Rückschlag für Merkel und Sarkozy

Rückschlag für Merkel und Sarkozy

Nicolas Sarkozy und Angela Merkel.

Brüssel – Schwerer Rückschlag für Deutschland und Frankreich: Wichtige europäische Partner blockieren die von Berlin und Paris eingeforderte Steuer auf Finanztransaktionen. Noch nicht einmal alle Euroländer sind vorbehaltlos für die neue Abgabe, die von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy auch auf weltweiter Ebene vehement verfochten wird. Das wurde am Dienstag in Brüssel bei Beratungen der EU-Finanzminister deutlich.

Grossbritanniens Ressortchef George Osborne fragte ironisch, ob die Steuer-Debatte wirklich der «beste Zeitvertreib ist». Er fügte hinzu: «Wir müssen über das reden, was Europa weiterbringt und nicht, was Arbeitsplätze vernichtet und ein Geschäft vertreibt.» Den Briten geht es vor allem darum, den wichtigen Finanzplatz London zu schützen. Der steuert einen grossen Teil der Wirtschaftskraft des Landes bei.

Schäuble: Europa muss vorangehen
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble rief dagegen die Kollegen dazu auf, mit gutem Beispiel voranzugehen. «Wir werden noch 20 Jahre diskutieren, wenn wir darauf warten, bis es die letzte Insel irgendwo eingeführt hat», sagte der CDU-Politiker zu Forderungen nach einem weltweiten Start. «Natürlich ist eine globale Lösung die beste. Aber wir werden das nur zustande bringen, wenn man vorangeht. Ich finde, wir in Europa sollten vorangehen.»

Nur 17 Euroländer zu Einführung bereit
Im Verlauf der Debatte wurde klar, dass die neue Abgabe allenfalls in den 17 Euroländern eingeführt werden könnte. Unter ihnen gibt es aber auch Zweifler und Unentschlossene, dazu gehören Luxemburg oder die Niederlande. Italiens skeptischer EU-Botschafter Ferdinando Nelli Feroci sagte: «Das ist sehr heikel, das spaltet uns.» Der Diplomat vertrat Ressortchef Giulio Tremonti, der wegen der Regierungskrise nach Rom zurückkehrte.

Die EU-Kommission hatte im September vorgeschlagen, von Anfang 2014 an die Steuer zu erheben. Sie soll 57 Milliarden Euro pro Jahr einbringen.

US-Teilnahme «reine Fantasie»
Weltweit ist die Abgabe umstritten. US-Präsident Barack Obama signalisierte aber in der vergangenen Woche beim G20-Gipfel in Cannes, dass er einer Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Krise aufgeschlossen gegenübersteht. Das glaubt Osborne allerdings nicht: «Die Idee, dass die USA, Chinesen oder Singapur sich auch nur Gedanken machen, ist ein Hirngespinst, das ist reine Fantasie.»

Ablehnung aus Schweden
Schwedens Ressortchef Anders Borg äusserte sich ebenfalls ablehnend. «Das ist ein sehr ineffizientes Werkzeug. Es erhöht die Kreditkosten für verschuldete Länder.» Er bemängelte: «Das ist doch kein Ausstieg aus der Krise.» Für Steuerbeschlüsse ist in der EU Einstimmigkeit der Staaten nötig, eine Einigung daher in weiter Ferne.

Details zu Finanzspritzen für angeschlagene Banken diskutiert
Die Finanzminister diskutierten auch Details für die Finanzspritzen angeschlagener Banken. 106 Milliarden Euro werden dafür benötigt, die Institute nach einem Schuldenschnitt Griechenlands zu stabilisieren. Tschechiens Finanzminister Miroslav Kalousek sagte daher: «Es widerspricht sich doch, den Banken jetzt Geld zu geben und sie gleichzeitig höher zu besteuern.»

EU-Kommission und IWF wollen Fachleute nach Rom schicken
Das Ministertreffen war belastet von der schweren Schuldenkrise, die nun auf Italien übergeschwappt ist. Die EU-Kommission kündigte an, die schon länger geplante Überprüfungsmission von Experten nach Rom zur Kontrolle von Büchern und geplanten Reformen solle am Mittwoch ihre Arbeit aufnehmen. Auch der Internationale Währungsfonds wird Fachleute in die italienische Hauptstadt schicken.

Mehr Energie und Tempo gefordert
Grossbritannien forderte von der Eurozone mehr Energie und Tempo im Kampf gegen die Schuldenkrise. «Die Eurozone muss zeigen, dass sie hinter ihrer Währung steht», sagte Osborne. «Wir können nicht einfach auf die Entwicklungen in Athen und Rom warten. Wir müssen auch in Brüssel vorankommen.» London hat den Euro bisher nicht eingeführt.

Es sei nötig, die Beschlüsse vom EU-Gipfel Ende Oktober umzusetzen, so Osborne: «Es ist schön und gut zu sagen, wir haben einen Schutzwall. Wir müssen der Welt überzeugend zeigen, dass dieser Schutzwall existiert.» Der beste Wachstumsschub für die britische Wirtschaft sei ein Ende der Euro-Krise.

Die EU-Staaten hatten im Oktober beschlossen, die Schlagkraft des Krisenfonds für klamme Eurostaaten (EFSF) auf rund eine Billion Euro zu erhöhen. Details stehen noch nicht endgültig fest. (awp/mc/pg)

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