Brasiliens Korruptions-Drama spitzt sich zu

Soll unter Anklage gestellt werden: Baulöwe Marcelo Bahia Odebrecht.

Rio de Janeiro – Im milliardenschweren Korruptionsskandal um den brasilianischen Ölriesen Petrobras greift die Justiz durch – und nimmt die führenden Industriellen des Landes ins Visier. Auf Drängen der Bundespolizei sollen der Chef des grössten Baukonzerns Odebrecht, Marcelo Bahia Odebrecht, und sieben weitere Spitzenmanager angeklagt werden. Odebrecht war am 19. Juni festgenommen worden. Die Affäre um gegen Geld zugeschusterte Aufträge – etwa für den Bau von Raffinerien und Bohrinseln – und bestochene Politiker wird immer mehr auch zu einer Zerreissprobe für die Regierung von Präsidentin Dilma Rousseff.

Wie die Zeitung «O Globo» berichtet, sind unter anderem auf von Odebrecht benutzten Mobilfunkgeräten gefundene Nachrichten belastend. Es geht vor allem um den Verdacht auf Geldwäsche und Korruption im Zusammenhang mit Petrobras-Geschäften. Der Baukonzern Odebrecht hat 181 000 Mitarbeiter und ist in 23 Ländern tätig. Seit Monaten wird im Rahmen der Operation Lava Jato ein Korruptionsnetz offengelegt, auch viele Politiker des fünftgrössten Landes der Welt sollen bestochen worden sein, um Einfluss auf bestimmte Auftragsvergaben zu nehmen.

Bei dem Skandal soll es um ein Volumen von mindestens 3,7 Milliarden US-Dollar (3,4 Mrd. Euro) gehen – über einen Zeitraum von rund zehn Jahren soll es die Praktiken gegeben haben. Der halbstaatliche Konzern will durch den Verkauf von Geschäftsanteilen 13,7 Milliarden US-Dollar (12,6 Mrd. Euro) erlösen, um die tiefe Krise zu meistern.

Hohe Haftstrafen verhängt
Ein Bundesgericht in Curitiba verurteilte am Donnerstag bereits mehrere Topmanager des Baukonzerns Camargo Corrêa zu Haftstrafen von bis zu 15 Jahren. Dabei ging es um den Vorwurf der Korruption im Zusammenhang mit dem Bau mehreren Raffinerien. Petrobras ist das grösste Unternehmen Brasiliens mit einem Jahresumsatz von rund 140 Milliarden US-Dollar (129 Mrd. Euro). Der frühere Petrobras-Direktor Paulo Roberto Costa wurde dabei zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

Nach früheren Aussagen sollen bei überhöhten Vertragsabschlüssen des Konzerns mit anderen Firmen zwei Prozent der Vertragssumme an die Arbeiterpartei von Präsidentin Dilma Rousseff geflossen sein. Zuletzt hatte der Präsident des Abgeordnetenhauses, Eduardo Cunha, den Bruch mit Rousseff erklärt – nachdem Anschuldigungen gegen ihn erhoben worden waren, vom Baukonzern Camargo Corrêa fünf Millionen Dollar für die Beschaffung von Petrobras-Aufträgen gefordert zu haben.

Rousseff keineswegs aus dem Schneider
Cunha gehört der Partei PMDB an, dem wichtigsten Koalitionspartner Rousseffs. Von den weiteren Aussagen hängt nun ab, ob auch Rousseff selbst noch stärker unter Druck gerät. Der Analyst Josias de Souza bilanzierte, das Urteil in Curitiba sei ein «historischer Markstein» – bisher seien solche Unternehmensgrössen nicht derartig belangt worden.

In diesem sehr angespannten Umfeld sollen am 19. und 20. August die ersten deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen in Brasilia stattfinden – mit Kanzlerin Angela Merkel und mehrere Ministern. (awp/mc/ps)

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