Griechenland sagt deutlich Nein zu den Sparvorschlägen

Griechenland sagt deutlich Nein zu den Sparvorschlägen
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras.

Zumindest in Griechenland wieder Oberwasser: Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras.

Athen – Griechenland hat in einer Volksabstimmung weitere Sparmassnahmen deutlich abgelehnt und ist damit ihrer Regierung gefolgt. Nach Auszählung von fast 80 % der der Hälfte der Stimmen sagten 61 Prozent Nein zu den Forderungen der Geldgeber. Sie unterstützten damit den Konfrontationskurs von Ministerpräsident Alexis Tspiras. Nur knapp 39 Prozent sprachen sich am Sonntag dafür aus, unter den Konditionen der Geldgeber weiter zu verhandeln, wie das Athener Innenministerium am Sonntag mitteilte.

Nach der klaren Ablehnung der Gläubiger-Vorschläge beim griechischen Referendum gingen am Abend in Athen viele Menschen aus Freude über das Ergebnis auf die Strasse. Viele schwenkten griechische Fahnen und hielten Schilder mit dem Wort «Oxi» (Nein) in die Höhe, wie ein AFP-Reporter berichtete. Die Menge versammelte sich auf dem Syntagma-Platz am Parlament. Dort hatte es schon im Vorfeld der Abstimmung Kundgebungen des Nein-Lagers gegeben.

Für die Regierung des radikal-linken Ministerpräsidenten Tsipras bedeutet das Votum einen Sieg. Von dem Wählervotum erhofft sich Tsipras Rückenwind für eine neue Verhandlungsrunde mit den Geldgebern. Formell hat das Referendum allerdings keine Bedeutung, weil die Stimmberechtigten über ein Kompromissangebot der Gläubiger entschieden haben, das seit dem Auslaufen des zweiten Hilfsprogramms Ende Juni gar nicht mehr auf dem Tisch lag. Jedoch war die politische Bedeutung in dem Land enorm, wo mittlerweile jeder Vierte ohne Arbeit ist.

Rasche Wiederaufnahme der Gespräche?
Noch am Sonntagabend wolle man substanzielle Gespräche mit den internationalen Partnern beginnen, erklärte Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis in Athen. «Das Mandat (des Volkes) ist klar. Ein neuer Versuch beginnt (seitens Athens) für eine für beide Seiten günstige Einigung, als gleiche Partner und nicht als eine Schuldenkolonie», sagte Sakellaridis. Andere Regierungsvertreter erklärten, die Gespräche könnten sofort weitergehen, binnen 48 Stunden eine Einigung erzielt werden.

Regierungschef Tsipras telefonierte noch am Abend mit Hollande, wie griechische Medien berichteten. Die italienische Regierung sprach sich bereits für neue Verhandlungen mit Griechenland aus. «Jetzt ist es richtig, wieder damit anzufangen, eine Vereinbarung zu suchen», erklärte Aussenminister Paolo Gentiloni auf Twitter.

Varoufakis will mit Europa neu verhandeln
Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis will mit den internationalen Geldgebern neu verhandeln. «Ab morgen fangen wir an, unsere Wunden zu heilen», kündigte Varoufakis am Sonntagabend im griechischen Fernsehen an. Europa dürfe nicht mehr ein riesiger eiserner Käfig der Sparpolitik sein. Seine Regierung habe sich fünf Monate lang für gelockerte Sparvorgaben eingesetzt. Doch die Gläubiger hätten am 25. Juni ein Ultimatum gestellt, ihr Sparprogramm zu akzeptieren. «Sie haben unsere Banken geschlossen. Sie wollten uns erniedrigen», sagte Varoufakis.

Schnelle Lösungen sind aber nicht zu erwarten, denn Geldgeber und Athen müssen ganz von vorn anfangen. Der bisherige Rettungsplan war in der vergangenen Woche ausgelaufen, da sich die griechische Seite wegen des Referendums einseitig aus den Gesprächen zurückgezogen hatte.

Merkel reist nach Paris
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande sprachen sich für einen Sondergipfel der Euro-Staaten am Dienstag aus, wie ein Regierungssprecher in Berlin nach einem Telefonat der beiden Politiker mitteilte. «Beide sind sich darin einig, dass das Votum der griechischen Bürger zu respektieren ist», hiess es in der kurzen Erklärung weiter. Hollande will mit Merkel zuvor am Montag in Paris im kleinen Kreis über die Konsequenzen aus dem Referendum beraten.

Die europäischen Partner sind mit einer beispiellosen Lage konfrontiert. Die Banken in dem Krisenland sind seit einer Woche geschlossen, der freie Kapitalverkehr wird kontrolliert, die Wirtschaft leidet unter diesen Einschränkungen. Wann die Kreditinstitute wieder öffnen können, ist unklar. Es wird viel Zeit brauchen, um diesen Einbruch wieder wettzumachen, der auch den lebenswichtigen Tourismus trifft.

Links-Premier Tsipras und Finanzminister Gianis Varoufakis zertrümmerten darüber hinaus in den vergangenen Monaten viel Porzellan in Europas Hauptstadt. Um mit den beiden Spitzenvertretern weiterverhandeln zu können, müsste zunächst eine neue Vertrauensbasis geschaffen werden, meint ein Beteiligter. (awp/mc/ps/pg)

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