X.DAYS: Engagierter Dialog an der Konferenz zu digitalem Wandel

X.DAYS: Engagierter Dialog an der Konferenz zu digitalem Wandel

Loïc Le Meur: Wie 3D-Drucker unser Leben verändern sollen. (Foto: X.DAYS 2015)

Interlaken – Serienunternehmer und Technologie-Guru Loïc Le Meur hat die X.DAYS 2015 mit einem Referat über die bevorstehenden technologischen Entwicklungen abgeschlossen und skizzierte dabei eine faszinierende Welt der 2030er-Jahre. An der Konferenz zum digitalen Wandel trafen sich in den letzten zwei Tagen rund 450 Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik und ICT sowie hochkarätige Referenten aus dem In- und Ausland zum engagierten Dialog und Networking.

Der in San Francisco wohnhafte französische Unternehmer und Gründer von LeWeb, Loïc Le Meur, zeigte seine Begeisterung für neue, sich entwickelnde Technologien und skizzierte eine faszinierende Welt der 2030er Jahre. Besonders viel verspricht er sich von 3D-Druckern. «In einigen Jahrzehnten werden wir uns unsere Nahrung oder sogar einen Mercedes ausdrucken», ist Le Meur überzeugt. Alltägliche Waren würden dadurch sehr günstig oder sogar gratis werden. Grosses Potential sieht er ausserdem in selbstfahrenden Autos und intelligenten Robotern.

«Bei einem Notfall im Ausland kann eine elektronische, zentral gespeicherte Gesundheitsakte dem behandelnden Arzt Informationen geben, die Ihr Leben retten», so Martin Tiani, CEO und Gründer der Tiani Spirit GmbH. Der österreichische Industrie-Ingenieur plädierte für einen intensiveren internationalen Informationsaustausch im Gesundheitswesen und zeigte die vielfältigen Vorteile von digitalen Patientendossiers auf. Von Moderatorin Melinda Crane auf die Sensibilität und möglichen Missbrauch der Daten angesprochen, sagte Tiani, dass der Patient seine Daten zum einen selber verwalten könne und zum anderen der Nutzen eines solchen Systems überwiege.

«Eine Marke kann mit Hilfe der sozialen Netzwerke von einem einzigen Konsumenten ruiniert werden», sagte Martin Lindstrøm. Dies gelte es zu akzeptieren und zu nutzen, so der Markenexperte und Bestseller-Autor. Erfolgreiches Marketing basiere heute darauf, die Konsumenten zu verstehen, ernst zu nehmen und ihre Wünsche proaktiv umzusetzen. Beim Entwickeln eines neuen Konzeptes sei es deshalb wichtig, die Kunden mitarbeiten zu lassen. «So werden nicht nur ihre Anliegen optimal verwirklicht. Die Konsumenten fühlen sich einbezogen, sind stolz und werden die Firma noch eher weiterempfehlen.»

Unternehmen wie Uber oder AirBnB, die Privatpersonen das Teilen und Vermieten von Wohnraum und Autos ermöglichen, florieren. «Diese Bewegung schont unsere Ressourcen. Aber welche Rolle werden die Unternehmen spielen, wenn die Leute in Zukunft, das was sie brauchen, immer häufiger voneinander ausleihen?», fragte Jeremiah Owyang. Der Gründer von Crowd Companies belegte anhand von Beispielen, dass alle Branchen von der Collaborative Economy betroffen sind. Es bringe nichts, diese Entwicklungen zu bekämpfen. Deshalb müssten Unternehmen, die Produkte verkaufen, zukünftig Dienstleistungen anbieten und Firmen, die bislang Dienstleistungen anboten, Marktplätze schaffen.

Kirill Tatarinov
Kirill Tatarinov, Executive Vice President von Microsoft Business Solutions. (Foto: X.DAYS 2015)
 
Kirill Tatarinov, seit 2007 Executive Vice President von Microsoft Business Solutions, präsentierte Strategien, wie sich einzelne Abteilungen einer Firma und ganze Unternehmen an veränderte Marktbedingungen anpassen können. Der 50-Jährige, der über einen Masterabschluss als Ingenieur und in Betriebswirtschaftslehre verfügt, wies unter anderem darauf hin, dass Marketing heute mit Customer Care untrennbar verbunden sei.

«Enchanted Objects» seien normale Gegenstände, die einfach vernetzt und verbessert seien, erklärte David Rose. «Den Ausdruck Internet of Things mag ich nicht besonders, denn er ist einfach nicht spektakulär genug für diese aufregende digitale Entwicklung», so der 48-Jährige. In seinem Keynote-Referat an den X.DAYS stellte der Amerikaner verschiedene Produkte vor, die er mit seinem Team am MIT Media Lab entwickelt hat. So zum Beispiel eine Gabel, die dem Benutzer mitteilt, wann er genug gegessen hat.

Morten Lund war ein erfolgreicher Angel Investor als er 2008 sein ganzes Vermögen in eine Gratiszeitung steckte, die Pleite ging. 2009 machte er Privatkonkurs. «Ich habe mein Haus verloren, meine Autos, meine Kunstsammlung.» Dies habe ihn dazu gezwungen, über das System und seine Strategie nachzudenken, so der 42-jährige Däne. Innerhalb eines Jahres regelte der Studienabbrecher seine Schulden und investiert heute wieder in verschiedene Firmen. «Willst du erfolgreich sein, musst du mit Leidenschaft dabei sein und Regeln brechen», riet er den Kongressteilnehmenden.

Der Experte für Big Data und Daten-Redaktor beim «Economist» Kenneth Cukier präsentierte konkrete Beispiele, wie auch «normale Leute» von Big Data profitieren können. So soll es schon bald die Regel sein, den günstigsten Zeitpunkt zum Kauf von Flugtickets am eigenen Computer zu berechnen. «Dass in Zukunft alles gemessen und quantifiziert wird, lässt sich kaum mehr vermeiden», so Cukier. Dies hat seiner Ansicht nach deutlich mehr Vor- als Nachteile.

Visionäre Jungunternehmen
Im Programmpunkt X.Visions präsentierten drei Jungunternehmen ihre Geschäftsmodelle. Der Gründer und CEO von Squirro, Dorian Selz, ist überzeugt: «Firmen brauchen die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt.» Das Start-up Squirro, welches bereits in mehreren europäischen Ländern vertreten ist, ermöglicht es mit Hilfe einer Deluxe-Suchmaschine, Informationen einfach und schnell zu gewinnen. Dank eigenständigem Filtern und automatischen Verknüpfungen verringert die intelligente Suchmaschine die Suchzeit und den Aufwand von Mitarbeitenden.

Samira Negm
Samira Negm, Entwicklerin der App Raye7. (Foto: X.DAYS 2015)

Ein Drittel ihrer produktiven Zeit verschwendet die Softwareentwicklerin Samira Negm wie unzählige andere Menschen in Kario täglich im Stau auf dem Weg zur Arbeit. «Der überlastete und durch sexuelle Belästigung geprägte öffentliche Verkehr oder das anonyme Carpooling stellen insbesondere für Frauen keine Alternativen dar», so die zweite X.Visionärin an den X.DAYS. Die 27-jährige Ägypterin entwickelte die App Raye7, die Frauen dank Nutzung ihrer LinkdedIn- und Facebook- Kontakte sicheres und flexibles Carsharing ermöglicht.

«Mit Hilfe digitaler Anwendungen lassen sich die Servicequalität und die Effizienz von Dienstleistungen enorm steigern», sagte Manuel Grenacher, Gründer des Spin-Offs Mila. «Unser digitaler Marktplatz ermöglicht Kunden und Anbietern wie beispielsweise Handwerkern ein einfaches, schnelles Interagieren und damit ein rasches Ausführen der Aufträge.» (mc/pg)

Alle Referate der X.DAYS 2015 können im Live-Blog nachgelesen werden.

Über die X.DAYS
Die national führende Digitalkonferenz X.DAYS, an der sich jedes Jahr Entscheidungsträger auf Wirtschaft, Politik und ICT im Berner Oberland treffen, wird 2015 neu von NZZ Konferenzen durchgeführt. Unter dem Motto «Ready for the next Revolution» werden an den X.DAYS 2015 die Herausforderungen und Chancen des digitalen Wandels auf Schweizer Unternehmen und Geschäftsmodelle diskutiert. Nebst dem ausgeprägten Impuls- und Weiterbildungscharakter steht das Networking im Zentrum. Die X.DAYS werden von den langjährigen Key Partnern Microsoft, Canon und EMC unterstützt. Seit diesem Jahr engagieren sich auch Die Schweizerische Post und Swisscom auf höchster Partnerstufe für die Konferenz. Die X.DAYS 2016 finden am 16. und 17. März statt.

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