Bilanz-Debakel belastet Tesco-Gewinn

Bilanz-Debakel belastet Tesco-Gewinn

Auch VR-Präsident Richard Broadbent geht bei Tesco von Bord. (Foto: Tesco)

London – Grossbritanniens grösste Supermarktkette Tesco steht enorm unter Druck. Unregelmässigkeiten in der Bilanz brockten dem Konzern im ersten Halbjahr einen kräftigen Gewinnrückgang ein. Um 41 Prozent auf 937 Millionen Pfund brach der Handelsgewinn in den ersten sechs Geschäftsmonaten (Ende August) ein. Und das Bilanz-Debakel hat auch personelle Konsequenzen. Nachdem bereits acht Führungskräfte, darunter der Grossbritannienchef der Kette, beurlaubt wurden, kündigte nun Verwaltungsratschef Richard Broadbent seinen Rückzug an.

Er werde den Weg zu einer geordneten Amtsübergabe ebnen, sagte er bei der Vorlage der Halbjahreszahlen. Die Aktie gab am Vormittag zuletzt um 5 Prozent nach.

Gewinnaussichten zu hoch angesetzt
Tesco hatte vor kurzem Besuch von Rechnungsprüfern der Gesellschaft Deloitte erhalten, die im Auftrag der britischen Finanzaufsicht FCA (Financial Conduct Authority) die Bilanzen überprüfen sollten. Wie Tesco nun mitteilte, wurden die Gewinnaussichten um 263 Millionen britische Pfund zu hoch angesetzt. Die Untersuchung sei inzwischen abgeschlossen, die Zukunft der suspendierten Mitarbeiter hänge davon ab, zu welchem Ergebnis die Aufsichtsbehörde komme. Es stehe aber fest, dass niemand persönlich von den geschönten Zahlen profitiert habe.

Ratingagenturen überprüfen Bonitätsratings
Ratingagenturen wie Standard & Poor’s oder Moody’s hatten bereits angekündigt, ihre Bonitätsratings für Tesco zu überprüfen. Laut Tesco wird der Skandal um die aufgeblähten Bilanzen auch noch das zweite Halbjahr überschatten und die Ergebnisse beeinflussen. Eine Prognose für das Gesamtjahr wollte sich der Konzern angesichts «der Unsicherheiten» nicht zutrauen.

Discounter und Edelhändler nehmen Tesco in die Zange
Tesco steht auch ohne den Skandal vor einem Berg von Schwierigkeiten. Die Kette wird auf ihrem Heimatmarkt seit geraumer Zeit gleich von zwei Seiten in die Zange genommen: einmal von Discountern, die niedrigere Preise bieten und von Edelhändlern, die ein grösseres Einkaufserlebnis versprechen. Seine Gewinnprognosen hatte der Konzern bereits im August kassiert und zugleich eine Kürzung der Dividende angekündigt.

Neue Führungs-Crew
Weil dem alten Management unter Philip Clarke, keine wirkungsvolle Antwort auf Aldi & Co einfiel, hat Tesco zudem seit Anfang dieses Monats einen neuen Vorstandschef. Der frühere Unilever-Manager Dave Lewis führt nun die Geschäfte. Ebenfalls neu an Bord ist Finanzchef Alan Stewart. Drei Prioritäten hat Lewis bereits ausgemacht: Tesco müsse seine Wettbewerbsfähigkeit wiedererlangen und seine Ertragskraft steigern, sagte er. Ausserdem gelte es, das verloren gegangene Vertrauen zurück zu gewinnen. (awp/mc/pg)

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