C2NM Dr. Michael Neubert – Kommentar zu den Freihandelsabkommen TTIP, TPP und CETA

C2NM Dr. Michael Neubert – Kommentar zu den Freihandelsabkommen TTIP, TPP und CETA

Dr. Michael Neubert, company2newmarket GmbH. (Foto: C2NM)

Zürich – Die Ablehnung von TPP durch den US Kongress und die Diskussionen im EU Parlament zu TTIP zeigt, dass es auf beiden Seiten des Atlantiks heftige Diskussionen gibt. Mit TTIP könnte der alte Kontinent vielleicht letztmalig internationale Standards setzen, Wohlstand für seine Bürger schaffen und den globalen Trend zum Protektionismus brechen. Die Kritik an TTIP ist aber auch ein Zeichen für den Wunsch der EU-Bürger nach mehr Transparenz und Demokratie.

Was wird eigentlich kritisiert?
Die Kritik an TTIP und TPP sowohl in den USA als auch in der EU überrascht zunächst. Es gibt noch keinen Vertragstext über den gestritten werden könnte. So orientieren sich Gegner und Befürworter vor allem am Vertragstext des „comprehensive economic and trade agreement“ (CETA). Dies ist das bereits verhandelte Freihandelsabkommen (FHA) mit Kanada, welches als Muster für das TTIP verstanden werden kann. Auch Mexiko hat bereits Interesse signalisiert, auf dieser Basis ein FHA abzuschliessen.

Freihandel ist ein Wachstumstreiber
Freihandel im Sinne von freiem Marktzugang und Investitionsschutz ist einer der wichtigsten Treiber für Wachstum und Wohlstand. Voraussetzung hierfür ist seit dem Beginn des internationalen Handels vor mehreren hundert Jahren eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft bzw. der Abschluss und die Umsetzung von FHAs. So erwartet die EU alleine durch das TTIP ein Wirtschaftswachstum von EUR 119 Mrd. pro Jahr bzw. ca. EUR 500 / Haushalt.

FHAs sind gerade für exportstarke Nationen ein Wachstumsprogramm für Generationen. Neben dem Wegfall von Zöllen, Steuern und Gebühren werden die Markteintrittskosten durch die gegenseitige Anerkennung von Standards (Bsp.: Zulassung von Produkten) gesenkt. Dies ist gerade für KMUs entscheidend, die eine kleine Marktnische bedienen. Oftmals rechnet sich erst mit einem FHA der Markteintritt.

Entwickelte Volkswirtschaften profitieren von Freihandel
Kleinere, entwickelte und offene Volkswirtschaften profitieren am meisten vom Freihandel. Dies sind eigentlich alle Länder in Europa. Sie investieren viel in die Entwicklung neuer Technologien und die Förderung junger Unternehmen. Letztere sind auf offene Märkte angewiesen, weil sie sich meistens auf eine globale Marktnische konzentrieren. Der weltweite Trend zum Protektionismus könnte zur Verlagerung dieser Wachstums- und Technologieunternehmen in Volkswirtschaften mit einem grossen Binnenmarkt und mit einem grossen Netz an FHAs führen.

Letzte Möglichkeit, globale Standards zu setzen
Mit der gegenseitigen Anerkennung von Standards bzw. deren Weiterentwicklung in TTIP haben die USA und besonders die EU vielleicht letztmalig die Chance, globale Standards in so wichtigen Bereichen wie zum Beispiel dem Umweltschutz, der Zulassung von Chemikalien und Medikamenten, dem Schutz von geistigem Eigentum oder der Regulierung von Banken zu setzen.

Die USA verhandeln parallel mit anderen Pazifik-Anrainern über ein FHA namens TPP, mit dem Ziel dieses vor dem TTIP abzuschliessen. Auch hier geht es um die Definition von Standards. Aufgrund der unterschiedlichen Kulturen und dem unterschiedlichen Entwicklungsstand der Volkswirtschaften gestalten sich die Verhandlungen jedoch als schwierig. Vielleicht liegt hier eine Chance für die EU.

Mangelnde demokratische Legitimation und Stärke des Vertragspartners
CETA und TTIP werden von der EU verhandelt. CETA ist bereits ausverhandelt, ohne dass nur ein demokratisch gewähltes Organ in Europa über den Vertragstext entschieden hat. Kritik hierzu und auch zu den anderen FHAs gab es nur sehr wenige. Die Menschen in Europa befürchten nun, dass mit TTIP ein weiterer Vertrag ohne eine vorherige demokratische Legitimation und offene Diskussion abgeschlossen wird. Vielleicht sollte sich die EU die USA zum Vorbild nehmen. Hier hat erst kürzlich der Kongress die bestehende Version des TPP abgelehnt.

Ein FHA mit den USA ist eigentlich zu begrüssen. Die USA verfügen als grösster Binnenmarkt der Welt und als hoch entwickelte Volkswirtschaft selbst über hohe Standards, zum Beispiel bei der Zulassung von Medikamenten, der Registrierung von Chemikalien, der Regulierung von Banken oder dem Schutz von geistigem Eigentum. Ausserdem ist keine Abwanderung von Arbeitsplätzen zu befürchten, weil die USA kein Billiglohnland sind. Hinzu kommen weitere Vorteile wie gemeinsame Werte und die bestehende, sehr erfolgreiche Verteidigungsgemeinschaft in der NATO.
Allerdings sind die USA auch ein starker Verhandlungspartner, der seine Interessen durchsetzt und das eigene Recht zunehmend ausserhalb der eigenen Grenzen anwendet. Gerade davor haben viele Bürger Angst. Sie sehen TTIP als Einfallstor des „american way of life“ nach Europa. Diese Ängste müssen ernst genommen werden und in einer breiten öffentlichen Debatte diskutiert werden.

Unberechtigte Kritik am Investitionsschutz
Die EU ist mit EUR 1.6 Billionen der grösste ausländische Investor in den USA. An diesen Investitionen hängen auch in der EU viele Arbeitsplätze und ein massgeblicher Teil des eigenen Wohlstands. Damit sollte eigentlich ein grosses Interesse seitens der EU und auch der Vertragskritiker bestehen, eine wirksame Schutzklausel im Vertrag zu verankern.

Alle modernen FHA haben eine Investitionsschutzklausel. Sie ist sinnvoll, hat sich bewährt und bisher hat sich auch niemand darüber beschwert. Ziel ist der Schutz der eigenen Investitionen und Eigentumsrechte vor staatlicher Willkür im Land des Vertragspartners. Sobald der Investor von der Regierung des Investitionsstandorts unfair behandelt wird, kann er grundsätzlich vor einem unabhängigen Schiedsgericht ein Recht auf Schadensersatz geltend machen.

Die Vertragskritiker werden aller Voraussicht nach ihr Ziel, diese Investitionsschutzklausel aufzuweichen, erreichen. Konzerne schützen sich mit individuellen Vereinbarungen selbst und Politiker bzw. Steuerzahler wollen sicher nicht schadensersatzpflichtig werden, wenn sie ausländische Unternehmen und Investoren unfair behandeln. Damit bleiben wieder einmal KMUs, junge Wachstums- und Technologieunternehmen und private Investoren auf der Strecke.

Was ist zu tun?
TTIP ist nach der Entstehung des europäischen Binnenmarktes vielleicht die grösste Chance der jetzigen Generation, um nachhaltiges Wachstum und Wohlstand zu erreichen. Es ist vielleicht auch die letzte Chance für die EU, die Entwicklung globaler Standards zu beeinflussen. Voraussetzung dafür ist, die Menschen auf diesem Weg mitzunehmen und auch die Interessen der schwächeren Wirtschaftsteilnehmer zu vertreten.

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