Rückschlag für Siemens im Übernahmepoker um Alstom

Rückschlag für Siemens im Übernahmepoker um Alstom

Jeff Immelt, Chairman und CEO General Electric (GE). (Bild: GE)

Paris – Im Übernahmepoker um den französischen Industriekonzern Alstom ist eine Vorentscheidung gegen den deutschen Konkurrenten Siemens gefallen. Der Verwaltungsrat von Alstom empfahl den Aktionären am Mittwoch ein bindendes Angebot des Konkurrenten General Electric (GE). Das US-Unternehmen will für die Energietechnik-Sparte von Alstom 12,35 Milliarden Euro zahlen. Siemens hatte bislang nur ein Angebot angekündigt. Die Bahntechnik-Sparte mit dem Bau der weltbekannten TGV-Hochgeschwindigkeitszüge wäre vom Geschäft mit GE nicht betroffen.

Nach Angaben von Alstom erkannte der Verwaltungsrat bei einer Sondersitzung «die strategischen und industriellen Vorzüge» des GE-Angebotes einstimmig an. Vorstandschef Patrick Kron erklärte, die Energie-Geschäfte beider Unternehmen würden sich in hohem Masse ergänzen und erlaubten, eine «wettbewerbsfähigere Einheit» zu schaffen. Die Alstom-Aktie gewann am zeitweise zweistellig.

Noch keine endgültige Entscheidung – Kritik an Alstom-Chef
Der französische Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg betonte, es gebe noch keine endgültige Entscheidung über eine Übernahme. Er hatte in den vergangenen Tagen mit Empörung darauf reagiert, dass Alstom wochenlang ohne sein Wissen nur mit General Electric verhandelt hatte. Siemens kritisierte nach Informationen aus Verhandlungskreisen in Paris die «mangelnde Kooperationsbereitschaft» von Alstom-Chef Kron.

Die Regierung in Paris fürchtet eine Verlagerung von Arbeitsplätzen und Entscheidungszentren, sollte GE den Zugriff auf Alstom bekommen. Paris hat stattdessen angedeutet, einen Geschäftsfeldertausch zwischen Siemens und Alstom zu bevorzugen. Die französische Regierung erhofft sich, dass zwei europäische Weltmarktführer entstehen könnten – einer im Bereich Bahntechnik, der andere im Bereich Energie.

Alstom hält Übernahme durch Siemens für kompliziert
Die Alstom-Führung hält nach Informationen der Zeitung «Le Figaro» jedoch eine Übernahme durch Siemens für zu kompliziert – vor allem, weil es zu viele Überschneidungen in der Produktpalette gebe. Die Alstom-Energiesparte erwirtschaftete zuletzt rund 70 Prozent des Konzernumsatzes. In ihr arbeiten weltweit rund 65’000 Menschen, 9000 davon in Frankreich.

Das Angebot von GE soll nun noch bis Ende Mai von unabhängigen Mitgliedern des Alstom-Verwaltungsrates geprüft werden. Zu dem am Dienstag von Siemens bekundeten Interesse äusserte sich das Unternehmen in der Mitteilung lediglich mit drei Sätzen am Rande. Wenn Siemens auch ein konkretes Angebot vorlegen wolle, werde es in fairer Weise einen Zugang zu den notwendigen Informationen bekommen, teilte Alstom mit. Dieses werde dann ebenfalls geprüft. Siemens wollte sich am Mittwoch zunächst nicht zum GE-Übernahmeangebot äussern.

Siemens schlägt Tauschgeschäft vor, Transport gegen Energie
Nach Angaben aus Verhandlungskreisen in Paris hat Siemens Alstom am Dienstag angeboten, seine komplette Transportsparte inklusive des ICE- und Metro-Baus an Alstom abzugeben, wenn es im Gegenzug die Energietechniksparte kaufen könnte. Die Münchner bewerteten letztere mit 10,5 bis 11 Milliarden Euro. An dem neuen, auf Bahntechnik spezialisierten Unternehmen Alstom würde Siemens laut «Figaro» einen Anteil von 19 Prozent beanspruchen. Lediglich die Signaltechnik würde es unter dem eigenen Dach behalten wollen.

Bahntechnik-Sparte soll bei GE-Deal zu eigenständigem Unternehmen werden
Im Fall einer Übernahme der Energietechnik-Sparte durch General Electric will Alstom die deutlich kleinere Bahntechnik-Sparte als eigenständiges Unternehmen fortführen. Der Transportsektor sei ein dynamischer Wachstumsmarkt, so Sparten-Chef Henri Poupart-Lafarge . Die Börse reagierte äussert positiv auf das GE-Angebot. Der Kurs der Alstom-Papiere legte bis zum Nachmittag um mehr als neun Prozent zu. GE erwartet nach eigenen Angaben, dass das Geschäft 2015 abgeschlossen werden könnte. Das GE-Angebot sei gut für Alstom, gut für GE und gut für Frankreich, kommentierte GE-Chef Jeff Immelt.

Sein Unternehmen sagte zu, neue Arbeitsplätze in Frankreich schaffen zu wollen. Frankreich werde Standort für die Entscheidungs- und Kompetenzzentren im mehreren Bereichen des Energiegeschäfts sein, hiess es.

Als ein Beispiel für die sich ergänzenden Geschäfte mit GE nannte Alstom am Mittwoch die erneuerbaren Energien. Im Bereich der Windkraft sei Alstom stark im Bau von Anlagen auf See, GE hingegen im Bau von Anlagen an Land. Im Bereich der Wasserkraft sei Alstom ein wichtiger Player auf dem Weltmarkt, während GE dort gar nicht vertreten sei. (awp/mc/pg)

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