CH-Schluss: Tiefrot – EZB und US-Industriedaten

CH-Schluss: Tiefrot – EZB und US-Industriedaten

Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat am Donnerstag einen rabenschwarzen Tag eingezogen. Erst starteten die Aktien mit tiefroten Vorgaben aus Übersee und Fernost deutlich tiefer in den Handel. Nach einer vorübergehenden Erholung bis zur EZB-Ratssitzung kannten die Börsen danach aber nur noch eine Richtung: Abwärts. Der Ritt nach unten wurde von EZB-Präsident Mario Draghi initiiert.

Dieser enttäuschte die Märkte insofern, als dass er nichts Konkretes über den geplanten Kaufumfang der Stützungsinstrumente wie Kreditverbriefungen (ABS) und Pfandbriefen sagte. Der nächste Belastungsfaktor waren überraschend schwache Daten zur US-Industrie; die Bestellungen lagen um 10% unter dem Wert des Vormonats. Danach ergab eines das andere: Die US-Aktien reagierten auf diese schwachen Zahlen und Europas Börsen zogen weiter nach.

Der Swiss Market Index (SMI) ging am Berichtstag mit einem Minus von 1,53% auf 8’654,71 Punkten aus dem Handel. Der gekappte Swiss Leader Index (SLI) büsste 1,69% auf 1’277,29 und der breite Swiss Performance Index (SPI) 1,50% auf 8’520,59 Zähler ein. Von den 30 wichtigsten Aktien schlossen 29 im Minus und nur einer im Plus.

Der positive Ausreisser vorneweg: Die Aktien des Chemiekonzerns Clariant verteuerten sich um 0,5%, kamen jedoch von ihren Tageshochs zurück. Befeuert wurden die Avancen von einmal mehr aufflammenden Übernahmespekulationen; als angeblicher Interessent wurde BASF genannt. Die Deutschen stecken derzeit aber in einer grossen Restrukturierung, merkten Händler an. Eine Übernahme von Clariant sei daher wenig wahrscheinlich.

Ganz am anderen Ende der SLI-Rangliste fanden sich Transocean mit minus 6,2% wieder. Im Handel wurde auf ein Gerichtsurteil gegen BP im Zusammenhang mit drohenden Rechtskosten zur Ölkatastrophe im Golf von Mexiko aus dem Jahr 2010 verwiesen. Die auch in den USA gehandelten Transocean-Aktien hatten bereits am Mittwochabend Terrain eingebüsst und sanken dort am Donnerstag zum Handelsstart weiter.

Da es am Berichtstag kaum Neuigkeiten von Unternehmensseite gab, rückten Analystenstudien stärker in den Vordergrund. So auch bei den Papieren des Warenprüfkonzerns SGS, die sich um 4,3% verbilligten. Sie wurden von einer Ratingsenkung durch das Research der Credit Suisse auf «Underperform» von bisher «Neutral» belastet. Auch andere zyklische Titel standen unter Druck, so etwa Lonza (-3,0%), Adecco (-2,6%), Aryzta (-2,1%) und ABB (-2,1%).

Auf der Verliererseite standen auch die Banken: Credit Suisse (-2,8%), Julius Bär (-2,6%) und UBS (-2,1%) gaben allesamt mit dem Auftakt der EZB-Pressekonferenz weiter nach. Etwas besser hielten sich die Versicherungswerte, allen voran Zurich Insurance mit einem Abschlag um lediglich 0,3%. Die Ratingagentur S&P hatte am Vorabend den Ausblick auf «positiv» von «stabil» angehoben.

Swiss Life gaben um 1,1% nach; trotz einer Hochstufung des Aktienratings durch Morgan Stanley auf «Equalweight» von bisher «Underweight». Die US-Bank strich insbesondere die robuste Kapitalisierung des Lebensversicherers heraus.

Die Titel des Luxusgüterherstellers Richemont (-0,4%) büssten klar unterdurchschnittlich an Terrain ein. Unterstützung kam von den Analysten der US-Bank JPMorgan, die dem Titel ein klares Aufholpotenzial zubilligten und die Anlageempfehlung entsprechend auf «Overweight» von «Neutral» erhöhten. Die Aktien der Branchennachbarin Swatch verloren derweil 0,7%.

Die defensiven Schwergewichte wurden ihrem Ruf als Absicherung nicht gerecht: Roche sanken um 2,0%, Novartis und Nestlé um je 1,1%. Die drei Titel bestreiten zusammen mehr als die Hälfte der SMI-Kapitalisierung und drückten entsprechend dem Index ihren Stempel auf.

Im breiten Markt gaben Sulzer (-4,8%) klar nach. Baader Helvea hat das Kursziel für die Titel gesenkt. Nach der Verschiebung des Investorentags durch das Industrieunternehmen sieht der Analyst vorerst keine positiven Kurstreiber mehr für den Titel und bekräftigt das Rating «Hold», das er nach der gescheiterten Fusion mit Dresser Rand gesetzt hatte.

Für Temenos (-2,5%) bekräftigten die Analysten von Goldman Sachs ihr Neutral-Rating, passten aber ihre Gewinnschätzungen und das Kursziel leicht nach oben an.

Grössere Verluste gingen im breiten Markt auf Pharmaaktien wie Cosmo (-8,3%), Addex (-5,9%) oder Cytos (-5,6%); zur kleinen Gruppe der Gewinner gehörten Mikron (+5,1%), die Jurassische Kantonalbank (+4,3%) und Lifewatch (+3,5%). (awp/mc/upd/ps)

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