Urs Kaufmann, CEO Huber+Suhner, im Interview

Urs Kaufmann, CEO Huber+Suhner. (Foto: zvg)

von Robert Jakob

Moneycab.com: Herr Kaufmann, der Konzerngewinn schrumpfte im letzten Halbjahr allein aufgrund von Währungsverlusten um die Hälfte. Wieso gab es keine Absicherungsgeschäfte?

Urs Kaufmann: Der Konzerngewinn schrumpfte vor allem wegen nicht-liquiditätswirksamen Neubewertungen von Fremdwährungspositionen in unserer Bilanz. Die Bilanz haben wir auch in der Vergangenheit währungsmässig nicht abgesichert.

Der Euro geht jetzt Richtung 1,10. Das wäre immerhin fast 10 Prozent mehr als nach dem Nationalbankentscheid und eine deutliche Stabilisierung. Trauen Sie dem Frieden?

Jeder Eurocent hilft selbstverständlich exportorientierten Unternehmen wie Huber +Suhner  mit starken Wurzeln in der Schweiz. Wir müssen uns jedoch bewusst sein, dass wir noch vor wenigen Jahren bei einem Kurs von 1.60 waren. Um die Nachteile zu kompensieren, die aus der extremen Aufwertung des Schweizer Frankens entstanden sind, braucht es enorme Anstrengungen. Wir wollen einerseits unsere Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zur europäischen Konkurrenz möglichst schnell wieder herstellen und andererseits die Abhängigkeit von Wechselkursausschlägen schrittweise weiter reduzieren.

«Um die Nachteile zu kompensieren, die aus der extremen Aufwertung des Schweizer Frankens entstanden sind, braucht es enorme Anstrengungen.»
Urs Kaufmann, CEO Huber+Suhner

Ab wann würde die erhöhte Wochenarbeitszeit bei Huber+Suhner Schweiz wieder reduziert?

Aufgrund unseres ausgewogenen Massnahmenpakets, bei dem alle Mitarbeitenden in der Schweiz einen Beitrag leisten, stiessen die eingeleiteten Schritte auf grosse Akzeptanz. Die Arbeitszeiterhöhung gilt sicherlich bis Ende Februar 2016. Ob wir diese verlängern müssen oder allenfalls aufheben, werden wir zu gegebener Zeit im engen Austausch mit unseren Arbeitnehmervertretungen entscheiden.

Kann man einen linearen Zusammenhang zwischen Eurokurs und Arbeitszeit basteln?

Nein, wir haben bewusst auf einen linearen Zusammenhang zwischen der Währungsentwicklung und unseren Massnahmen verzichtet. Wir haben die Arbeitszeit deshalb nicht aufs mögliche Maximum angehoben, haben jedoch die Massnahmen auf 12 Monate ausgelegt. Dies gibt uns und unseren Mitarbeitenden Planungssicherheit.

Viele Analysten sprechen ja von einer anstehenden katastrophalen Schwäche der Schwellenwährungsländer. In Brasilien ist das schon eingetreten. Der chinesische Renmimbi soll gar um 20 Prozent fallen. Wie rechnen Ihre Planungsetagen?

In den Hauptabsatzmärkten der Schwellenländer (Indien, China, Brasilien) sind wir vor Ort mit eigenen Produktionsstandorten vertreten.  Dieses Natural Hedging hilft, die Auswirkungen allfälliger Währungsschwankungen zu dämpfen.

Andererseits hat der ewig steigende Franken die Schweizer MEM-Unternehmen schlagkräftig gemacht, weil immer effizienter immer bessere Maschinen produziert werden mussten…

Die Schweizer MEM-Industrie kommt durch den starken Franken vor allem enorm unter Druck, was auch der markant rückläufige Auftragseingang der Branche von -17% im ersten Halbjahr 2015 zum Ausdruck bringt. Insgesamt verfügen wir in der Schweiz aber über eine hohe Innovationskraft, gut ausgebildete und sehr engagierte Mitarbeitende sowie Führungskräfte, die sich am langfristigen Erfolg orientieren. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass die Branche ihre Anpassungsfähigkeit erneut unter Beweis stellen und auch diese Kurve nehmen wird.

«Der Geschäftsbereich Fiberoptik wächst aber auch organisch, dank grossen Erfolgen im Rahmen der Rollouts der Vierten Mobilfunkgeneration LTE.» 

Trotz des Gegenwindes von Währung- und Konjunkturfront zeigen sich in Ihren Betriebssektoren sehr starke Elemente. So verhalf die im letzten Oktober akquirierte Firma Cube Optics dem Bereich Glasfaseroptik zu einem Umsatzsprung um ein Viertel. Hier dürfte wohl auch die Zukunft leuchtend sein, oder ?

Cube Optics entwickelt sich in der Tat sehr positiv. Nicht nur die Geschäftsentwicklung ist vielversprechend, sondern auch die potentiellen Synergien. Zudem haben wir mit der Akquisition von Cube Optics in Mainz ein sehr kompetentes Team für unser Unternehmen gewonnen. Der Geschäftsbereich Fiberoptik wächst aber auch organisch, dank grossen Erfolgen im Rahmen der Rollouts der 4. Mobilfunkgeneration LTE. Dazu kommen Erfolge im neuen Zielsegment Rechenzentren. Breitbandige Kommunikation hat Zukunft, und die Fiberoptik-Technologie bietet diesbezüglich ganz grosse Vorteile.

Nach einem verhaltenen Vorjahr entwickelt sich das Marktsegment Luft-, Raumfahrt und Verteidigung wieder ausgesprochen positiv. Liegt das an den weltweiten Krisenherden?

Nein, wir ernten erste Früchte aus der gezielten Verstärkung unserer weltweiten Vertriebsorganisation in den Bereichen Luft-, Raumfahrt und Verteidigung. Huber+Suhner hat in den letzten Monaten neue Kunden gewonnen. Zudem lancieren wir innovative Produkte, die die traditionellen Stärken unserer Hochfrequenz-Technologie ideal mit den Fähigkeiten der Ende 2012 akquirieren Firma Astrolab (USA) verbinden.

Huber + Suhner hat jetzt die Tür zum indischen Markt aufgestossen. Welche Ausbauschritte stehen dort bald an?

Wir sind seit vielen Jahren zum Beispiel im Bahnmarkt in Indien tätig. In den letzten zwei Jahren haben wir nun grosse Projekte insbesondere in der Telekommunikation gewonnen und unsere lokale Produktion auf über 500 Mitarbeitende ausgebaut. Diese Dynamik wollen wir nutzen, um das Geschäft in Indien langfristig noch breiter abzustützen.

«Wir freuen uns vor allem, dass wir aktuell der einzige westliche Kabelhersteller sind, der die extrem hohen Anforderungen in Russland erfüllen kann.»

Auf Ihre Lieferverträge mit den russischen Staatsbahnen waren sie zu Recht ganz stolz. Sind Sie jetzt von den internationalen Boykottmassnahmen betroffen?

Wir freuen uns vor allem, dass wir aktuell der einzige westliche Kabelhersteller sind, der die extrem hohen Anforderungen in Russland erfüllen kann. Der russische Bahnmarkt macht insgesamt nur einen kleinen Teil unseres Umsatzes aus, entwickelt sich jedoch weiterhin positiv. Unsere Produkte unterliegen zudem nicht den aktuellen Boykottmassnahmen.

Wie ist die Lage bei anderen öffentlichen Auftraggebern? Da gibt es sicherlich von Staat zu Staat grosse Unterschiede.

Aufgrund des Zusammenschlusses von CNR und CSR zum weltgrössten Bahnhersteller CRRC in China sind die entsprechenden Ausbauprojekte etwas ins Stocken geraten. Wir rechnen jedoch damit, dass diese wichtigen Projekte im Rahmen des Ausbaus des Hochgeschwindigkeitsnetzes in China weiter gehen. In der Schweiz kommt das Grossprojekt Twindexx zur Ausführung, und auch in verschiedenen anderen Ländern wird in den Ausbau der Bahninfrastruktur investiert. Das Bahngeschäft lebt jedoch von grossen Projekten, weshalb wir uns auch an eine gewisse Volatilität gewöhnt haben.

Wie stark profitieren Sie in den Divisionen Nieder- und Hochfrequenz vom Zusammenbruch des Kupfermarktes?

Der Kupferanteil spielt vor allem in der Niederfrequenz eine Rolle. Wir wollen jedoch nicht mit Kupfer spekulieren und haben deshalb einen „Back-to-Back-Hedging-Ansatz“ installiert. Dies bedeutet, dass wir uns beim Abschluss neuer Aufträge zeitnah mit der entsprechenden Kupfermenge eindecken. Der Bruttogewinn wird deshalb über eine gewisse Zeitperiode hinweg nicht vom Kupferpreis beeinflusst. Der Zerfall des Kupferpreises hat jedoch kurzfristig einen Einfluss auf unsere Erfolgsrechnung, da die entsprechenden Lagerbestände abgewertet werden. Dieser Effekt wird aber beim Verkauf der entsprechenden Bestände wieder kompensiert.

Der Gesprächspartner:
Urs Kaufmann (*1962) ist seit 2002 Vorsitzender der Konzernleitung. Er erwarb einen Dipl. Ing. an der ETH Zürich und absolvierte das Senior Executive Program am IMD Lausanne. 1987 bis 1993 war er als Projekt-, Produktions- und Verkaufsleiter für Zellweger Uster in Uster und den USA tätig. Seit 1994 ist er Mitarbeiter bei HUBER+SUHNER, bis 1997 als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Henry Berchtold AG. 1997 bis 2000 war er Geschäftsbereichsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung der HUBER+SUHNER AG und wurde 2001 Mitglied der Konzernleitung.

Das Unternehmen:
Die HUBER+SUHNER Gruppe mit Sitz in Herisau und Pfäffikon (Schweiz) ist ein international führender Hersteller von Komponenten und Systemen der elektrischen und optischen Verbindungstechnik für die Kommunikation, den Transportbereich und die Industrie. Das Unternehmen ging aus der 1864 gegründeten Suhner & Co. AG Herisau und der 1882 gegründeten  R+E. HUBER AG Pfäffikon durch Fusion im 1969 hervor. HUBER + SUHNER verfügt über Kernkompetenzen auf den Gebieten Hochfrequenz, Fiberoptik sowie Niederfrequenz. Global präsent, entwickelt und produziert HUBER+SUHNER in enger Zusammenarbeit mit ihren Kunden Die Produktpalette reicht von Koaxial-, Fiberoptik- und Kupferkabeln, Kabelsystemen, Verbindern, Antennen bis zu Blitzschutzkomponenten. Das Unternehmen ist mit eigenen Tochtergesellschaften und Vertretungen in über 60 Ländern weltweit präsent. Die Aktien sind an der SIX Swiss Exchange kotiert.

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