Patrick W. Diemer, CEO AirPlus International im Interview

Patrick W. Diemer, CEO AirPlus International im Interview
Patrick W. Diemer, Vorsitzender der Geschäftsführung AirPlus International (Bild: AirPlus)

Patrick W. Diemer, Vorsitzender der Geschäftsführung AirPlus International (Bild: AirPlus)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Diemer, die AirPlus ist auch im 2014 gewachsen (Umsatzerlöse von 298 auf 320 Mio. EUR, Gewinn von 19,5 auf 40,4 Mio. EUR), während weltweit der Geschäftsreisemarkt, vor allem die Geschäftsflüge (-3.6%), abnehmen. Wie kommt dieses Wachstum zustande und wie ist Ihre Einschätzung für 2015?

Patrick W. Diemer: Wir verdanken unser Wachstum dem Zugewinn an Neukunden, besonders in unseren internationalen Märkten. Die Nachfrage nach einer umfassenden Bezahl- und Abrechnungslösung ist in vielen Märkten weltweit weiterhin sehr hoch.

«Unsere stärksten Wachstumsmärkte sind derzeit China, Italien, die USA und Frankreich.» Patrick W. Diemer, Vorsitzender der Geschäftsführung AirPlus International

Unsere stärksten Wachstumsmärkte sind derzeit China, Italien, die USA und Frankreich. In diesen Märkten haben Sie ganz unterschiedliche Entwicklungsgrade eines professionellen Geschäftsreisemanagements, aber der Bedarf nach einer Lösung, die sich in die Payment-Prozesse des Unternehmens sowie in die Buchungsprozesse von Reisebüros und Leistungsträger nahtlos integrieren lässt, ist für „Neueinsteiger“ wie Experten ungebrochen. Letztendlich unterstützt die AirPlus-Lösung Unternehmen dabei, ihre Ausgaben im Geschäftsreisebereich zu steuern und zu optimieren. Damit schaffen Unternehmen auch die Voraussetzung für eine kostenbewusste Mobilität unabhängig von äusseren wirtschaftlichen Einflüssen.

Ihre grössten Märkte (Deutschland, Frankreich und Italien) dürften auch in den kommenden Jahren kaum mit grossem Wirtschaftswachstum rechnen, in Ihrem grössten Wachstumsmarkt China hat die Führung verkündet, dass das Wachstum reduziert und vor allem der einheimische Markt entwickelt werden soll. Wie wirkt sich das auf Ihre Strategie und die Perspektiven von AirPlus aus?

Ihre Mobilität schränken Unternehmen erst dann ein, wenn es wirtschaftlich wirklich schlecht läuft. Will sagen: auch bei weniger euphorischen Prognosen wird weiterhin geschäftlich gereist. Denn nur so lassen sich bestehende Geschäftsverbindungen aufrechterhalten und neue Kontakte ausbauen – ein wichtiger Faktor, um auch in Jahren mit geringem Wirtschaftswachstum neue Horizonte zu erobern. Mobilität wird durchaus als Wachstumsmotor begriffen.

«Wir konnten bisher noch keinen Rückgang der Reiseaktivitäten nach der Aufgabe des Franken-Mindestkurses feststellen.»

2009 haben wir die Erfahrung gemacht: die Wirtschaft muss schon eine Weile schlecht laufen, damit sich das auch im Geschäftsreise-Aufkommen bemerkbar macht – dann aber deutlich. Wir haben aber auch gelernt: lange schränken Unternehmen ihre Reisetätigkeit nicht ein. China ist noch mal ein anderes Thema: hier ist der Bedarf an einer professionellen Lösung für das Abrechnen und Bezahlen von Geschäftsreisen so gross und auch relativ neu, so dass wir hier auch in den nächsten Jahren mit weiterhin attraktiven Wachstumsraten rechnen.

Viele Unternehmen tun sich mit der chinesischen Geschäftskultur schwer. Was waren die Gründe dafür, dass AirPlus den Einstieg  in den chinesischen Markt erfolgreich geschafft hat?

Entscheidend war zunächst unser „follow the customer“-Ansatz, das heisst, unser erstes Ziel mit unserem Markteintritt in 2008 war es, unseren vornehmlich europäischen Kunden eine professionelle Bezahllösung für ihre chinesischen Niederlassungen zu bieten. Als Pionier für eine solche Lösung konnten wir auch multinationale Unternehmen im chinesischen Markt gewinnen, die in Europa nicht unsere Kunden sind – aber eben eine Travel Payment Lösung für China benötigten.

Parallel dazu haben wir uns ein starkes Partnernetzwerk aufgebaut, zu dem unter anderem TravelSky, das einzige chinesische Global Distribution System, sowie AirChina und die China Merchants Bank (führender Herausgeber von Firmenkreditkarten in China) gehören. Das war dann auch die Voraussetzung dafür, mit chinesischen Kunden in Kontakt zu kommen. Seit 2011 gewinnen wir zunehmend lokale Unternehmen sowohl aus dem stattlichen als auch aus dem privaten Sektor hinzu. Mittlerweile betreuen wir nicht nur die Tier 1-Metropolen, sondern bauen unsere Vertriebsaktivitäten immer stärker in den Tier 2-Städten aus.

Die EU verlangt künftig die Abrechnung der Mitarbeiterkarten über ein Firmenkonto. Sie haben dazu nebst der bestehenden “Corporate Pay”-Option neu auch eine “Individual Pay”-Möglichkeit, bei welcher es ab 2017 keine Aufpreise durch Dritte (Surcharges) geben darf und die Interbanken-Gebühren klar begrenzt sein werden. Welchen Anteil am Geschäft erwarten Sie für diese Option und was heisst das für die Entwicklung der Margen von AirPlus?

Richtig, diese Abrechnungsmöglichkeiten haben wir aufgrund der anstehenden Gesetzgebung zur Regulierung erarbeitet. Noch aber hat die EU die konkreten Details zur Regulierung der Inter Change Fee nicht veröffentlicht. Diese benötigen wir aber, um unsere Produkte entsprechend anzupassen und diese auch anbieten zu können. Genauso können wir ohne diese Informationen auch noch keine Prognosen abgeben, für welche möglichen Abrechnungsmodelle sich unsere Kunden entscheiden werden. Ende des Jahres können wir hier sicher mehr sagen.

In der von AirPlus seit zehn Jahren verfassten internationalen Studie zum Thema Reise-Management zeigt sich ein erstaunliches Bild. Die Reisemanager rechnen trotz schwieriger werdenden wirtschaftlichen Bedingungen mit höheren Ausgaben für Geschäftsreisen und einer Zunahme der Anzahl von Reisen. Wie passt das ins Bild von Sparbemühungen und Alternativen wie Videokonferenzen?

Die Videokonferenzen können nur einen Teil der Reisen ersetzen. Die Firmenkunden machen heute dank der neuen Technologie einfach viel mehr Meetings und fliegen immer noch.

«Mit dem AirPlus Green Company Account bieten wir das erste komplett CO2-neutrale Produkt in der Finanzdienstleistungsbranche an.»

Viele Unternehmen bemühen sich, einen Beitrag zur Reduktion des ökologischen Fussabdruckes zu leisten. Wie wirkt sich das auf die Reisetätigkeit aus?

Nachhaltigkeit im Geschäftsreisebereich wird von Unternehmen sehr unterschiedlich und individuell über Reiserichtlinien und Einkaufspolitik gesteuert. Hier unterstützen wir unsere Unternehmenskunden seit einigen Jahren bei ihren Bemühungen, Geschäftsreisen nachhaltig zu gestalten. Mit dem AirPlus Green Company Account bieten wir das erste komplett CO2-neutrale Produkt in der Finanzdienstleistungsbranche an und setzen damit neue Massstäbe beim Umweltschutz. Für diese Lösung wurde AirPlus im März auf der ITB in Berlin mit dem Titel „Pionier nachhaltige Finanzprodukte für die Reisebranche“ ausgezeichnet. Hinzu kommt die Möglichkeit, mit der Auswertung von Green Reports den Nachhaltigkeitsnachweis in diesem Bereich schnell und umfassend zu liefern und geeignete Massnahmen für umweltbewussteres Reisen abzuleiten.

Der Markt für Bezahldienste ist immer wieder Gegenstand neuer Anbieter und Methoden. Apple Pay kooperiert in einer ersten Phase noch mit den Kartenanbietern, während zum Beispiel die Bitcoin-Bewegung den Währungsmarkt vollständig revolutionieren will. Welche Neuentwicklung oder Innovation wird in Ihrem Bereich einen spürbaren Einfluss haben?

Richtig, es sind unglaublich viele neue Anbieter für neue Technologien in den Payment-Markt eingetreten. Noch ist nicht klar, welche der Technologien sich tatsächlich durchsetzen werden, dafür ist der Markt aktuell zu sehr in Bewegung. Wir haben uns aber selbst sehr früh im Bereich mobile payment engagiert und bieten hier mit Mobile A.I.D.A. bereits eine Lösung an, die speziell auf die Bedürfnisse von Unternehmen und ihre Mitarbeiter auf Geschäftsreisen zugeschnitten ist.

Dass zum Beispiel Appel Pay jetzt die NFC-Technologie in sein Smartphone integriert hat gibt uns die Hoffnung, dass sich diese Technologie dadurch auch schneller verbreiten wird – nicht nur in den Endgeräten, sondern auch an den Point of Sales. Auch diese Lösung haben wir gemeinsam mit der Deutschen Telekom für 18 Monate in einem Pilotprojekt getestet und wertvolle Erkenntnisse für die Anforderungen von Geschäftsreisenden an eine solche Bezahllösung gewonnen. Wir sind hier in unserer Nische tatsächlich selbst Vorreiter und sehen es als grosse Chance, wenn sich big players im Consumer Bereich jetzt für diese Technologien einsetzen.

In der Schweiz hat die Entscheidung der Nationalbank, den Mindestkurs des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro aufzugeben, teilweise für Untergangsstimmung gesorgt. Welche Veränderungen der Reisetätigkeit konnten Sie bis anhin feststellen?

Wir konnten bisher noch keinen Rückgang der Reiseaktivitäten feststellen. Wir werden das nach den Sommerferien nochmals evaluieren und warten auch mit Spannung auf die weitere Entwicklung.

In der Schweiz sind im 2014 zwar die Kosten bei den Flügen gesunken, dafür wurden aber mehr Flugtickets gekauft. Welche Entwicklung erwarten Sie für 2015 in der Schweiz?

Wir erwarten für 2015 das gleiche Bild. Wenn die Frankenstärke noch länger anhält, kann dies aber durchaus dazu führen, dass noch mehr Kosten gespart werden müssen und dadurch der Anteil der günstigeren Eco-Tickets wieder ansteigt.

Auf Management-Ebene gibt es einen erhöhten Druck, vermehrt Frauen zu fördern. Wie wird sich das auf den Reisemarkt auswirken, reisen Frauen anders als Männer?

In der Schweiz reisen Frauen in der Tat anders als Männer. Zuerst einmal ist zu sagen, dass sich weiterhin viel mehr Männer auf Geschäftsreisen befinden als Frauen. Im Jahr 2014 waren 83,4% der Geschäftsreisenden Männer, 16,6% waren Frauen. Der Anteil der Frauen hat aber im Vergleich zu 2013 leicht zugenommen. 2013 waren es 83,9% Männer und 16,1% Frauen.

Das unterschiedliche Buchungsverhalten ist anhand der Vorausbuchungsfrist und der Stornierungsrate zu sehen. Frauen buchten 2014 im Schnitt 23,9 Tage vor der Reise, Männer nur 20,2 Tage. Frauen stornieren auch weniger Tickets. 2014 waren es 3,1% der Tickets, bei Männern waren es 4,2%. Aus diesen beiden Gegebenheiten resultiert, dass Frauen günstiger reisen als Männer. Wer früher bucht und weniger Stornierungskosten hat, erhält am Schluss die besseren Raten.

Der Gesprächspartner:
Patrick W. Diemer (58) kam im April 2003 zu AirPlus International. Als Vorsitzender der Geschäftsführung ist er für Marketing, Vertrieb, Personal und Strategie zuständig. Dies beinhaltet auch alle Aktivitäten zur internationalen Expansion.

Patrick W. Diemer wurde in Mainz geboren und hat sein Volkswirtschaftsstudium an den Universitäten Kiel und Hamburg abgeschlossen. Seine berufliche Laufbahn begann er bei PRODIGY in White Plains, USA. Danach leitete er die Marketingabteilung der Matuschka Privat Finanz GmbH, München. 1991 wurde diese Gesellschaft von der Commerzbank übernommen. So wechselte er nach Frankfurt zur Commerzbank, wo er zuletzt als Direktor für das gesamte Privatkundenmarketing zuständig war. Von 1997 bis 2003 arbeitete Patrick W. Diemer als General Manager von Visa International in Deutschland.

Mit seiner Frau und drei Kindern wohnt der in Mainz geborene Diemer heute im hessischen Mittelgebirge Taunus.

Das Unternehmen:
AirPlus ist ein führender internationaler Anbieter von Lösungen für das tägliche Management von Geschäftsreisen. Über 41‘900 Firmenkunden setzen bei der Bezahlung und Auswertung ihrer Geschäftsreisen auf AirPlus. Unter der Marke AirPlus International werden die Produkte und Dienstleistungen weltweit vertrieben. Der AirPlus Company Account ist das erfolgreichste Abrechnungskonto innerhalb des UATP. Weitere Informationen auf www.airplus.com.

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