Tobias Unger, COO Falcon Private Bank Ltd.

Tobias Unger, COO Falcon Private Bank Ltd.

Tobias Unger, COO Falcon Private Bank Ltd.

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Unger, während sonst fast alle Unternehmen nach Asien drängen, verkaufte die Falcon Private Bank anfangs 2014 die Niederlassung in Hongkong an die EFG, um den Fokus auf den nahen Osten, Afrika und Osteuropa zu schärfen. Wie hat sich das im letzten Jahr auf das Wachstum ausgewirkt, wie sehen die Wachstumsziele für die kommenden zwei Jahre aus?

Tobias Unger: Nach einer gründlichen strategischen Überprüfung haben wir uns anfangs 2014 entschlossen, aus dem Hongkong-Business auszusteigen. Wir waren mit der Geschäftsentwicklung nicht zufrieden und haben daher die Opportunitätskosten im Zusammenhang mit der Fortführung unseres Hongkong-Geschäftes sorgfältig abgewogen.

«Trotz des Ausstiegs in Hongkong halten wir weiterhin an Asien fest. 2014 haben wir unsere Niederlassung in Singapur ausgebaut.» Tobias Unger, COO Falcon Private Bank Ltd.

Trotz dieses Ausstiegs halten wir weiterhin an Asien fest. 2014 haben wir unsere Niederlassung in Singapur ausgebaut, indem wir nebst dem bestehenden Private Banking-Desk auch ein EAM-Desk und ein Trading-Desk aufgebaut haben. Auch 2015 planen wir weitere Kundenberater zu rekrutieren und wir sind überzeugt, dass unser Hub in Singapur uns ermöglichen wird, vom Wachstum im südostasiatischen Markt zu profitieren. Trotz Schliessung des Hongkong-Geschäftes haben wir im 2014 mit einem Neugeld-Zuwachs von 20% ein Rekordergebnis erzielt. Alle unsere Zielmärkte mit der Schweiz, Zentral- und Osteuropa sowie dem Mittleren Osten und Asien, haben einen positiven Beitrag dazu geleistet.

Um die Flexibilität bei der Umsetzung der Bankenstrategie zu erhöhen und die operativen Kosten zu senken, haben Sie zuerst zu Beginn 2013 den Betrieb der Bankenplattform und ein Jahr danach auch umfassende Geschäftsprozesse an B-Source ausgelagert. Inwieweit wurden die angestrebten Ziele bis anhin erreicht?

Das Outsourcing unserer Bereiche IT und Back Office waren mit den Zielsetzungen verbunden, unsere IT-Infrastruktur zu modernisieren, unsere Effizienz zu steigern und letztlich unsere Ressourcen auf die Kernkompetenzen  zu konzentrieren. Wir konnten alle gesteckten Ziele wie geplant erreichen und sind heute, strategisch wie auch operativ, gut für die Zukunft gerüstet.

Welche konkreten Kriterien wurden definiert, um den Erfolg des Projektes zu messen, was waren die schwierigsten Klippen, die gemeistert werden mussten im Projekt?

Wie immer bei solchen Projekten galt es, die von uns geplanten Funktionalitäten innerhalb eines finanziellen und zeitlichen Rahmens erfolgreich einzuführen. Zusätzlich lag uns viel daran, unser Tagesgeschäft in der Übergangsphase uneingeschränkt zu unterstützen und einen nahtlosen Übergang zum neuen Business Modell für Kunden und Mitarbeiter zu gewährleisten.

«Die Verantwortung für die Definition von Standards und für die Einhaltung von regulatorischen Anforderungen kann man nicht delegieren oder outsourcen.»

Die grösste Projekt-Herausforderung bestand jedoch darin, frühzeitig im Prozess die Bankstrategie und unser Business Model grundsätzlich zu überprüfen und zu bekräftigen, um später daraus resultierende Anforderungen an unseren Partner zu spezifizieren. In der Projektumsetzung stellten sich die disziplinierte, konsequente Ausrichtung an die definierten Standards sowie die internen organisatorischen Anpassungen der vorhandenen Strukturen und Prozesse als wichtige Erfolgsfaktoren heraus.

Gerade bei einer auf internationales Wachstum ausgelegten Strategie ist der Umgang mit unterschiedlichen, dauernd weiter gehenden Regulierungs- und Compliance-Regelwerken eine entscheidende Kompetenz. Wie weit lässt sich das an einen externen Anbieter auslagern?

Die Verantwortung für die Definition von Standards und für die Einhaltung von regulatorischen Anforderungen kann man nicht delegieren oder outsourcen. Diese Verantwortung tragen wir weiterhin selber. B-Source unterstützt uns allerdings mit einer modernen Plattform und entsprechenden Lösungen, um diese Standards zu implementieren und deren Einhaltung zu überwachen. Hierbei konnten wir auch von der Erfahrung der B-Source Kunden-Community profitieren.

Für eine erfolgreiche Auslagerung muss ein Unternehmen sich tendenziell auf eine Standardisierung von Abläufen und Technologien einlassen und auf eine umfassende Individualisierung verzichten. Wie hat sich das auf die Falcon Private Bank ausgewirkt?

Die Standardisierung von einfachen Basisprozessen, welche kein Differenzierungspotenzial bieten, hat sich als richtiger Entscheid erwiesen. Damit konnten wir einheitliche Service Levels punkto Qualität und Geschwindigkeit einführen und die Ressourcen dort konzentrieren, wo unsere Kernkompetenz in der Wertschöpfungskette gefragt ist – in der Erarbeitung von individuellen Private Banking-Lösungen für unsere Kunden. Ich bin der Ansicht, dass die Finanzindustrie das verfügbare Standardisierungs-Potenzial von Geschäftsabläufen noch zu wenig ausschöpft. Zahlreiche Marktteilnehmer versuchen sich immer noch über „Commodity“-Dienstleistungen zu differenzieren.

Wie haben Sie für die Falcon Private Bank festgelegt, welche Prozesse und Leistungen Sie intern abdecken müssen und was Sie an den Outsourcing Partner abgeben können?

Grundsätzlich haben wir uns an den von B-Source erprobten Outsourcing-Dienstleistungen orientiert. Wir haben den Wertschöpfungsprozess analysiert und uns zum einen überlegt, welche Tätigkeiten wieviel Wert für den Kunden schaffen und ob wir sie weiterhin selber erbringen wollten und zum anderen, welche Leistungen standardisiert und ausgelagert werden könnten. Wichtig war uns in diesem Zusammenhang auch die Definition der Schnittstelle, zwischen der Bank und dem Outsourcing-Partner, um die Abläufe von beiden Seiten optimal abzustimmen.

Welche zusätzliche Kompetenzen hat die Falcon Private Bank in der Zusammenarbeit mit der B-Source entwickelt, wie unterscheidet sich heute die Bank gegenüber ihren Mitbewerbern?

Infolge der Auslagerung wurden die Controlling-Abläufe für die laufende Überprüfung der extern erbrachten Leistungen ausgebaut. Dies um sicherzustellen, dass die vereinbarten Service Levels jederzeit eingehalten werden. Als B-Source Kunde profitieren wir auch vom Knowhow der Kunden-Community. Wenn eine neue Lösung erarbeitet wird, findet im Netzwerk ein wichtiger Austauschprozess statt, der uns bisher bei der zielorientierten Umsetzung sehr hilfreich war.

«Zurzeit planen wir die Evaluation von neuen digitalen Banklösungen, die unsere digitale „Client Experience“ weiter ausbauen soll.»

Der gesamte Finanzsektor sieht sich der Herausforderung einer umfassenden Digitalisierung gegenüber: Mobile Plattformen, Soziale Medien, digitale Kunden-Interaktion. Welche Auswirkungen hat dies konkret auf die Falcon Private Bank und welche Rolle spielt hier das Outsourcing?

Unsere heutige E-banking Lösung stellt eine solide Plattform dar, welche alle gängigen Bankgeschäfte ermöglicht. Zurzeit planen wir die Evaluation von neuen digitalen Banklösungen, die unsere digitale „Client Experience“ weiter ausbauen soll. In diesem Zusammenhang unterstützt uns unser Outsourcing-Partner mit dem dafür notwendigen Wissen, da wir selber keine eigenen Entwicklungen in diesem Bereich anstreben. Man muss die Digitalisierung jedoch etwas differenzierter betrachten; im Private Banking, und speziell in den Emerging Markets, gehört die digitale Vorherrschaft nicht zu den Top-Prioritäten und wir sehen uns eher als „Early Follower“, denn als Innovator.

Wo sehen Sie in der durch die Globalisierung zunehmend kompetitiver werdenden Welt Chancen für kleine Schweizer Finanzinstitute, wo ist „Swissness“ auch in Zukunft ein gefragter Wert?

Der Konsolidierungsprozess der Finanzindustrie wird in den nächsten Jahren weiter voranschreiten und es ist sehr wichtig, dass man sich im Markt klar positioniert und gegenüber den anderen Anbietern abgrenzt. Wir halten weiterhin an unserer 50-jährigen Swiss Private Banking-Tradition fest, weil wir überzeugt sind, dass dieser Asset eine hohe Anziehungskraft ausübt – speziell in den Schwellenmärkten. Die Swissness per se jedoch, als alleiniges Verkaufsargument, genügt heute nicht mehr, um in diesem Geschäft nachhaltig erfolgreich zu sein.

«Die Swissness per se, als alleiniges Verkaufsargument, genügt heute nicht mehr, um in diesem Geschäft nachhaltig erfolgreich zu sein.»

Swissness als Marke geniesst vor allem bei ausländischen Kunden weiterhin grosses Vertrauen. Diese Vorschusslorbeeren muss man jedoch in nachhaltig gute Geschäfte ummünzen, indem man mit relevanten Kundenlösungen Nutzen stiftet. Wenn einem dies nicht gelingt, verliert der Kunde bald das Vertrauen und die Geduld und zieht zu einem Mitbewerber weiter, der die Kundenbedürfnisse besser abdeckt. Ich glaube jedoch fest an den Finanzplatz Schweiz, weil er im internationalen Private Banking-Vergleich eine überdurchschnittliche Ausbildung und Kompetenz der Mitarbeiter ausweisen kann und sich über Jahre als solider Partner etabliert hat.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?

Ich wünsche mir für die Zukunft ein grösseres Selbstvertrauen in der Bankindustrie und in der Schweizer Politik, um dem Finanzplatz Schweiz langfristig den Rücken zu stärken. Zudem müssen wir sicherstellen, dass wir weiterhin gut ausgebildete, internationale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verpflichten können, um unsere weltweit tätigen Kunden optimal zu betreuen.

Der Gesprächspartner:
Tobias Unger stiess 2010 nach der Übernahme durch aabar Investments PJC als COO und Stellvertreter des CEOs zur Falcon Private Bank.

Davor war er als Direktor für Mergers & Acquisitions bei der UBS tätig. In dieser Funktion beriet er die Falcon Private Bank bei der Übernahme durch aabar. Tobias Unger besitzt umfassende Kenntnisse der Bankenindustrie dank seiner Arbeit bei der UBS und  Merrill Lynch in Zürich und London, wo er verschiedene Positionen im Investment Banking und im Wealth Management inne hatte. Bei der Falcon Private Bank spielte Tobias Unger eine zentrale Rolle bei der Erarbeitung und Umsetzung der neuen Strategie. Er überwachte die Auslagerung der zentralen Informatik- und Back-Office-Funktionen und leitete einige Übernahmen, Verkäufe und Restrukturierungen.

Tobias Unger ist Vizepräsident des Verwaltungsrates der bank zweiplus und nicht-exekutives Verwaltungsrats-Mitglied der Falcon Private Wealth Ltd. Tobias Unger besitzt einen Master-Abschluss in Recht (lic. iur.) der Universität von Bern.

Das Unternehmen:
Falcon Private Bank ist eine Schweizer Privatbank Boutique mit 50 Jahren Erfahrung in der Vermögensverwaltung. Der Hauptsitz liegt in Zürich. Von der Schweizer Finanzmetropole aus und via unsere Niederlassungen und Vertretungen in Genf, London, Singapur, Abu Dhabi und Dubai betreuen die Bankenmitarbeitenden Privatkunden und wohlhabende Familien.  1965 in Zürich als Überseebank gegründet, wurde das Unternehmen 1998 in AIG Private Bank umbenannt. 2009 wurde zusammen mit einem Eigentümerwechsel der Name Falcon Private Bank lanciert. 

Falcon Private Bank gehört heute der International Petroleum Investment Company (IPIC). Dabei handelt es sich um einen der weltweit grössten Staatsfonds im Besitze der Regierung von Abu Dhabi. IPIC wurde im Jahre 1984 von den Vereinigten Arabischen Emiraten gegründet, um in Energie und verwandte Sektoren rund um den Globus zu investieren.

 

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