Swiss stutzt sich selbst massiv die Flügel


Nach tagelangen Spekulationen herrscht nun Klarheit: Die Swiss ist überdimensioniert und muss die Flotte um 20 Flugzeuge reduzieren. 700 Stellen fallen weg. Die Gewerkschaft Swisspilots ist schockiert.

Von Lukas Schweizer


Durchgestylt, aber wenig frequentiert: Ticket-Schalter von Swiss (scc)
Sichtlich enttäuscht und mit zittriger Stimme präsentierte Swiss-CEO André Dosé die Restrukturierungsmassnahmen. Swiss International Air Lines AG (SWISS) legt ein umfangreiches Paket vor, das per 30. März 2003 wirksam wird. Die Fluggesellschaft baut ihre Flotte um 20 Flugzeuge ab. Davon betroffen sind 17 Regionaljets, zwei MD83 sowie ein Airbus A 321. In Basel, Bern und Lugano werden die Frequenzen deutlich reduziert und eine Reihe von Destinationen gestrichen. Damit verbunden ist ein Abbau von 700 Stellen: In Cockpit und Kabine je rund 200, beim Management und Bodenpersonal 300. Swiss International Airlines reagiert damit auf die sich weitere verschlechternde Konjunktur. VR-Präsident Pieter Bouw bezeichnete an der Medienkonferenz 2003 als «schwierigstes Jahr in der Luftfahrt.»


Die Passagierzahlen von Swiss sind im Dezember (minus 5%) und im Januer (minus 10%) gegenüber dem Budget rapide abgesunken.

2003 mit roten Zahlen
«Aufgrund der anhaltend schlechten Wirtschaftslage und der tiefgreifenden Krise im Weltluftverkehr, ist die Swiss nicht in der Lage, am Ziel eines ausgeglichenen Ergebnisses im Jahr 2003 festzuhalten», führte André Dosé aus. In einer ersten Stellungnahme unterstützte das Eidgenössische Finanzdepartement das Massnahmenpaket der Swiss. «Die Massnahmen, auch wenn sie hart sind und tief einschneiden, sind nach Auffassung des Bundes nötig, damit die Swiss nach ihre Chancen in einem schwierigen Umfeld wahren kann», heisst es in einer Pressemitteilung.


Keine Verschiebung aus Basel nach Zürich
In Zürich werden die Kapazitäten bei insgesamt 24 Destinationen angepasst. Reduziert werden unter anderem die Flüge nach London, Prag, Nizza, München und Barcelona. Die Verbindungen nach Salzburg, Sarajevo, Tirana, Toulouse, Jersey, Guernsey, Dresden, Bremen, Turin, Bilbao und Göteborg werden eingestellt. In Basel sind 18 Destinationen betroffen. Eingestellt werden die Flüge nach Stockholm, Helsinki, Kopenhagen, Stuttgart, Bordeaux, Marseille, Palma de Mallorca, Florenz, Toulouse, Bilbao und Sevilla. Das Streichen dieser Flüge sei aber keine Verschiebung von Destinationen aus Basel nach Zürich statt, so Dosé. Die Massnahmen seien aus «rein wirtschaftlichen Überlegungen getroffen» worden.

In Genf sind sechs Destinationen betroffen. Eingestellt werden die Verbindungen nach Alicante, Sevilla und Berlin. Lugano erhält den vielgewünschten Frühflug nach Zürich, hingegen wird der Mittagsflug nach Genf gestrichen. Bern wird künftig nur noch mit einer Tagesrandverbindung an den EuroAirport angeschlossen sein.


Swisspilots will die Justiz einschalten
Schockiert über das Ausmass der Restrukturierungen ist Martin Gutknecht von der Gewerkschaft Swisspilots. «Wir werden den Stellenabbau gerichtlich überprüfen lassen», sagte er gegenüber Swisscontent. Laut international gültigen Regelungen, müsste der Stellenabbau nicht bei den ehemaligen Crossair- sondern bei den Swissairpiloten durchgeführt werden. Diese seien zuletzt in die Swiss eingegliedert worden und müssten darum zuerst gehen. Bei den Syndikaten Aeropers (ehem. Swissair-Piloten) und Kapers (Kabinenpersonal) wurden die Massnahmen relativ gelassen aufgenommen. Sie seien im Rahmen der Erwartungen, hiess es auf Anfrage.


Fragezeichen Sozialplan
Wie André Dosé vor den Medien ausführte, werde über einen Sozialplan mit den Gewerkschaften verhandelt. «Wir haben aber noch keine Lösung gefunden, die für beide Parteien akzeptabel ist», so Dosé wörtlich. Anderst sehen das die Vertreter von Kapers und Swisspilots. «Das was uns die Swiss vorgelegt hat, hat den Namen Sozialplan schlicht nicht verdient», sagt Joel Strebel, Mediensprecher bei Kapers. Noch deutlicher wird Martin Gutknecht von Swisspilots: «Bis jetzt wurden wir in keine Verhandlungen über einen Sozialplan involviert. Uns liegt kein Angebot seitens der Swiss vor», klärte er gegenüber Swisscontent.


Swiss kürzt am falschen Ort
Für Aviatik-Experte Sepp Moser kürzt die Swiss gar am falschen Ort. «Ich bin von André Dosés Behauptung nicht überzeugt, dass dies der letzte Schritt gewesen ist», sagte er im Swissconten-Interview. «Vorallem das Langstreckennetz ist, wie André Dosé heute selber zugegeben hat, grösstenteils defizitär. Darum kann es auf die Dauer nicht in der bestehenden Grösse aufrecherhalten werden.», so Moser weiter. Die Swiss führe eine Symptombekämpfung durch, statt das Problem bei der Wurzel zu packen. Aber vor den Parlamentswahlen wolle Swiss den grossen Schnitt im Langstreckennetz nicht durchführen, die Kürzungen bei der Kurzstreckenflotte seien hingegen politisch vertretbar.

Lukas Schweizer, Martin Stutz, Martin Vetterli

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