«Durchbruch der Fahrgemeinschaften ist eine Frage der Zeit»

«Durchbruch der Fahrgemeinschaften ist eine Frage der Zeit»

Franz Mühlethaler, Entwickler von RideShare. (Foto: Klimastiftung Schweiz)

Zürich – Wenn Angestellte grösserer Firmen gemeinsam mit dem Auto anreisen, spart dies Benzin und Parkplätze zusätzlich werden Verkehrstaus verkleinert. Die Klimastiftung Schweiz unterstützt RideShare – ein System, das Fahrgemeinschaften in Firmen ermöglicht. Obwohl die Mitarbeiter, die Firma und die Allgemeinheit profitieren würden, haben es Fahrgemeinschaften schwer, sich durchzusetzen. Franz Mühlethaler, Entwickler von RideShare und Spezialist für Fahrgemeinschaften, glaubt, dass für einen durchschlagenden Erfolg die Mithilfe der Politik nötig ist. Denn das Potenzial von Fahrgemeinschaften müsse genutzt werden, damit die Mobilität ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten kann.

Klimastiftung Schweiz: Jeden Tag verstopfen tausende Autos, in denen je nur eine Person sitzt, die Schweizer Strassen. Mit Fahrgemeinschaften könnten Staus, Umweltverschmutzung und Kosten gespart werden. Warum sind Fahrgemeinschaften trotzdem eine Randerscheinung bei uns?

Franz Mühlethaler, Entwickler von RideShare: Unsere Umfragen zeigen, dass Fahrgemeinschaften in der Bevölkerung auf ein sehr positives Echo stossen. Ihre Vorteile sind anerkannt. Wenn es aber darum geht, dass der Einzelne mitmacht, dann bestehen noch hohe Hürden. Ein Knackpunt sind zum Beispiel die flexiblen Arbeitszeiten. Was Staus betrifft, ist das Problem, dass ich für mich nichts gewinne, wenn ich mich heute entscheide, an einer Fahrgemeinschaft teilzunehmen. Das Auto der Fahrgemeinschaft wird genauso im Stau stecken. Es braucht eine signifikante Beteiligung, damit sich die Stausituation verbessert.

Was fehlt einem System wie RideShare zum Durchbruch?

Das Wichtigste, was RideShare zum Durchbruch fehlt, ist ein günstiges Umfeld für Fahrgemeinschaften im Bereich der Pendlerfahrten.  Ideal wäre, wenn die Politik Anreize schafft- nicht nur für einzelne Pendler, sondern vor allem auch für Firmen, welche sich beteiligen. So könnten Fahrgemeinschaften zum Alltag werden, was die Staus auf den Strassen verkleinert. Möglich ist, dass der Durchbruch in andern Bereichen als bei Pendlerfahrten zuerst gelingt. RideShare wurde schon erfolgreich im Bereich von Grossveranstaltungen eingesetzt.

Welchen Einfluss haben Smartphones und aufkommende Share Economy auf Fahrgemeinschaften?

Generell hat die zunehmende Bereitschaft, sich über moderne Kommunikationsmedien auszutauschen und seine Besitztümer zu teilen, einen positiven Einfluss auf Fahrgemeinschaften. Allerdings muss hier vor übertriebener Euphorie gewarnt werden. Es ist in nächster Zeit nicht realistisch, dass Menschen mit Smartphones am Strassenrand stehen und darauf warten, dass die Autofahrer ebenfalls mit Smartphones ihren Fahrtwunsch aufnehmen und sie mitfahren lassen. Wo Smartphones aber einen nützlichen Beitrag leisten können, ist bei der Abwicklung der bestehenden Fahrgemeinschaften: zum Beispiel automatische Alarmierungen bevor der Fahrer am Abholort eintrifft und bei Verspätungen sowie die kurzfristige Organisation von Ersatz, wenn eine Fahrgemeinschaft ausfällt.

Die Klimastiftung Schweiz hat Ihre Firma Cabtus beim Aufbau von RideShare finanziell unterstützt. Wie geht es mit der Plattform nun weiter?

Klar ist, dass längerfristig das enorme Potenzial von Fahrgemeinschaften genutzt werden muss, damit die Mobilität ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. So lange die Rahmenbedingungen noch schlecht sind, setzt Cabtus mit RideShare auf Kooperationen, um die vorhandenen Kräfte zu bündeln und so früher oder später den Durchbruch zu schaffen. So wurde kürzlich eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Vermittlungsplattform e-covoiturage.ch im Bereich der Fahrgemeinschaften für Grossveranstaltungen etabliert, unter anderem für die Flugschau Air14. Auch mit weiteren Anbietern sind wir in engem Kontakt. Mit unserer langjährigen Erfahrung und einer – nicht zuletzt dank der Klimastiftung Schweiz – weit fortgeschrittenen Technologie können wir vorhandene Initiativen effizient unterstützen.

Für welche Firmen würde sich das System lohnen?

RideShare lohnt sich umso mehr, je mehr Mitarbeiter an einem Firmenstandort arbeiten, je weniger gut ausgebaut die ÖV-Erschliessung ist, je einheitlicher die Arbeitszeiten dieser Mitarbeiter sind und je mehr Mitarbeiter für die Fahrt zur Arbeit auf ihr eigenes Auto verzichten können. RideShare ist in der Lage, ohne grossen Aufwand für jede Firma konkret abzuklären, ob sich eine Investition in Fahrgemeinschaften lohnen kann.

Ist es im ÖV-Land Schweiz überhaupt realistisch, dass sich eine solche Idee durchsetzt?

Trotz sehr gut ausgebautem ÖV werden in der Schweiz die meisten Pendlerfahrten mit dem Auto gemacht. Da der ÖV heute zu Spitzenzeiten an seine Kapazitätsgrenzen stösst, ist ein massives Umsteigen auf Zug, Bus und Tram nicht mehr möglich. Einzige realistische Alternative sind Fahrgemeinschaften, denn durch sie verringert sich die Anzahl Fahrzeugkilometer für die gleiche Zahl an Personenkilometern deutlich. Zweifellos haben Länder mit weniger ÖV-Kapazitäten bessere Voraussetzungen für Fahrgemeinschaften. Aber langfristig wird es sich auch die Schweiz nicht leisten können, das hier vorhandene riesige Potenzial ungenutzt zu lassen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich diese Einsicht in den Köpfen der Menschen festsetzt.
Weitere Informationen: www.rideshare.ch und www.klimastiftung.ch

Über die Klimastiftung Schweiz
Klima schützen. KMU stärken. Nach diesem Motto unterstützt die Klimastiftung Schweiz Projekte kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), die einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Stiftung hat seit ihrer Gründung 2008 rund 900 KMU in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein mit 12.75 Millionen Franken unterstützt.
Die Klimastiftung Schweiz wurde als gemeinnützige, unabhängige Stiftung gegründet. Sie ist unter Bundesaufsicht und steht interessierten Firmen offen, die durch einen effizienten und gezielten Einsatz der Rückverteilung aus der CO2-Lenkungsabgabe den Klimaschutz verstärken wollen.
Seit Januar 2008 verlangt das CO2-Gesetz eine Abgabe auf Brennstoffen. Ein Teil der Abgaben fliesst zurück an die Wirtschaft. Vor allem grosse Dienstleistungsunternehmen erhalten mehr zurück, als sie bezahlt haben. Diese «Netto-Rückvergütung» setzen die Partnerfirmen der Klimastiftung Schweiz für Klimaschutzmassnahmen von Schweizer und Liechtensteiner KMU ein.

Die Partner der Klimastiftung Schweiz
Die Schweizer und Liechtensteiner Dienstleister Allianz Suisse, Alternative Bank Schweiz, AXA Winterthur, Bank J. Safra Sarasin, Bank Vontobel, Gebäudeversicherung Bern, Gebäudeversicherung Kanton Zürich, Glarner Kantonalbank, LGT, Liechtensteinische Landesbank, Man Investments, PartnerRe, Pictet & Cie, PwC, Raiffeisen Schweiz, Sanitas Krankenversicherung, SAP (Schweiz) AG, SCOR Services Switzerland AG, Swisscanto Asset Management AG, Swiss Life, Swiss Re, Vaudoise Assurances, VP Bank und XL Group sind Partner der Klimastiftung Schweiz.
Weitere Informationen: www.klimastiftung.ch

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert