Ungarn auf Konfrontationskurs mit IWF

Ungarn auf Konfrontationskurs mit IWF

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban.

Budapest – Ungarn geht auf Konfrontationskurs mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU-Kommission. Trotz vorangegangener Warnungen hat das ungarische Parlament am Freitag umstrittene Gesetze zur Einschränkung der Unabhängigkeit der Ungarischen Nationalbank (MNB) angenommen. Nach Ansicht von IWF und EU zielen diese auf eine kalte Entmachtung von Nationalbank-Gouverneur Andras Simor ab, der viele wirtschaftspolitische Vorstellungen des rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban nicht teilt.

Mit den Stimmen von Orbans Regierungspartei FIDESZ (Bund Junger Demokraten) billigte die Volksvertretung einen neuen Verfassungszusatz, der es ermöglicht, die ungarische Notenbank jederzeit mit der Finanzmarktaufsicht (PSZAF) zu fusionieren. Die dadurch entstehende neue Einrichtung kann daraufhin unter die Leitung eines von Orban ernannten Präsidenten gestellt werden. Die Nationalbank kritisierte den Beschluss in einer Erklärung am Freitag: «Die neuen rechtlichen Bestimmungen schaffen in ihrer Gesamtheit die Möglichkeit, die Entscheidungen der Notenbank gemäss regierungs- und parteipolitischer Interessen zu beeinflussen.» Dies gefährde auch die Stabilität der ungarischen Volkswirtschaft. Beobachter gehen davon aus, dass Orban die Kontrolle über die bislang unabhängige Zinspolitik der Nationalbank erringen möchte.

Sensibler Zeitpunkt
Die Gesetzesakte kommen zu einem für Ungarn äusserst sensiblen Zeitpunkt. Denn das Land hat derzeit grosse Schwierigkeiten bei der Finanzierung seiner Staatsschuld. Wegen seiner unberechenbaren Wirtschaftspolitik haben die Rating-Agenturen Moody’s und Standard & Poor’s das Land in den vergangenen Wochen auf Ramsch-Niveau heruntergestuft. Mehr denn je wäre Ungarn auf einen neuen IWF-Kredit angewiesen. Nach den Parlamentsentscheiden vom Freitag ist aber fraglich, ob die Verhandlungen mit der Finanzinstitution tatsächlich wie geplant im Januar werden beginnen können.

«Abkommen mit IWF zwar wichtig, aber nicht lebenswichtig»
In einem Rundfunk-Interview am Freitag erklärte der ungarische Regierungschef: «Niemand auf der Welt kann den von den Ungarn gewählten Abgeordneten vorschreiben, welche Gesetze sie annehmen sollen und welche nicht.» Ein Kreditabkommen mit dem IWF wäre zwar «wichtig, aber nicht lebenswichtig», meinte Orban. Unmittelbar nach den Abstimmungen im Parlament sank der Kurs des Forint. Für einen Euro waren auf den Märkten nunmehr 315 statt wie zuvor 310 Forint zu bezahlen. (awp/mc/ps)

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