. Gemäss der für internationale Vergleiche heranzuziehenden Definition der internationalen Arbeitsorganisation (ILO) wird die Arbeitslosenquote 4.5% (2015) bezie­hungsweise 4.9% (2016) betragen.

Die sich verschlechternde Arbeitsmarktlage wird dem privaten Konsum zusetzen. Aufgrund der immer noch komfortablen Einkommenssituation und der tieferen Preise wird die Ab­schwächung allerdings nicht sehr deutlich ausfallen. Der private Konsum erweist sich einmal mehr als Stütze der schweizerischen Konjunktur (2015: 2.0%). Der Index der Konsumenten­preise LIK dürfte in diesem Jahr erneut um -0.8% zurückgehen. Nächstes Jahr stagnieren die Preise.

Sowohl bei den Ausrüstungsinvestitionen als auch im Wirtschaftsbau dürfte es zu Rückgän­gen kommen. Aufgrund der unsichereren konjunkturellen Lage und der Unsicherheit bezüg­lich der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative wurden viele Investitionspläne vor­erst gestoppt. Die KOF rechnet für dieses Jahr mit Wachstumsraten von 0.3% für die Aus­rüstungsinvestitionen bzw. -0.6% für die Bauinvestitionen.

Internationaler Aufschwung dürfte anhalten
Auch wenn sich die Konjunktur in den USA im Winterhalbjahr 2014/2015 abgeschwächt hat, dürfte sich der Aufschwung fortsetzen. Hierfür sprechen die gute Beschäftigungsentwicklung,das monetäre Umfeld und der tiefe Ölpreis. Im nächsten Jahr dürfte sich das Wachstum auf­grund der Straffung der Geldpolitik durch das Fed leicht verringern. Die Konjunktur ist in vie­len Ländern des Euroraums wieder auf einem positiven Pfad. Unterstützt durch die weitere Lockerung der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, eine weniger restriktive Fiskalpoli­tik, die anhaltende Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar und den weiterhin tiefen Öl­preis wird sich die W irtschaft im Euroraum positiv entwickeln. Mit Ausnahme von Indien ver­langsamt sich dagegen das Expansionstempo in den grossen Schwellenländern. China kann nicht mehr die hohen W achstumsraten der vergangenen Jahre vorweisen, Brasiliens Wirt­schaft stagniert und droht in eine Rezession zu gleiten und auch die Aussichten für die russi­sche Wirtschaft sind aufgrund des Rubelverfalls und der Wirtschaftssanktionen eingetrübt.

Erhöhte Prognoseunsicherheit
Wie erwähnt, geht die KOF von der Annahme aus, dass der Wechselkurs bis Ende 2016 stabil bei 1.07 Franken je Euro verbleibt. Sowohl eine tiefere als auch eine höhere Bewertung sind jedoch möglich. Wie ein pessimistischeres Konjunkturszenario unter Annahme der Pa­rität von Franken und Euro aussehen könnte, hat die KOF in ihrer Prognose vom 28. Januar 2015 bereits gezeigt. Die BIP-Prognose für die Schweiz lag bei -0.5% im laufenden Jahr.

Eine Umfrage der KOF zeigt allerdings, dass die Schweizer Unternehmen über die nächsten Quartale eher eine leichte Abwertung des Frankens gegenüber dem Euro erwarten. Kommt hinzu, dass die Schweizer Wirtschaft in den letzten Jahren bei exogenen Schocks eine be­merkenswerte Anpassungsfähigkeit an den Tag gelegt hat. Somit könnte auch eine positivere Entwicklung eintreten, als von der KOF in der aktuellen Prognose erwartet wird.

Weitere Informationen zur KOF Frühjahrsprognose: http://www.kof.ethz.ch. (KOF/mc/ps)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert