Toni Fuchs, CEO Econis, im Interview

Toni Fuchs, CEO Econis, im Interview
Toni Fuchs, ehemaliger Geschäftsführer der Econis AG (bis 31.03.2018). (Foto: Econis)

Toni Fuchs, CEO Econis (Bild: Econis)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Fuchs, Sie sind seit 1998 bei der Econis tätig, mit einem Unterbruch von drei Jahren. Seit August 2015 stehen Sie bei Econis als Geschäftsführer in der Verantwortung. Welche Entwicklungen haben Econis in dieser Zeit am meisten beeinflusst? Und was war bis jetzt Ihre wichtigste Entscheidung als Geschäftsführer?

Toni Fuchs: Seit der Gründung 1997 positioniert sich Econis als schweizerisches Technologie- und Dienstleistungsunternehmen für IT-Infrastruktur und Services.

Ein massgeblicher Erfolg war der erste grössere Outsourcing-Auftrag durch die Schenker Schweiz AG im Jahr 2000. Damit verbunden war die Professionalisierung des Service Desks, die Einführung von Prozessen nach ITIL und der Einsatz eines IT Service Management Tools.

“2011 konnten wir die Betriebsverantwortung der Core-Banken-Plattform und der Umsysteme von fünf Kantonalbanken übernehmen.” Toni Fuchs, CEO Econis

Drei Jahre später folgte mit der Migros Bank der erste Kunde aus dem Finanzbereich. Die Akquisition eines IBM Premier Business Partners verschaffte unserem Unternehmen Zugang in ein grösseres Kundensegment. Ein strategisch konsequenter nächster Schritt war der Aufbau einer mandantenfähigen cloudbasierten Service-Plattform 2008. Dann, im 2011 konnten wir die Betriebsverantwortung der Core-Banken-Plattform und der Umsysteme von fünf Kantonalbanken übernehmen.

Den Grundstein für die heutige Ausrichtung des Unternehmens legte die Errichtung der Econis Cloud Plattform. Wir realisierten sie vor rund 2 Jahren und erweitern sie laufend – letztmals 2015 für SAP HANA-Kunden. Bis heute laufen darauf über 400 virtuelle Server und 350 virtuelle Desktops. Zudem betreiben wir auf der mehrfach  ausgezeichneten Plattform für über 15 Kunden deren SAP-Umgebung.

Wir wollen den komplexen Herausforderungen mit innovativen Services und Lösungen begegnen, die für unsere Kunden wirtschaftlich sind. Aktiv streben wir solide Partnerschaften an mit spezialisierten Firmen, die unser Serviceportfolio ergänzen.

Ihr Vorgänger und Econis Mitgründer Hans Blindenbacher bleibt operativ tätig und ist als Verwaltungsrat zugleich Ihr Vorgesetzter. Wie gehen Sie mit dieser Situation um, von der viele Personalverantwortliche wahrscheinlich abraten würden?

Aus der Sicht von Personalverantwortlichen mag es so aussehen. Allerdings haben wir die Situation gezielt herbeigeführt. Hans Blindenbacher und ich haben das Modell gemeinsam entwickelt. Entscheidend ist ja, dass die Verantwortlichkeiten klar geregelt sind, und dass sie für unsere Mitarbeitenden und Kunden klar nachvollziehbar sind.

Die Zusammenarbeit mit Hans Blindenbacher seit mehr als 15 Jahren hat uns als eingespieltes Team zusammengeschweisst. Wir nützen einander gegenseitig zugunsten unseres Unternehmens und unserer Kunden.

Big Data, Echtzeit-Analyse und Cloud Computing sind auch im KMU-Bereich viel diskutierte Themen. Mit der Adaptive-Flash-Plattform von Nimble, mit Storage oder SAP-Hana aus der Cloud liefert Econis technische Grundlagen dafür. Doch wie sieht die organisatorische Reife auf Kundenseite aus? Bieten Sie ihnen auch Unterstützung dazu und zur Bereinigung ihrer Prozesse?

Sofern sie frühzeitig involviert werden, erreichen wir die organisatorische Reife auf der Kundenseite durch die enge Zusammenarbeit mit dessen Mitarbeitenden. Das stellt die Definition der Schnittstellen sicher. So kann der Kunde seinen Fokus auf die wesentlichen Tätigkeiten nach der Übernahme der Betriebsverantwortung legen.

Im Rahmen unserer Servicemandate bieten wir selbstverständlich die benötigte Unterstützung. Und im Zusammenhang mit der Übernahme der Betriebsverantwortung ist sie Bestandteil der Transitionsphase.

“Zentrale Anforderungen der fünf Kantonalbanken an die IT-Infrastruktur sind die maximale Verfügbarkeit, der kostengünstige Betrieb und die Zukunftssicherheit. Diese Ziele wurden erreicht und das zu tieferen Kosten.”

Die Kantonalbanken Appenzell, Glarus, Nidwalden, Obwalden und Uri lassen ihre IT-Rechenzentrumsinfrastruktur seit 2011 durch Econis betreiben. Welche messbaren Vorteile hat die Auslagerung den Banken gebracht und gibt es schon Nachahmer für dieses Zusammenarbeitsmodell?

Zentrale Anforderungen der fünf Kantonalbanken an die IT-Infrastruktur sind die maximale Verfügbarkeit, der kostengünstige Betrieb und die Zukunftssicherheit. Diese Ziele wurden erreicht und das zu tieferen Kosten. Vorteilhaft beeinflusst wurden zudem die Effizienz und Transparenz. Ob sich Nachahmer für dieses Zusammenarbeitsmodell finden, hängt stark von der Markt- und Konkurrenzsituation ab. Da es aber erwiesenermassen ein bewährtes, lohnendes Modell ist, kann es durchaus auch für andere Unternehmen interessant sein.

Gerade im Finanzsektor ist aus Datenschutzgründen Swissness wieder ein wichtiges Argument. Wo werden Ihre Daten gehalten, welchen speziellen Schutz geniessen die Kundendaten bei Econis.

Die Daten unserer Kunden befinden sich ausschliesslich in der Schweiz, abhängig vom gewählten Service, verteilt auf zwei Data Center. Die Econis Prozesse werden jährlich auditiert, insbesondere ob diese nicht nur auf dem Papier existieren sondern auch umgesetzt werden. Sie gehen über die technischen Massnahmen hinaus, die laufend den sich ändernden Situationen und Bedrohungslagen angepasst werden. Die Audits stellen sicher, dass auch der Faktor Mensch berücksichtigt wird. Als eine der wichtigsten Aufgaben im Zusammenhang mit den Kundenanliegen ist es, sicherzustellen, dass die Daten hochverfügbar sind und gesetzeskonform gespeichert werden.

“Econis setzt voll und ganz auf Swissness und auf die Leistungserbringung aus der Schweiz.”

Ihre Kunden sind typischerweise KMU mit 50 bis 1’000 EDV-Arbeitsplätzen. Diese Unternehmen sind immer weniger in der Lage, mit eigenen Ressourcen eine IT-Abteilung zu unterhalten. Was Ihnen einerseits entgegen kommt, bedeutet andererseits eine erhöhte Konkurrenz durch günstige Anbieter aus dem Ausland. Wie beurteilen Sie Ihre Wachstumschancen im Segment der KMU?

Es ist richtig, dass die Schweizer KMU einem erhöhten Kostendruck standhalten müssen und dass sie nach günstigen Services und Lösungen suchen. Günstig bedeutet jedoch nicht zwingend eine anforderungs- und bedürfnisgerechte Servicequalität. Werden beispielsweise Dienstleistungen wie Callcenter aus dem Ausland erbracht, fehlt meistens der wichtige persönliche Kontakt. Von sprachlichen Barrieren ganz zu schweigen.

Econis setzt voll und ganz auf Swissness und auf die Leistungserbringung aus der Schweiz. Neben dem persönlichen Kontakt ist die Datenhaltung in einem Schweizer Data Center ein weiterer wichtiger Faktor.

Der Finanzsektor befindet sich bekanntlich in einer Phase der Konsolidierung und Restrukturierung. Hingegen weist das Gesundheitswesen ein stetiges Wachstum auf. Es wird aufgrund der Bevölkerungsentwicklung wohl noch länger anhalten. Welche Bedeutung hat dieses Segment für Ihr Unternehmen? Welche speziellen Lösungen können Sie hier bieten?

Das Gesundheitswesen gewinnt für Econis tatsächlich an Bedeutung. Es stellt ein weiteres wichtiges Segment dar, dessen Sprache wir verstehen und in dem wir bereits erfolgreich aktiv sind.

Im Gesundheits-Segment sind wir mit namhaften Software-Anbietern im Gespräch, die ihre eigenen Leistungen mit den Econis Infrastruktur- und Managed Services ergänzen möchten. Das Econis Portfolio im Bereich Service und der dedizierten Projektleistungen passt hervorragend zu den Bedürfnissen der Kunden aus diesem Umfeld.

Der Schweiz mangelt es schon seit langer Zeit an IT-Spezialisten. Vermehrt sind Unternehmen also gefordert, ältere Mitarbeitende und Frauen an das Unternehmen zu binden. Sie sind gehalten, deren Bedürfnisse wie Teilzeitarbeit, Arbeitsbelastung speziell zu berücksichtigen. Wie gehen Sie mit der Schwierigkeit um, die geeigneten Personen zu finden und im Unternehmen zu halten?

Die Situation hat sich für uns in den letzten Monaten etwas entspannt, was einerseits auf das veränderte Marktumfeld und auf die Entwicklung von Econis zurückzuführen ist. Es ist uns gelungen, Schlüsselpositionen mit Persönlichkeiten zu besetzen, die über die notwendigen Fähigkeiten und Sozialkompetenzen verfügen und in unsere Unternehmenskultur passen.

“Nicht selten vollziehen Mitarbeitende bei Econis den Schritt in die Pension. Darauf bin ich stolz.”

Die Ansprüche für die erfolgreiche Rekrutierung von neuen Talenten sind allerdings hoch. Mehr noch als die Anstellungsbedingungen stehen heute die Chancen der Weiterentwicklung in Bezug auf marktrelevante Tätigkeiten im Zentrum. Für den Verbleib im Unternehmen zählt auch das gute Arbeitsklima. Um unseren Kunden die erwartete Servicequalität bieten zu können, sind wir auf qualifizierte Mitarbeitende angewiesen. Da sind das Alter und das Geschlecht eher Nebensache. Wesentlich wichtiger sind für uns das Know-how, die Erfahrung und die Sozialkompetenz. Gerne würden wir mehr Frauen beschäftigen, doch da besteht in unserer Branche noch grosser Nachholbedarf.

Das tolerante Arbeitsumfeld mit einem ausgewogenen Mix an jüngeren und älteren Mitarbeitenden bietet die gefragten Voraussetzungen. Intakte Entfaltungsmöglichkeiten, spannende Outsourcing- Mandate und abwechslungsreiche IT-Projekte sind essenziell, für das Wohlbefinden der Mitarbeitenden im Unternehmen. Das Resultat ist eine tiefe Fluktuationsrate. Sie zeigt sich anhand von vielen Mitarbeitenden, die seit fünf, zehn oder mehr Jahren für Econis tätig sind. Nicht selten vollziehen Mitarbeitende bei Econis den Schritt in die Pension. Darauf bin ich stolz.

Das Internet wird auf der Ertragsseite von wenigen globalen Unternehmen dominiert wie Google, Amazon, Ebay, Facebook, Alibaba usw. Eine ähnliche Tendenz zeigt sich auch beim Thema Cloud. Wie kann ein KMU aus der Schweiz in einem solchen Umfeld gedeihen?

Der Werkplatz Schweiz und die damit verbundene Leistungserbringung aus der Schweiz mit Schweizer Qualität sind noch immer Erfolgsfaktoren. Darüber hinaus ist es aber für KMU – zu denen wir selbst zählen – wichtig die neuen Trends wie IoT, das Internet of Things im Zusammenhang mit Industrie 4.0, zu verfolgen und in künftige Strategien einzubeziehen. Eigene Services und Produkte müssen mit globalen Angeboten kombiniert werden können. Ich bin überzeugt, die Kombination von Global Practice mit Swissness wird uns und die Schweizer KMU erfolgreich in die Zukunft begleiten.

Die Idee, dass das Internet sämtliche Grenzen überwindet, kommt durch nationale Alleingänge zusehend unter Druck. Handels- und sicherheitspolitische Interessen könnten dazu führen, dass das globale Netz in kleinere Netze aufgeteilt wird. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung, welche Einfluss kann sie auf ein kleines Land wie die Schweiz haben?

Die Globalisierung kann nicht abgewendet oder zerschlagen werden. Das gilt auch für das uns heute bekannte Internet. Es ist jedoch denkbar, dass es dereinst verschiedenen Netze geben wird, die besondere Anforderungen abbilden werden. Teilweise ist dies bereits heute der Fall, beispielsweise für  Blaulichtorganisationen oder um militärische Bedürfnisse abzudecken.

“Der Werkplatz Schweiz und die damit verbundene Leistungserbringung aus der Schweiz mit Schweizer Qualität sind noch immer Erfolgsfaktoren.”

Zum Schluss: Stellen Sie sich vor, Sie hätten zwei Wünsche frei. Wie sehen die aus?

Ich möchte, dass wir in der Schweiz wieder mehr an unsere Fähigkeiten glauben und uns nicht zu schnell zu Kompromissen verleiten lassen.

Und ich wünsche mir die erfolgreiche Erhaltung des Werkplatzes Schweiz angesichts der bevorstehenden Veränderungen und der Globalisierung.

Der Gesprächspartner:
Seit August 2015 ist Toni Fuchs CEO von Econis AG.

Zusammen mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern lebt Toni Fuchs in Schongau im Kanton Luzern.

Er ist begeisterter Taucher und widmet sich gerne weiteren sportlichen Aktivitäten wie Mountainbike, Wandern und Skifahren. Geboren wurde er am 18. Mai 1965 in Luzern. Bereits seit 1988 ist Toni Fuchs in der Informatik zu Hause. Es besetzte verschiedene Führungspositionen im technischen Umfeld, bevor es ihn mehr zu den kommerziellen Themen, welche er in der Position  als Verkaufsleiter und BU-Leiter adressieren konnte, hinzog.

Er war von 1998 bis 2006 bei Econis als Business Unit Leiter und als Verkaufsleiter tätig sowie Mitglied der Geschäftsleitung. Um seinen Horizont zu erweitern wechselte er im Mai 2006 in eine weitere Führungsposition im Bereich Portfoliomanagement bei der damaligen Swisscom Solutions.

Im November 2007 übernahm er bei der Firma Expersoft AG die Position als Verkaufsleiter, um Erfahrung im internationalen Umfeld zu sammeln. Anfang 2009 kehrte er als Leiter Professional Service zu Econis zurück, wo er das gesamte Engineering, Operation, die Projektleitung und das Service Level Management führte.

Ergänzend zu der früher abgeschlossenen Ausbildung zum Eidg. Dipl. Informatiker und zu diversen Weiterbildungen in den Bereichen Marketing und Unternehmensführung absolvierte er 2015 an der Universität St. Gallen am Institut für KMU das „CAS in KMU Management“ als praxisnahe Weiterbildung.

Das Unternehmen
Econis ist seit 18 Jahren im Outsourcing- und Lösungsgeschäft tätig. Zu den Kernkompetenzen gehören IT-Dienstleistungen wie die Beratung, Konzeption und Integration von IT-Systemen sowie der Betrieb und Unterhalt von IT-Infrastrukturen. Das Service Portfolio wurde an die Marktbedürfnisse angelehnt, die Prozesskompetenz nach dem De-facto-Standard ITIL V3 ausgerichtet und die Erfahrungen hinsichtlich Compliance-Anforderungen für verschiedene Branchen, insbesondere für Finanzdienstleister und das Gesundheitswesen, vertieft.

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