EY: Biotech- und Pharmabranche bricht reihenweise Rekorde

EY: Biotech- und Pharmabranche bricht reihenweise Rekorde

Zürich – Die in der biotechnologischen und pharmazeutischen Industrie tätigen Unternehmen sind derzeit auf Rekordjagd. Das zeigen zwei aktuelle Studien/Reports von EY. Die Marktkapitalisierung der Biotechbranche hat 2014 die Grenze von einer Billion US-Dollar durchbrochen und die Nettogewinne verzeichneten einen sprunghaften Anstieg um 231 Prozent auf ein Allzeithoch von 14,9 Milliarden USD. Die Biotech-Firmen in den USA und Europa investierten 2014 einen Fünftel mehr in Forschung und Entwicklung und nahmen bei 94 Börsengängen eine Rekordsumme von 54,3 Milliarden US Dollar auf. Die 20 grössten Unternehmen der Life-Sciences-Branche haben ihre Umsätze um 3,9 Prozent gesteigert und den EBIT um 6,3 Prozent erhöht. Die Experten von EY rechnen mit einem anhaltenden Übernahmefieber und prognostizieren ein weiterhin offenes IPO-Fenster. Preisdruck von den Krankenkassen und das Aufkommen von Biosimilars sind grosse Herausforderungen für die Industrie.

Die globale Biotechbranche hat 2014 ein neues Hoch erreicht und bei Gewinn, Umsatz, Finanzierung und Forschungsausgaben Rekorde gebrochen. Infolge dieser positiven Entwicklung, der neuen erfolgreichen Therapien und der gestiegenen Zahl von Zulassungen erreichte die Marktkapitalisierung der gesamten Branche den Rekord von 1‘063 Milliarden USD, wie dem heute vom Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen EY veröffentlichten Bericht Beyond borders: Reaching new heights zu entnehmen ist.

Zu den wichtigsten Ergebnissen des bereits 29. Biotech Reports von EY zählen:

Beeindruckender Umsatzzuwachs: Die Unternehmen in den von EY untersuchten Biotech-Zentren USA, Europa, Kanada und Australien erzielten Umsätze in Höhe von 123 Milliarden USD, was einem Anstieg um 24 Prozent im Vergleich zu 2013 entspricht.

Hoher Gewinnsprung: Der Nettogewinn stieg gegenüber dem Vorjahr um 231 Prozent und erreichte ein Allzeithoch von 14,9 Milliarden USD. Im Vergleich zum Zeitraum 2009 bis 2012 wurde der Nettogewinn der Branche 2014 von den erfreulichen Verkaufszahlen durch Produktneueinführungen gehoben.

Steigender Aufwand für F&E: Forschung und Entwicklung (F&E) ist ein wesentlicher Indikator für die Robustheit und die künftige Entwicklung der Branche. Die Ausgaben wuchsen 2014 um 20 Prozent, angetrieben hauptsächlich durch kleinere Unternehmen.

Mittelbeschaffung bricht Rekorde: 2014 beschafften sich Biotechunternehmen in den USA und Europa 54,3 Milliarden USD, das entspricht einem stolzen Plus von 72 Prozent im Vergleich zum bereits erfolgreichen 2013. Das Eigenkapital, das Unternehmen mit Umsätzen unter 500 Millionen USD aufnehmen, ist eine wichtige Kennzahl für die Nachhaltigkeit junger Biotech-Unternehmen: Dieses so genannte «Innovationskapital» stieg auf ein Allzeithoch von 27,6 Milliarden USD. Das entspricht einem Plus von 120 Prozent gegenüber dem im Zeitraum 2009 bis 2012 verzeichneten Durchschnitt.

Weit offenes IPO-Fenster: 94 US-amerikanische und europäische Biotech-Unternehmen gingen 2014 an die Börse und brachen damit den Rekord von 79 Börsengängen im Jahr 2000. Die bei diesen IPOs aufgebrachten 6,8 Milliarden USD wurden nur im Jahr 2000 auf dem Höhepunkt der Genomik-Blase übertroffen. Der Erfolg der Börsengänge fiel allerdings sehr unterschiedlich aus: Die 2014 neu an der NASDAQ kotierten europäischen Firmen verzeichneten allesamt am Jahresende einen tieferen Kurs als zum Zeitpunkt des IPO. US-Firmen hingegen erzielten im Schnitt einen Zuwachs, vier Unternehmen konnten ihre Marktkapitalisierung sogar mehr als verdoppeln. Auch zeigen die Auswertungen der IPO-Filings, dass die Kosten für einen IPO an der NASDAQ um mehr als doppelt so hoch sind als an den europäischen Börsen.

Steil steigende Zahl der Arzneimittelzulassungen: Die US-Gesundheitsbehörde (FDA) ist bestrebt, neue und unterschiedlich wirkende Medikamente auf den Markt zu bringen. Sie liess 2014 insgesamt 41 neue Produkte zu. 2013 waren es nur 27.

Massiv intensivierte Akquisitionstätigkeit: Infolge der wiedererwachten Kauflust der grossen Pharmakonzerne verzeichnete das Transaktionsvolumen der Fusionen und Übernahmen (M&A) 2014 in der Biotechbranche ein Zehnjahreshoch. Insgesamt wurden 68 M&A-Geschäfte im Gesamtwert von 49 Milliarden USD gezählt, viele davon auch Transaktionen zwischen Biotechunternehmen.

«Die erfolgreiche Entwicklung der globalen Biotechbranche läutet ein neues Zeitalter der biotechnologischen Innovation ein, das Investoren wie auch Patienten eine langfristige Wertsteigerung verspricht. Anleger bleiben optimistisch und investieren hohe Beträge in kleinere Unternehmen; Patienten profitieren von neuen Produkten, die Heilung und Linderung bringen», ist Jürg Zürcher, Life Science Leader Schweiz bei EY, überzeugt.

Aber selbst Erfolg kann Nachteile haben, denn die beispiellose Zahl von Zulassungen biotechnologisch hergestellter Medikamenten führt auch zu einem grossen Preis- und Konkurrenzdruck: Die Unternehmen müssen permanent nachweisen, welchen Mehrwert ihre Produkte versprechen und wie sie zur allgemeinen Nachhaltigkeit des Gesundheitswesens beitragen. «Die Krankenkassen werden nur noch die Kosten für die wirkungsvollsten Medikamente zurückerstatten. Für die Firmen muss es daher das Ziel sein, die effizienteste Therapie für eine spezifische Indikation oder neue Medikamente für noch nicht behandelbare Krankheiten zu entwickeln. Die Konsolidierung in der Branche und die Bereinigung der Portfolios wird darum weitergehen», erläutert Zürcher die Entwicklung der Branche.

Eine weitere Herausforderung sieht Zürcher in der immer stärkeren Verbreitung von Biosimilars, Kopien von biotechnologisch hergestellten Medikamenten. «Reife Biotech-Unternehmen müssen sich mittelfristig nach neuen Wachstumsquellen umsehen. Durch Fusionen und Übernahmen zu wachsen dürfte allerdings immer teurer und schwieriger werden, da gute Übernahmeobjekte seltener werden», führt Zürcher aus.

Weiter haben die EY-Experten auch die Bilanzen der 20 grössten Firmen der Biotech- und der Pharmabranche untersucht. Zu den wichtigsten Ergebnissen gehören:

Wachstum bei Umsatz und Gewinn: Der kumulierte Umsatz der Top-20-Unternehmen mit Medikamenten und Therapien kletterte um 3,9 Prozent auf 351 Milliarden EUR. Umsatzstärkstes Unternehmen war Pfizer vor Roche und Merck & Co. Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) der gesamten Konzerne stieg um 6,3 Prozent auf knapp 120 Milliarden Euro. 2013 war der EBIT noch zurückgegangen. Den höchsten EBIT wies Johnson & Johnson vor Roche und Pfizer.

F&E-Ausgaben auf Top-Niveau: Die Quote der Forschungsausgaben hat sich leicht von 19 Prozent im Vorjahr auf 18 Prozent zurückentwickelt. Das liegt aber vor allem daran, dass die Ausgaben bereits sehr hoch und anderen Industrien um Längen voraus sind. Die Unternehmen setzen zudem stärker auf die Vergabe externer Forschungsaufträge und erhoffen sich einen stärkeren Innovationsschub.

Pipeline gefüllt mit Qualitätsprodukten: Die Konzerne haben noch zahlreiche neue Wirkstoffe in der Pipeline, die in Zukunft für weiteres Wachstum sorgen dürften. Insgesamt befanden sich im vergangenen Jahr 3592 Wirkstoffe in der Entwicklungs- oder Zulassungsphase (Vorjahr 2768). Allerdings ist die Zahl der Moleküle in den späten Entwicklungsphasen zurückgegangen: Durch neue Methoden wie Biomarker und Diagnostiktools können heute wenig erfolgversprechende Projekte früher gestoppt werden.

«Die grossen Pharma-Konzerne haben 2014 wieder kräftig Fahrt aufgenommen und immer mehr Biotech-Unternehmen mischen vorne mit», sagt Jürg Zürcher. «Die Unternehmen haben 2014 von erfolgreich umgesetzten Kostensenkungen und Restrukturierungen profitiert und ihre Profitabilität verbessert. Sie haben gründlich aufgeräumt, sich von Geschäftsfeldern getrennt, die nicht zu ihren Kernkompetenzen gehören und investieren gezielt in Erfolg versprechende Wirkstoffbereiche. Damit bewegen sie sich weg vom früheren Ansatz einer breiten Konzernstruktur mit einem breit gefächerten Wirkstoffportfolio und fokussieren sich auf ihre Stärken. Dieser Trend wird den Übernahme-Boom weiter befeuern.» (EY/mc/ps)

Erläuterungen zum Biotech Report
Die zentralen Ergebnisse dieses Reports basieren auf einer von EY durchgeführten Analyse von Unternehmen, deren Hauptgeschäftszweck in der Kommerzialisierung der modernen Biotechnologie besteht. Dabei haben wir uns auf Biotech-Unternehmen in den etablierten Biotech-Zentren Nordamerika, Europa und Australien beschränkt. Die moderne Biotechnologie nutzt die Gentechnologie und andere molekularbiologische Verfahren, um innovative Medikamente, Diagnostika, Spezialchemikalien sowie transgene Pflanzen und Tiere zu produzieren. Unsere Primärerhebung basiert auf einer jährlichen Befragung von Unternehmen sowie öffentlich verfügbaren Informationen (Geschäftsberichte, Websites etc.). Sie wird ggf. durch Daten externer Anbieter (BioCentury, Capital IQ, Medtrack, VentureSource und Thomson) sowie regionale Informationsquellen ergänzt. Spezifische Quellen sind jeweils unter den Abbildungen des Reports aufgeführt.
http://www.ey.com/beyondborders

Erläuterungen zur Top-20-Bilanzanalyse
Für die Studie wurden die Pharma- und Biotech-Bereiche der 20 weltweit umsatzstärksten kotierten Unternehmen des Sektors analysiert. Branchenfremde Aktivitäten sind nicht in die Analyse eingeflossen. Quellen sind die Geschäftsberichte und Pressemitteilungen der Unternehmen sowie öffentlich zugängliche Dokumente der U.S. Securities and Exchange Commission. Die Angaben beziehen sich auf die Geschäftsjahre 2012, 2013 und 2014.

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