Schweiz und Italien einigen sich grundsätzlich im Steuerstreit

Schweiz und Italien einigen sich grundsätzlich im Steuerstreit

Lösung für italienische Steuersünder gefunden. (Foto: Pixabay)

Bern – Die Schweiz und Italien haben sich im Steuerstreit grundsätzlich geeinigt. Italienische Steuerpflichtige mit einem Konto in der Schweiz können ohne höhere Bussen am italienischen Selbstanzeigeprogramm teilnehmen. Und der Kanton Tessin soll Grenzgänger höher besteuern dürfen.

Staatssekretär Jacques de Watteville hat sich am Freitag vor den Medien zufrieden gezeigt mit dem Ergebnis der Verhandlungen. Dieses zeuge vom Willen beider Länder, eine neue Basis für die Zusammenarbeit zu finden. Die Dokumente wurden am 19. Dezember paraphiert und sollen bis Ende Februar unterzeichnet werden. Sie umfassen eine Roadmap mit Eckwerten und eine Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens.

Dass nach jahrelangem Streit eine Einigung erzielt werden konnte, hängt mit dem nahenden automatischen Informationsaustausch zusammen. Auf Schweizer Bankkonten liegen viele unversteuerte italienische Gelder. Da den Kunden mit dem automatischen Informationsaustausch hohe Bussen und Gefängnis drohen, könnten sie die Gelder in Steuerparadiese verschieben. Daran hätten weder Italien noch die Schweiz ein Interesse, stellte de Watteville fest.

Keine höheren Bussen
Vor kurzem hatte das italienische Parlament ein Selbstanzeigeprogramm beschlossen. Weil die Schweiz in Italien auf schwarzen Listen figuriert, drohten für Gelder auf Schweizer Konten aber höhere Bussen.

Dieses Problem ist nun gelöst: Zwar verbleibt die Schweiz vorerst auf den schwarzen Listen, doch können italienische Steuerpflichtige mit einem Konto in der Schweiz zu gleichen Bedingungen am italienischen Selbstanzeigeprogramm teilnehmen wie solche mit Konten in Ländern, die nicht auf einer schwarzen Liste vorkommen.

Gruppenanfragen möglich
Mit einem Änderungsprotokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen ermöglicht die Schweiz Italien, Gruppenersuchen zu stellen, um Steuersünder zu identifizieren. Dabei gelte der OECD-Standard, es dürfe sich nicht um Fishing Expeditions handeln, hält das Finanzdepartement (EFD) fest. Ferner haben sich die Schweiz und Italien darauf geeinigt, dass Banken und deren Mitarbeitende für Steuerdelikte ihrer Kunden «grundsätzlich nicht verantwortlich» sind. Dies soll das Risiko von Klagen reduzieren. Auszuschliessen seien solche jedoch nicht, die Justiz sei unabhängig, sagte de Watteville.

Ein Teil der schwarzen Liste bleibt
Bis das geänderte Doppelbesteuerungsabkommen in Kraft tritt, dürfte es mit dem Ratifizierungsprozess ein bis zwei Jahre dauern. Mit dem Inkrafttreten soll die Schweiz dann von einem Teil der schwarzen Listen gestrichen werden – von jenen, die einzig auf dem fehlenden Informationsaustausch beruhen.

Andere schwarze Listen haben mit den besonderen Steuerregimes für Holdings zu tun. An diesen wird sich vorerst nichts ändern, obwohl die Schweiz mit der EU vereinbart hat, die kritisierten Steuerregimes abzuschaffen und im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III mit international akzeptierten zu ersetzen. Solange die Regimes nicht abgeschafft sind, will Italien an diesen schwarzen Listen festhalten.

Neues Grenzgängerabkommen
Ebenfalls wenig Fortschritte gibt es beim Marktzutritt für Banken. Beide Seiten bestätigen den Willen, nach Möglichkeiten der Verbesserung zu suchen. In Kürze sollen technische Gespräche aufgenommen werden. De Watteville machte aber klar, dass ohne Lösung zur Frage der Personenfreizügigkeit mit der EU kein Abkommen zum Marktzutritt zu erwarten ist.

Noch vor den Sommerferien soll hingegen ein neues Grenzgängerabkommen unterzeichnet werden. Heute ist es für italienische Grenzgänger wegen der geringeren Steuerbelastung äusserst attraktiv, in der Schweiz zu arbeiten. Der Kanton Tessin fordert deshalb sei Jahren ein neues Abkommen. Nach dem Abkommen von 1974 werden Grenzgänger nur in der Schweiz besteuert, wobei Italien 38,8% der Quellensteuern zusteht.

Keine «falschen» Grenzgänger mehr
Künftig sollen Grenzgänger in beiden Ländern besteuert werden. Die Schweiz soll statt der heutigen 61,2 bis zu 70% des Totals der Quellensteuer erheben dürfen. Italien soll den bereits in der Schweiz bezahlten Betrag von seiner Steuer abziehen. Dieselbe Regelung gilt umgekehrt für Schweizer Grenzgänger in Italien. Ausserdem haben die Schweiz und Italien vereinbart, präzise festzulegen, wer als Grenzgänger gilt. Wer weiter als 20 Kilometer von der Grenze entfernt wohnt oder selbständig ist, wird zu 100% am Arbeitsort besteuert.

Für die Grenzgänger soll die gesamte Steuerlast mit der neuen Regelung zunächst nicht steigen. Längerfristig sei jedoch mit einer höheren Besteuerung in Italien zu rechnen, sagte de Watteville. Für den Kanton Tessin führt die neue Regelung laut dem Staatssekretär zu erheblich mehr Einnahmen, sofern sich die Zahl der Grenzgänger nicht stark verändert. Die Tessiner Regierung hatte allerdings eine Quellensteuer von 80% gefordert. (awp/mc/pg)

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