Martin Strobel, CEO Baloise Group

Martin Strobel, CEO Baloise Group

Martin Strobel, CEO Baloise Group. (Foto: Baloise)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Strobel, als Renner in Ihrem sehr guten 9-Monatszahlen haben sich fondsgebundene Leben-Produkte entpuppt. Deren Umsatz nahm um ein Drittel auf 1,5 Milliarden Franken zu. Macht Baloise immer mehr auf Bank?

Martin Strobel: Die fondsgebundenen Lebensversicherungen sind Teil unserer modernen Lebenprodukte. Wir haben in den letzten Jahren viel in Innovationen in diesem Bereich investiert, um uns noch besser auf die Kundenbedürfnisse auszurichten. Diese Innovationen finden Anklang, das Geschäft wächst stark.

Springen vielleicht gerade jetzt Versicherungen in eine Vertrauenslücke, die grosse Banken durch die nicht mehr enden wollende Skandalserie hinterlassen haben?

Unsere Kunden haben Vorsorge- und Vermögensfragen, die wir gut mit unseren Versicherungs- und Banklösungen beantworten können. Dabei sind wir als Versicherung sicher gut positioniert. Wir gelten vielen vielleicht als langweilig, aber genau das macht uns heute interessant.

Ihre Gruppe hat unter der Marke Baloise Bank SoBa ja damals die Solothurner Kantonalbank übernommen. Merken Sie vielleicht einen sich verstärkenden Trend weg von der Betreuung durch Grossbanken hin zu mittelgrossen Playern wie Regional- und Kantonalbanken?

Vertrauen zählt. Hier können wir als verlässlicher Partner mit einem über viele Jahre bewährten Geschäftsmodell sicher punkten.

Der Bank flossen Neugelder in Höhe von 179 Millionen Franken zu. Das ist robust, aber bei einer Bilanzsumme von 7,1 Milliarden auch nicht rekordverdächtig….

Als wir die Baloise Bank SoBa im Jahr 2000 gekauft haben, hatte sie eine Bilanzsumme von knapp 5 Milliarden Franken. Durch die Verknüpfung mit dem Versicherungsgeschäft konnten wir das Wachstum stark beschleunigen, so dass sie heute mit einer Bilanzsumme von über 7 Milliarden Franken stark an Statur gewonnen hat. Dieser erfreuliche Wachstumstrend hält an, wie auch das Halbjahresergebnis der Baloise Bank SoBa mit einem Wachstum der Bilanzsumme um 3.9 Prozent zeigt.

Die UBS hat letzthin die Depotgebühren kräftig erhöht und dies mit gesteigerten regulatorischen Anforderungen begründet. Macht Ihrer SoBa das administrative Umfeld auch zu schaffen?

Das heutige Umfeld ist sicher eine Herausforderung, seien es die zunehmenden regulatorischen Anforderungen oder sei es das Tiefzinsumfeld. Wir haben aber gelernt, mit diesen Herausforderungen gut umzugehen. So ist die Baloise Bank SoBa im Halbjahr 2014 gut gewachsen und konnte den Semestergewinn sogar leicht steigern. Das Thema «weitere Optimierungsmassnahmen» bleibt aber im heutigen Umfeld sicher auf unserer Agenda stehen.

«Eine Anpassung der Zielbandbreite steht aber zur Zeit nicht an.»
Martin Strobel, CEO Baloise Group

Dem Langfristzielband Schaden-Kostensatz von 93 bis 96 Prozent im Versicherungsgeschäft erreichen Sie bequem. Steht eine Anpassung ins Haus, eine sportlich tiefere Bandbreite?

Wir sind sehr stolz darauf, dass wir über eines der profitabelsten Versicherungsportfolios Europas verfügen. Unsere Strategie der Operativen Exzellenz greift. Mit unserer Combined Ratio von 93.2 Prozent zum Halbjahr 2014 konnten wir unsere anspruchsvollen Ziele gut erreichen und auch für das Gesamtjahr 2014 sieht es gut aus. Eine Anpassung der Zielbandbreite steht aber zur Zeit nicht an.

Dass Baloise in Belgien fast so viel Prämienvolumen wie im ungleich grösseren Absatzmarkt Deutschland generiert, ist doch eigentlich sehr verwunderlich, oder?

Schiere Grösse an sich ist für uns kein Ziel. Für uns zählt die Positionierung und damit die nachhaltig erfolgreiche Wettbewerbsposition. In Belgien sind wir diesbezüglich – nicht zuletzt auch dank zweier Akquisitionen – bestens aufgestellt. In Deutschland richten wir unser Geschäft schrittweise auf unsere Zielsegmente aus. Diese Strategie beginnt Früchte zu tragen: das Wachstum in den Zielsegmenten ist gut und der EBIT steigt.

Im Überobligatorium gelingt es der Baloise, mehr als die gesetzliche Mindestverzinsung zu zahlen. Macht Ihnen die Kombination aus rekordtiefen Anleihezinsen und hohen Aktienkursen langsam Kopfschmerz?

Das heutige Umfeld – insbesondere die sehr tiefen Zinsen – ist sicher sehr anspruchsvoll. Wir haben aber gelernt, mit diesem Umfeld gut umzugehen. So haben wir zum Beispiel vor einigen Jahren Absicherungsinstrumente in unserem Einzellebengeschäft für tiefe Zinsen etabliert, die jetzt ihre schützende Wirkung sehr gut entfalten. Bei Aktien haben wir auf einen Dividendenstil umgestellt, so dass die wiederkehrenden Erträge gegenüber einem Index-orientierten Portfolio höher sind. Mit diesen und weiteren Massnahmen können wir die Garantien sicher bedienen.

Die Konzernsolvabilität wurde noch einmal von 316 auf 338 Prozent, gesteigert, und das in nur einem Quartal. Die Anforderungen von Solvency II dürften für die Baloise wohl eher ein Klacks werden, oder?

Bezüglich der Anforderungen des Schweizer Solvenz Tests (SST) können wir sagen, dass wir diese gut erfüllen. Wir sind hier im «grünen» Bereich.

«Bei der Kalibrierung des genauen Anspruchs ist uns aber wichtig, dass wir in der Schweiz nicht über das Ziel hinausschiessen.»

Ausser bei der italienischen Fondiaria-Sai gab es in den europäischen Industriestaaten in den letzten Jahren keine grösseren Solvenzprobleme für Versicherer. Sind die europäischen Sicherheitsvorschriften für Versicherer nicht übertrieben?

Wir Versicherer bauen auf ein Geschäftsmodell, das sich über viele Jahrzehnte hinweg ohne nennenswerte Ausfälle bewährt hat. Auch die verschiedenen Finanz- und Wirtschaftskrisen hat der Sektor gut überstanden. Die modernen Solvenzsysteme bedeuten eine weitere Stärkung, was im heutigen Tiefzinsumfeld von der Richtung her sicher angebracht ist. Bei der Kalibrierung des genauen Anspruchs ist uns aber wichtig, dass wir in der Schweiz nicht über das Ziel hinausschiessen. Die Äquivalenz – und damit die gleich langen Spiesse – zum europäischen Standard ist entscheidend, um unsere Wettbewerbsfähigkeit im Ausland zu erhalten.

Die frei gewordenen Mittel aus dem Verkauf Ihres Nationale-Aktienpakets sowie des Österreich-Geschäfts sollen nicht für Akquisitionen genutzt werden. Nationale Suisse ging sehr teuer an die Helvetia. Gibt es denn in Ihrem Heimmarkt Schweiz nicht einmal mehr ein einziges günstig bewertetes Nischengeschäft?

Leider nein. Wir konnten von günstigen Akquisitions-Gelegenheiten in Luxemburg und Belgien profitieren und haben insgesamt in diesen Ländern vier Akquisitionen tätigen können. Zur Zeit ist die «Pipeline» in unseren Ländern aber leer.

Die Aktionäre werden mit einer attraktiven Zusatz-Ausschüttung beglückt werden. Wann wird diese in etwa verkündet werden?

Baloise ist ein attraktiver Dividendentitel, und das soll auch in Zukunft so sein. Welche Instrumente wir hierzu genau einsetzen, ist zur Zeit offen; wir prüfen – wie immer – alle Optionen. Im kommenden März werden wir darüber informieren.

Gesprächspartner:
Martin Strobel, geboren 1966 und Deutsch/Schweizer Doppelbürger ist seit 2003 Mitglied und seit 2009 Präsident des Verwaltungsrates der Baloise Bank SoBa. Er studierte Informatik, Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik an den Universitäten von Kaiserslautern, Windsor (Kanada) und Bamberg mit Promotion zum Dr. rer. pol. Von 1993 bis 1999 hatte er bei der Boston Consulting Group, Düsseldorf, verschiedene Funktionen für Fragen des strategischen IT-Managements im Banken- und Versicherungssektor inne. Seit Anfang 1999 ist er bei der Baloise. Er war Leiter Informatik der Basler Schweiz und innerhalb des Konzerns verantwortlich für geschäftsübergreifende Grossprojekte im Versicherungs- und Finanzbereich. Von 2003 bis 2008 war er als Mitglied der Konzernleitung verantwortlich für den Konzernbereich Schweiz. Am 1. Januar 2009 hat Dr. Martin Strobel die Funktion als Vorsitzender der Konzernleitung (Chief Executive Officer) der Baloise Group übernommen.

Das Unternehmen:
Die Baloise Group mit Sitz in Basel, Schweiz ist ein europäischer Anbieter von Versicherungs- und Vorsorgelösungen. Sie positioniert sich als Versicherer mit intelligenter Prävention, der “Sicherheitswelt”. In der Schweiz agiert sie als fokussierter Finanzdienstleister, eine Kombination von Versicherung und Bank. Die weiteren Märkte sind Deutschland, Belgien, Luxemburg, und Liechtenstein. Das Vertriebsnetz umfasst die eigene Verkaufsorganisation, Makler und weitere Partner. Das Geschäft mit innovativen Vorsorgeprodukten für Privatkunden in ganz Europa betreibt die Baloise mit ihrem Kompetenzzentrum in Luxemburg. Die Aktie der Bâloise Holding AG ist im Hauptsegment an der SIX Swiss Exchange kotiert. Die Baloise Group beschäftigt rund 8000 Mitarbeitende.

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