Ernesto Bertarelli, Präsident Team Alinghi: «Die Anspannung vor dem diesjährigen America’s Cup ist deutlich grösser als 2003»

Von Gérard Al-Fil

Im Moneycab-Interview spricht der Westschweizer Alinghi-Gründer mit italienischen Wurzeln Ernesto Bertarelli über seine Beziehung zur Golfmetropole Dubai. Dort trainiert das Team Alinghi derzeit und absolviert vom 31. Januar bis zum 19. Februar die «UBS Defender Trials». Ausserdem äussert sich der 41-jährige Milliardär und einstige Biotech-Unternehmer über die Last der Titelverteidigung und warum er fest an die Rhônestadt Genf glaubt.


Moneycab: Herr Bertarelli, seit November trainiert das Alinghi-Team auf Dubais Gewässern im Arabischen Golf. Welches ist Ihre persönliche Beziehung zur Golfmetropole?


Ernesto Bertarelli: Meine Beziehung zu Dubai hängt in erster Linie mit dem Segelsport zusammen. Ich bin jetzt vor etwa einem Monat zur Mannschaft hinzugestossen, die bereits Ende November mit dem Training begann. Dubai ist mir aufgrund zahlreicher Geschäftsreisen bekannt, die ich in den letzten Jahren hierher unternommen habe, neben einer Woche Ferien, die ich hier mit meiner Familie einmal verbringen konnte. Ausserdem habe ich in Dubai zahlreiche Zwischenstopps auf dem Weg nach Ostasien eingelegt. Das Wetter ist traumhaft und der Lifestyle am «Gateway zum Golf», wie man Dubai ja nennt, ist wirklich faszinierend und ich schätze es sehr, immer wieder hierher zu kommen.


Wie beurteilen Sie und die Crew die Trainingsbedingungen?


Insgesamt sind wir alle mit den Bedingungen sehr zufrieden. In erster Linie haben wir uns für Dubai aufgrund des guten Wetters entschieden. Nun sind wir, wie wohl viel andere auch, im Dezember von den lang anhaltenden Regenschauern und zum Teil heftigen Stürmen überrascht worden. Ich glaube aber, dass dies kein Dubai-spezifisches Problem war, sondern ein globales. Das Klima spielt fast überall auf der Welt ein wenig verrückt, und jeder von uns sollte sich dieser Problematik bewusst sein. Das Team hat von Weihnachten bis Neujahr eine Pause eingelegt, die Crew-Mitglieder sind in ihre Heimatländer gereist, um Zeit mit der Familie zu verbringen.


Inzwischen bietet Dubai wieder strahend blauen Himmel.

Ja, seit Anfang Januar hat sich das Wetter spürbar verbessert. In der vergangenen Woche hatten wir eine fantastische Segelwoche, konnten endlich mehrere neue Tests auf dem Wasser durchführen und haben dabei sehr gute Ergebnisse erzielt. Jetzt herrschen in Dubai Bedingungen vor, wie wir sie erwartet haben und wie wir sie auch mit hoher Wahrscheinlichkeit ab Juni in Valencia beim America’s Cup 2007 erleben werden. Wenn wir nicht gerade auf dem Wasser sind oder im Kraftraum hart trainieren, profitieren wir von Dubais erstklassigem Lifestyle-Angebot: die Crew lebt in sehr komfortablen Hotel-Apartments, wir schätzen die tollen Restaurants mit ihrer exotischen Küche, wir suchen die luxuriösen Ferienressorts auf und sind von den Golfplätzen alle begeistert, die samt und sonders vom Feinsten sind.


Empfinden Sie vor dem 32. America’s Cup ab dem 23. Juni in Valencia mehr Anspannung als beim letzten Mal, weil Sie jetzt als Titelverteidiger an den Start gehen?


Ja, sicher, einen Titel zu verteidigen ist immer schwieriger als wenn man als neuer Aspirant ins Rennen geht. Die gesamte Konkurrenz schaut uns jetzt genau auf die Finger, wird noch mehr versuchen unseren Stil zu durchschauen und uns einen harten Wettkampf bescheren. Das entmutigt uns aber keinesfalls, sondern spornt im Gegenteil jeden von uns an, das Beste zu geben.


Es gibt da dieses berühmte Bertarelli-Zitat, das da lautet: «Beobachten Sie mein Boot und Sie werden meinen Führungsstil entdecken «. Hat sich Ihr Management-Stil seit dem Sieg im America’s Cup 2003 verändert?


Ja, sicher, jeder Mensch ändert sich und das ist auch das Schöne im Leben. An meiner Begeisterung am Segelsport hat sich aber nichts geändert. Mir macht das Segeln noch immer genauso so viel Spass, wie zu Beginn meiner Karriere. Segeln ist sowohl ein Mannschaftssport als auch eine Disziplin, bei der die richtige Technologie für den Erfolg entscheidend ist. Das sind die beiden Faktoren, die meinen Elan für Alinghi nähren: Ich arbeite gerne in einem eingespielten Team und ich bin sehr Technik-begeistert.


Sie erwähnten eingangs die Dynamik von Dubai. Ihr Wahlheimat Genf, die auch der Serono-Firmenhauptsitz ist, hat dagegen schon einmal bessere Zeiten gesehen. Was kann man tun, um der Rhonestadt wieder neue Dynamik einzuhauchen?


Ich denke, Dubai ist einmalig auf der Welt und da können nur wenige Orte auf der Welt mithalten. Ich verstehe aber nicht so sehr, wieso Sie die guten Zeiten in Genf der Vergangenheit zuordnen. Wir hatten gerade in den letzten zwei Jahren ein enormes Wachstum erlebt, sind eine kosmopolitische, weltoffene und recht wohlhabende Stadt. Ich bin, offen gesagt, ein wenig überrascht über Ihre Aussage.


Nun war Genf ja einmal das Zentrum für Gipfeltreffen der Supermächte und veranstaltete bedeutende Gross-Events, besass in dieser Funktion quasi eine Monopolstellung. Finden Sie nicht, dass Genf diese Rolle heutzutage mehr und mehr mit anderen Orte auf der Welt teilen muss?


Auch in diesem Punkt sehe ich keinen echten Anlass zur Sorge. Während der zahlreichen internationalen Konferenzen und Messen, die weiterhin bei uns stattfinden, bekommen Sie kaum ein freies Zimmer in den Genfer Hotels. Wir schätzen uns glücklich, immer wieder Gastgeber für zahlreiche Wirtschaftsführer und politische Grössen zu sein. Die Weltoffenheit und das Flair von Genf zieht noch immer die internationale Gemeinde an.


Herr Bertarelli, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen und dem Team Alinghi viel Erfolg beim America’s Cup 2007 im Juni in Valencia.




Der Gesprächspartner
Ernesto Bertarelli, Jahrgang 1965, besuchte das Babson College in Boston und später die Harvard Business School, wo er seinen MBA machte.
Er ist verheiratet, Vater von drei Kindern und lebt in Genf.

Seit seiner frühesten Kindheit ist Bertarelli ein Segel-Fan und er hat an vielen Wettkämpfen auf dem Meer und auf dem Genfersee teilgenommen. 1998 gewann er den Sardinia Cup, fünfmal die Bol d’Or (1997, 2000, 2001, 2002 und 2003) und 1999 beendete er das Fastnet Race als Dritter. 1999 baute Bertarelli zudem einen der schnellsten und radikalsten Katamarane der Welt für Binnengewässer. Die 12,5 Meter lange Alinghi IV hat eine Segelfläche von 376 Quadratmetern und ein Gesamtgewicht (inklusive Segel und Mannschaftsgewicht) von nur 1850 Kilogramm. 2001 gewann er als Crewmitglied die 12M-Weltmeisterschaften und den Swedish Match Cup 2002 in Marstrand und 2001 die Farr-40-Weltmeisterschaften als Steuermann. Bertarelli wuchs mit dem Traum auf, am America’s Cup teilzunehmen und diesen zu gewinnen; er erreichte sein Ziel im Jahr 2003.

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