Peter Wüst, CEO Valora: «Wir planen in Luxemburg und in Deutschland zusätzliche Standorte»

Von André Schäppi


Moneycab: Herr Wüst, die Valora hat jüngst in Berlin 15 Presseverkaufsstellen übernommen. Wie wichtig ist der Markt Deutschland für Sie?


Peter Wüst: Deutschland ist ein wichtiger Markt für uns. Mit einem Marktanteil von 25% sind wir Marktführer im Bahnhofs- und Flughafenbuchhandel. Aktuell betreiben wir in Deutschland 148 Verkaufsfilialen. 2005 betrugen die Nettoerlöse von Valora Retail Deutschland 204 Mio. CHF (132 Mio. ?) und wir sehen durchaus Potenzial für weiteres Wachstum.


Anschlussfrage: Mit verstärktem Auslandsengagement will Valora die Wachstumsschwäche überwinden. Gibt es weitere Projekte, die in nächster Zeit aktuell werden?


Grundsätzlich planen wir primär organisches Wachstum, d.h. in der Schweiz über die Flächenoptimierung, in Luxemburg und in Deutschland über zusätzliche Standorte.


Im 2007 plant Valora Retail Deutschland seine Aktivitäten zu erweitern und erstmals Verkaufsstellen ausserhalb von Bahnhöfen und Flughäfen zu eröffnen. Hierbei stehen Standorte in Vorkassenzonen in Warenhäusern genauso im Fokus wie attraktive Einkaufszentren und Innenstadtregionen. Des Weiteren eröffnen wir im Sommer 2007 am Frankfurter Flughafen einen 256 Quadratmeter grossen Flagship-Bookstore.


Stichwort Avec: Es scheint, als ob es mit dem Jointventure zwischen Migros und Valora harzt. Migros-Chef Bolliger hat kürzlich moniert, dass man zu langsam sei. Valora müsste grünes Licht für die Umgestaltung aller ihrer Convenience-Shops geben und dementsprechend 15 Mio. Franken locker machen. Wo steckt der Wurm drin, respektive wie weit ist man jetzt?


Wir sind auf gutem Weg und sind uns einig, die Strategie gemäss ursprünglichem Plan nun rascher umzusetzen. Vor kurzem haben wir in St. Gallen den ersten grossen Avec-Shop eröffnet und sind mit der bisherigen Frequentierung zufrieden. Allerdings fehlen uns noch Erfahrungswerte, weshalb wir noch keine detaillierten Aussagen machen können.


Bremst der häufige Management-Wechsel bei Valora die Entscheidungsfreudigkeit?


Nein. Aber es dauert immer eine bestimmte Zeit, bis sich ein neuer Mitarbeiter eingearbeitet hat und das wirkt sich in der Umsetzung teilweise aus, wird jedoch vom bestehenden Mitarbeiteretat gut aufgefangen und innert nützlicher Frist über die zusätzliche fachliche Kompetenz wettgemacht.


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Ziel des Jointventures ist es, bis 2008 die Marktführer im Bereich der Convenience-Läden an Bahnhöfen und Tankstellen zu sein und damit die Coop-Pronto-Shops zu überholen. Wie realistisch ist dieses Ziel aus heutiger Sicht?


Es ist durchaus realistisch, dass wir den früher genannten Umsatz von 150 bis 200 Mio. CHF bereits in diesem Jahr erreichen werden.


Der Bereich Presse und Buch arbeitete im ersten Semester zufriedenstellend (Umsatz +1% auf 283,6 Mio. Fr.). Wachstum in Österreich und Luxemburg vermochte die Einbussen in der Schweiz zu kompensieren. Was läuft in diesen beiden Ländern anders, respektive besser als in der Schweiz?


In Österreich vertreiben wir ausschliesslich Zeitschriften, während es in der Schweiz mehr Tagespresse ist. Auch Luxemburg ist anders. Hier profitieren wir davon, dass die EU ihren Mitarbeiterstab ausbaut, das heisst, dass es hier mehr Ausländer hat. Diese Leute abonnieren keine Presseerzeugnisse, sondern kaufen sie am Kiosk. Das erzeugt eine Nachfrage, die stabilisierend wirkt.


Der Umsatzanteil mit Pressetiteln wird sich bei Valora künftig verkleinern. Heute beträgt er an den Kioskverkaufsstellen 250 Mio. Fr. und macht noch 25% des Umsatzes aus. Welche Entwicklung sehen Sie für die nächsten Jahre?


Wir glauben, dass Printmedien in Zukunft durch das Vordringen des Internets noch stärker unter Druck kommen werden. Das wird sich auch im Platz, den wir der Presse zur Verfügung stellen, niederschlagen. Es ist so: Wir machen aktuell 25% Umsatz mit Printmedien, stellen mehr als 40% der Verkaufsfläche zur Verfügung und 60% der Personalkosten werden dafür benötigt. Das ist ein krasses Missverhältnis. Eine der Antworten auf diese Entwicklung ist, dass nicht mehr überall die gleiche Verkaufsfläche für Pressetitel verfügbar sein kann. Hingegen wird der Ausbau von sogenannten Pressezentren an hochfrequentierten Lagen forciert. Diese werden ein vollständiges Pressesortiment umfassen und können auch für das Testen der Nachfrage nach bestimmten Titeln dienen. Insofern laufen bei uns schon Projekte, die darauf abzielen, den Rückgang an Presseerzeugnissen bei unseren Verkaufsstellen zu reduzieren oder auf Null zu bringen.


In Deutschland kann der Kunde den Ikea-Katalog am Kiosk kaufen und erhält damit einen Coupon, den er beim Ikea-Kauf einlösen kann. Wäre es denkbar, dass Valora mit bestimmten Unternehmen ebenfalls derartige Wege beschreiten würde?


Prinzipiell ja, wenn wir damit unsere Kosten decken und einen Gewinn machen können.


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Aber mit Cash Daily haben Sie doch ein Angebot, bei dem ein Kunde das Printmedium sogar gratis erhält.


Ja und wir haben mit Ringier eine zufriedenstellende Lösung gefunden. Es geht mehr darum, derartige Projekte im Einzelnen zu beurteilen und entsprechend zu handeln.


Die Baustelle bei Valora ist ja nach wie vor Kiosk Schweiz. Wo gibt es denn noch Potenzial, um hier eine Trendwende herbeizuführen?


Wir setzen ganz stark auf die Optimierung unseres Sortimentes und dazu gehört ein geschlossenes Warenwirtschaftssystem. So führen wir derzeit überall an unseren Verkaufsstellen neue Computerkassen ein. Nächstes Jahr soll ab Juni die Verknüpfung in einem Data-Warehouse erfolgen. Dadurch soll es uns möglich werden, den Warenfluss zu verfolgen und anhand der entsprechenden Daten Verbesserungen vornehmen zu können. Dadurch gewinnen wir an Transparenz, werden schneller und können Kundenbedürfnisse besser erkennen, sowie die Ressourcen gezielter einsetzen.


Was bringt denn dieser Schritt?


Auch wenn wir das jetzt noch nicht beziffern können, lassen sich erhebliche Einsparungen erzielen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können beispielsweise gezielter im Verkauf tätig sein, anstatt sich administrativen Aufgaben widmen zu müssen.


2008 ist wieder ein Fussball-Grossanlass angesagt, die Europameisterschaft. Und damit wird sicher das Thema Panini-Bilder erneut ein Thema für Valora werden. Ist der Bildliverkauf ein interessantes Geschäft für Valora und profitieren Sie von der erhöhten Kioskfrequentierung?


Ich würde es so formulieren: Was dieses Jahr passiert ist, war einmalig. Wir glauben nicht daran, dass sich 2008 wieder ein derartiger Hype ereignen wird. Auf der anderen Seite sehen wir in der Analyse aber auch, dass ein derartiges Ereignis nicht nur seine positiven Seiten hat, denn wir haben auch gewisse Substitutionserscheinungen gesehen. Wir hatten also beispielsweise Leute, die lediglich Panini-Bildchen gekauft haben und sonst nichts. Netto haben wir sicher gewonnen, aber das lässt sich nicht beziffern. Aber nichts desto trotz sind wir optimistisch und freuen uns, wenn wir 2008 eine positive Überraschung erleben.





Zur Person
Peter Wüst wurde am 1. April 1953 geboren und ist Schweizer. Er ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Ausbildung: Hochschule für Wirtschaft in St. Gallen.
1983-1993 war Wüst CFO und später Leiter der Geschäftseinheit Moving Consumer Goods bei Diethelm & Co, 1994-1998 CEO Jakob Rohner AG in Balgach, 1999-2003 Executive Vice President, Nuance Gruppe. Seit Juni 2003 ist Peter Wüst CEO der Valora Gruppe.

Das Unternehmen
Valora ist in drei Geschäftsfeldern aktiv, die ausnahmslos im Bereich der Versorgung von Konsumentenmärkten mit hohen Absatzpotenzialen angesiedelt sind. Der Fokus liegt klar auf europäischen Nischenmärkten, die sich im Laufe der Jahre mit dem Lebensstil moderner, mobiler Generationen entwickelt haben.
1. Valora Retail ist der führende Spezialist für den kleinflächigen Einzelhandel an Hochfrequenzlagen.
2. Valora Press&Books agiert als unabhängiger Presse- und Buchgrosshändler in der Schweiz, Österreich und Luxemburg.
3. Valora Trade ist der leistungsfähige Produktions-, Marketing- und Distributionspartner für Markenprodukte (FMCG*) in ausgewählten europäischen Märkten.

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