Regulierung, Unsicherheit und Frankenstärke hemmen Investitionstätigkeit der KMU

Regulierung, Unsicherheit und Frankenstärke hemmen Investitionstätigkeit der KMU

(Foto: Credit Suisse)

Zürich – Die Ökonomen der Credit Suisse haben heute die Studie «Erfolgsfaktoren für Schweizer KMU – Investieren bei tiefen Zinsen und starkem Franken» veröffentlicht. Sie basiert auf einer Umfrage bei rund 900 Schweizer KMU. Die Ergebnisse zeigen, dass die befragten KMU den Standort Schweiz weiterhin überwiegend als attraktiv beurteilen. In Bezug auf die regulatorischen Rahmenbedingungen und das wirtschaftliche Umfeld – auch im Kontext der aktuellen Frankenstärke – blicken die KMU jedoch pessimistisch in die Zukunft. Aufgrund der Frankenaufwertung Anfang 2015 plant ein Fünftel der KMU eine Reduktion der Investitionen. In den Jahren 2009-2014 investierten sie im Durchschnitt 10% ihres Umsatzes und dabei hauptsächlich in Immobilien. 2015 und 2016 dürfte gemäss den befragten Unternehmen die Effizienzsteigerung als Investitionsgrund an Bedeutung gewinnen. Vom positiven Einfluss des Tiefzinsumfelds auf die Investitionstätigkeit profitieren in erster Linie KMU aus der Baubranche. Weiter zeigt die Umfrage, dass die zunehmende Regulierung, die wirtschaftliche und politische Unsicherheit sowie der Fachkräftemangel für die KMU die grössten Investitionshindernisse darstellen.

Über 99% der Schweizer Unternehmen sind KMU. Zusammen stellen sie knapp zwei Drittel aller Arbeitsplätze hierzulande. Im Rahmen der Studienreihe «Erfolgsfaktoren für Schweizer KMU» analysieren die Ökonomen der Credit Suisse jährlich den Standort Schweiz und die Rahmenbedingungen aus Sicht der KMU. Schwerpunktthema der diesjährigen Studie bildet die Investitionstätigkeit der Schweizer KMU. «Eine anhaltend hohe Investitionstätigkeit ist gerade im jetzigen wirtschaftlichen Umfeld mit dem starken Schweizer Franken absolut entscheidend. Nur so können Schweizer KMU ihre oftmals hervorragende Marktposition behalten und gleichzeitig auch die Effizienz in den Abläufen weiter steigern», sagt Andreas Gerber, Leiter KMU-Geschäft Schweiz der Credit Suisse.

Standort Schweiz für KMU weiterhin attraktiv – Frankenstärke und Regulierung belasten
Die befragten KMU beurteilen auch in diesem Jahr die Rahmenbedingungen hierzulande insgesamt als erfolgsfördernd. Einen besonders positiven Einfluss auf den Geschäftserfolg messen sie dabei den Rahmenbedingungen Infrastruktur und Mitarbeiter/Qualifikation bei. Die Gesamtbewertung des Standorts Schweiz hat sich gemäss den befragten KMU gegenüber dem Vorjahr jedoch leicht verschlechtert. Die Aufwertung des Frankens seit der Aufhebung der EUR/CHF-Wechselkursuntergrenze belastet: So schätzen die KMU den Einfluss des wirtschaftlichen Umfelds und der internationalen Verflechtung der Schweiz auf ihren Erfolg dieses Jahr überwiegend als negativ ein. Die regulatorischen Rahmenbedingungen werden von den KMU einmal mehr als erfolgshemmend beurteilt. Vor allem beim Wirtschaftsumfeld und der Regulierung rechnen viele Unternehmen künftig mit einer weiteren Verschlechterung. Angesichts dieser Einschätzungen sollte die regulatorische Entlastung der Unternehmen von der Politik verstärkt thematisiert werden, um die Erfolgschancen der Schweizer KMU auch in einem raueren Wirtschaftsumfeld sicherzustellen.

KMU investierten in den letzten Jahren 10% ihres Umsatzes – am meisten in Immobilien
90% der befragten KMU haben zwischen 2009 und 2014 Investitionen getätigt, wobei sie im Durchschnitt 10% ihres Umsatzes aufwendeten. Am höchsten lag der Anteil der Investitionen am Umsatz bei den Dienstleistern (16%) und in der Spitzenindustrie (10%), am tiefsten im Handel (5%). Mit einem Anteil von 47% an den gesamten Investitionen stellten Immobilien den wichtigsten Investitionsbereich dar, gefolgt von Ausrüstungen (42%). Die Umfrage zeigt weiter, dass Immobilieninvestitionen in den letzten sechs Jahren in allen Branchen an Bedeutung gewonnen haben. Überdurchschnittlich stark in Immobilien investierten insbesondere Unternehmen aus der Tourismus- und Unterhaltungsbranche sowie aus dem Gesundheits-, Bildungs- und Sozialwesen, während die Spitzenindustrie einen überdurchschnittlichen Anteil für Forschung und Entwicklung aufwendete. Nur gerade 6% aller befragten KMU investierten zwischen 2009 und 2014 im Ausland.

Auslandinvestitionen und Diversifikation mildern Frankenschock etwas
Die Umfrage zeigt, dass die Frankenaufwertung im Januar diesen Jahres gemäss Einschätzung der KMU schwieriger zu verkraften sein dürfte als jene in den Jahren 2010 und 2011. 40% aller befragten KMU erwarten als Folge der diesjährigen Frankenaufwertung Umsatz- und Margeneinbussen, 30% einen Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit. Unter Druck stehen insbesondere KMU aus der Industrie und dem Handel. Obwohl 72% der befragten Unternehmen trotz der Frankenstärke an ihren Investitionsplänen festhalten, beabsichtigen 20% – in der Spitzenindustrie sogar 44% – eine Reduktion ihrer Investitionstätigkeit. Gemäss Umfrage sind die KMU, welche ihre Investitionen aufgrund des erstarkten Frankens reduzieren, stärker exportorientiert als diejenigen, die ihre Investitionen unverändert lassen oder erhöhen. Zudem erwarten jene KMU, die Investitionskürzungen planen, häufiger einen negativen Effekt der Frankenaufwertung auf Umsatz, Marge und Wettbewerbsfähigkeit als die anderen KMU. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen auch, dass Diversifikation in Form von strategischen Beteiligungen oder Kooperationen den negativen Effekt der Frankenaufwertung auf die Investitionstätigkeit der KMU etwas mildert. Zudem sind Margen und Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer KMU, die zwischen 2009 und 2014 Auslandinvestitionen tätigten, weniger häufig von der aktuellen Frankenstärke betroffen als bei jenen, die nur im Inland investierten.

Tiefe Zinsen beflügeln vor allem die Baubranche
Bei der Investitionsfinanzierung setzen die Schweizer KMU gemäss Umfrage vorwiegend auf liquide Mittel und traditionelle Bankkredite. Für junge Unternehmen spielen auch Nichtbankdarlehen eine wichtige Rolle. Das bereits seit mehreren Jahren anhaltende Tiefzinsumfeld beflügelte die Investitionen der KMU insgesamt nur mässig: Knapp ein Drittel der befragten KMU gibt an, dass sich die tiefen Zinsen zwischen 2009 und 2014 positiv auf ihre Investitionsvolumina auswirkten; bei über 60% hatten sie keinen Einfluss. Dies dürfte unter anderem daran liegen, dass Unsicherheiten über die künftige Wirtschaftsentwicklung bei Investitionsentscheiden oft eine grössere Rolle spielen als die Finanzierungsbedingungen. Eine Ausnahme bildet hier das Baugewerbe: Die tiefen Zinsen führten in dieser Branche nicht nur zu niedrigeren Finanzierungskosten für die KMU, sondern auch zu einem Anstieg der Nachfrage nach Immobilien und somit nach Bauleistungen aufgrund von günstigen Hypotheken.

Regulierung, Unsicherheit und Fachkräftemangel als grösste Investitionshindernisse
Für 73% der befragten KMU stellte der Ersatz veralteter Infrastruktur im Zeitraum zwischen 2009 und 2014 einen wichtigen Investitionsgrund dar – kein anderer Investitionsgrund wurde häufiger als wichtig bezeichnet. 65% der KMU nannten die Effizienzsteigerung als wichtigen Investitionsgrund – unter den befragten KMU aus der Industrie war die Effizienzsteigerung sogar der am häufigsten als wichtig bezeichnete Investitionsgrund. Gemäss Umfrage dürften für die Schweizer KMU 2015 und 2016 Massnahmen zur Effizienzsteigerung sowie zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit als Investitionsgründe an Bedeutung gewinnen. Im Einklang mit den Ergebnissen zu den Erfolgsfaktoren stellt die Regulierung ein wichtiges Investitionshindernis für die befragten KMU dar: Rund ein Drittel gibt an, dass Gesetze und Vorschriften in den Jahren 2009-2014 wichtige Investitionsprojekte stark behindert haben. Für über ein Viertel der befragten KMU waren die wirtschaftliche und politische Unsicherheit sowie der Fachkräftemangel grosse Investitionshemmnisse. Insgesamt konnten 58% der KMU wesentliche Investitionsprojekte zwischen 2009 und 2014 nicht wie gewünscht ausführen, weil sie entweder durch ungenügende Nachfrage, wirtschaftliche und politische Unsicherheit, Regulierung, Fachkräftemangel oder – wenn auch deutlich seltener – durch fehlende Finanzierung behindert wurden.

Erfolg dank Mitarbeitern, Innovation und Stabilität
Insgesamt äusserten sich in der Umfrage 23% der KMU zufrieden mit ihrer Investitionstätigkeit sowie den in den Jahren 2009-2014 erzielten Umsätzen und Margen. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass gerade diese KMU stärker in Mitarbeiterausbildung sowie Forschung und Entwicklung investierten als Unternehmen, die entweder mit ihrer Investitionstätigkeit, ihren Umsätzen oder ihren Margen unzufrieden waren. Ausserdem wurde ihre Investitionstätigkeit weniger häufig durch politische und wirtschaftliche Unsicherheiten behindert. Der Erfolg der Schweizer KMU fusst somit auf drei Grundpfeilern: qualifizierte Arbeitskräfte, Innovation und Stabilität. Gemäss Umfrage sind sich die Unternehmen der entscheidenden Bedeutung des Humankapitals durchaus bewusst. Vier Fünftel der befragten KMU investierten in den vergangenen sechs Jahren in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter. Während die Unternehmen die beiden Faktoren Mitarbeiter und Innovation selbst beeinflussen können, ist gemäss Einschätzung der Ökonomen der Credit Suisse beim Thema Stabilität vor allem die Politik gefordert, mehr Planungssicherheit für die Schweizer KMU zu schaffen.

Die Publikation «Erfolgsfaktoren für Schweizer KMU – Investieren bei tiefen Zinsen und starkem Franken» ist im Internet in Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch verfügbar unter: www.credit-suisse.com/research. (Credit Suisse/mc/ps)

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